BVB - Erkenntnisse nach dem Duselsieg gegen 1. FC Köln: Dortmund muss ins Risiko gehen und den Kader verstärken

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Das schmeichelhafte 1:0 gegen den 1 FC Köln zum Auftakt der Bundesligasaison hat einige Schwachstellen im BVB-Kader aufgedeckt. Auch wenn es wohltuend war, dass Trainer Edin Terzic die Leistung nicht schönredete: Die Probleme wirkten eklatant. Drei Erkenntnisse zum Spiel.

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BVB muss nachlegen auf Transfermarkt

Sportchef Sebastian Kehl hat in den vergangenen Tagen engagiert die eher zurückhaltenden Transferaktivitäten des BVB in diesem Sommer mit Verweis auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten verteidigt. Nun kennt Kehl die finanzielle Situation des BVB natürlich deutlich besser als ein interessierter Beobachter, der sich schon fragt, wieso ein Klub, der regelmäßig in der Champions League spielt und ebenso regelmäßig ein Transferplus erwirtschaftet, lediglich 60 bis 65 Prozent der Transfereinnahmen durch den Wechsel von Jude Bellingham zu Real Madrid in die Mannschaft reinvestieren können soll. Aber unabhängig davon: 60 bis 65 Prozent von 103 Millionen Euro Ablöse sind immerhin rund 62 bis 67 Millionen Euro, die dem BVB in diesem Sommer zur Verfügung stehen sollten.

Auch wenn die Höhe der bezahlten Ablösen für Felix Nmecha (30 Millionen Euro an VfL Wolfsburg) und Marcel Sabitzer (19 Millionen Euro an den FC Bayern München) vermuten lassen, dass auch die abgebenden Klubs davon ausgehen, dass der BVB es hat - ein wenig Spielraum wäre selbst nach Kehls Rechnung noch da (außer man zieht die Summe ab, die Bellinghams Jugendklub Birmingham für den Weiterverkauf erhalten hat).

So oder so: Der BVB sollte den finanziellen Spielraum mindestens ausreizen und ins Risiko gehen.

Verstärkungen könnte der BVB in einigen Mannschaftsteilen brauchen:

  • Rechts in der Viererkette hat Julian Ryerson auch gegen Köln gezeigt, dass er ein solider Kaderspieler ist, aber keinesfalls ein Top-Rechtsverteidiger für einen Klub, der auch in der Champions League Ambitionen hat.
  • In der Offensive ruhen derzeit so gut wie alle Hoffnungen auf Donyell Malen und, sobald er wieder richtig fit ist, auf Karim Adeyemi. Sébastien Haller kann an guten Tagen ein absoluter Top-Mittelstürmer sein, aber es gibt eben auch viele Spiele, in denen er bemerkenswert wenig am Spiel teilnimmt - oder gar ignoriert zu werden scheint von seinen Mitspielern. Zumal Haller dem BVB im Winter fehlen könnte, sollte er am Afrika Cup teilnehmen. Youssoufa Moukoko hat sich am Samstag nach seiner Einwechslung auch nicht gerade als Ballforderer hervorgetan. Ein schneller Mittelstürmer würde dem Kader guttun. Hugo Ekitiké von Paris Saint-Germain hätte das richtige Profil, doch der Wechsel soll mittlerweile vom Tisch sein - auch, weil der womöglich Randal Kolo Muanis Nachfolger bei Eintracht Frankfurt werden könnte, sollte dieser zu PSG gehen.
  • Der BVB ist mit nur drei Innenverteidigern in die Saison gegangen. Das kann reichen, zumal die drei ja gut sind. Doch sollte sich auch nur einer verletzten, wird es richtig eng. Armel Bella-Kotchap steht etwa immer noch bei Premier-League-Absteiger FC Southampton unter Vertrag.
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Nico Schlotterbeck muss sich Sorgen machen

Auch wenn das 1:0 gegen Köln spielerisch sehr dünn und der Sieg mehr als glücklich war: Torhüter Gregor Kobel war nicht der einzige Borusse, der sich Bestnoten verdiente: Mats Hummels erarbeitete sich im ersten Spiel seiner nun schon 14. Saison als Spieler des BVB zwei persönliche Rekorde. 161 Ballaktionen und 147 Pässe hatte der Innenverteidiger in seiner langen Karriere zuvor noch nie geschafft - und schaffen auch sonst nur sehr wenige Spieler.

Hummels war Dreh- und Angelpunkt seiner Mannschaft, räumte hinten weg, was er wegräumen konnte und war darüberhinaus noch der Spieler mit den meisten Torschüssen. Nico Schlotterbeck hatte ja bereits in der Schlussphase der vergangenen Saison seinen Stammplatz verloren. Momenten spricht wenig dafür, dass er wieder mehr Spielzeit erhalten sollte. Auch mit Blick auf die Heim-EM eher suboptimal für ihn.

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Terzics Klartext ist wohltuend und richtig, aber so geht das nicht lange gut

Man kann Trainer Edin Terzic oder irgendeinem anderen Dortmunder Akteur nicht vorwerfen, dass sie versucht hätten, die Leistung gegen Köln irgendwie besser zu reden, als sie war. Alle verwiesen auf das Glück, das man gehabt habe und stellten im Grunde nur den schmeichelhaften Sieg als positiv heraus. Neu-Kapitän Emre Can äußerte sogar Verständnis für seine Auswechslung zur Pause und sagte klipp und klar: "Ich habe kein gutes Spiel gemacht, hatte zu viele Fehler, deshalb wurde ich zu Recht ausgewechselt."

Das war genauso wohltuend wie Julian Brandts Erkenntnis, dass er und seine Mannschaftskameraden sich "ein bisschen blöd" angestellt hätten oder Terzics komplette Analyse des Spiels. Ihm habe "nur wenig gefallen", sagte der Coach etwa, man habe zwar sehr viel Ballbesitz, aber vor allem in torungefährlichen Zonen gehabt. Der "Sechserraum" sei "nie besetzt" gewesen, seine Spieler seien "viel zu früh in den Dreieraufbau gekippt, wodurch die Anspielstation im Zentrum" gefehlt und man immer wieder Bälle im Zentrum verloren habe. "Wir wollten das Spiel viel schneller und flüssiger nach vorne verlagern. Das ist uns nicht gut gelungen." Das war alles schonungslos ehrlich und bemerkenswert klar.

Allerdings: Auch wenn Terzic beharrte, dass das im Training schon viel besser ausgesehen habe, waren die Probleme des BVB in der Mittelfeldzentrale gegen Köln so eklatant, dass schnelle Verbesserungen nur schwer vorstellbar sind.

Auch ist die Frage, ob Felix Nmecha und Marcel Sabitzer wirklich Jude Bellinghams Abgang abfedern können, weiter nicht beantwortet. Nmecha mag nach seiner Einwechslung immerhin Donyell Malens Duseltreffer eingeleitet haben, doch er konnte dem Spiel davor genauso wenig wie Sabitzer Struktur geben. Sabitzer mag in der ersten Halbzeit ein wenig öfter als Can versucht haben, dem Spiel etwas Tempo zu geben, aber auch er war meist im Trab unterwegs.

Nun ist Dusel durchaus ein gewisses Qualitätskriterium von Spitzenmannschaften, doch darauf verlassen kann sich eben nicht.

BVB vs 1. FC Köln: Die Daten zum Spiel

BVB vs. 1. FC Köln - 1:0

Tore

1:0 Malen (88.)

Aufstellung Borussia Dortmund

Kobel - Ryerson (84. Hazard), Süle, Hummels, Bensebaini (84. Wolf) - Sabitzer, Can (59. Nmecha) - Malen, Reus (70. Adeyemi), Brandt - Haller (59. Moukoko)

Aufstellung 1. FC Köln

Schwäbe - Schmitz, Hübers, Chabot - R. Carstensen (90.+1. Kilian), Paqarada, Martel, Ljubicic, Kainz (66. Olesen) - Selke (52. Adamyan), Waldschmidt (66. Finkgräfe)

Gelbe Karten

Malen (90.+1.)