"Keine Ausreden", sagte Edin Terzic nach der Partie bei DAZN. Dabei hätte der Trainer von Borussia Dortmund nach dem enorm mageren Auftritt seiner Elf beim 1. FC Heidenheim ganze zehn nennen können.
Zum einen vor allem die erneut neun schwerwiegenden Ausfälle, die der BVB zu beklagen hatte (Gregor Kobel, Julian Brandt, Marco Reus, Jadon Sancho, Julian Ryerson, Karim Adeyemi, Felix Nmecha, Sébastien Haller, Julien Duranville). Dazu noch den wirklich schlimmen Rasen, den der Aufsteiger anzubieten hatte. Zahlreiche Dortmunder rutschten mehrfach aus.
Doch mit diesem Geläuf musste ja auch der Gegner klarkommen und das schaffte er besser als die Westfalen. Nach dem 0:0 sah man einige Heidenheimer Spieler, die sich über zwei verlorene Punkte ärgerten. Die Truppe von der Ostalb hatte die deutlich hochkarätigeren Chancen auf den Sieg.
Das war schon beim Hinspiel (2:2) so. Heidenheim hat erst 20 Partien in der Bundesliga absolviert, doch gegen Dortmund hätten sie sechs statt nur zwei Zähler mitnehmen sollen - der Unmut ist daher nur allzu verständlich. Dies erzählt zugleich viel über die laufende BVB-Saison, in der die Schwarz-Gelben ihre Probleme einfach nicht in den Griff bekommen.
BVB: Trainer Edin Terzic wird gegenüber der Mannschaft deutlich
Wie sehr dies mit Terzic einen der Hauptverantwortlichen dafür nervt, zeigte sich in seinem Auftritt nach Abpfiff. Noch am Donnerstag habe seine Mannschaft "eine herausragende Trainingseinheit" hinter sich gebracht, sagte er. Doch am Freitagabend enttäuschten die Spieler bis auf sehr wenige Ausnahmen komplett.
"Ich finde, wir hatten trotzdem noch eine ordentliche Mannschaft auf dem Platz. Trotzdem haben wir den Anspruch, gerade wenn wir wissen, dass wir in der Rückrunde Punkte gutmachen wollen, dass wir hier eine bessere Leistung zeigen müssen", wurde der Coach gegenüber seinem Team deutlich.
Dortmund fehlten wie so häufig in dieser Runde Durchschlagskraft und Wucht, man erspielte sich kaum Torchancen. Schaffte es der BVB einmal, sich bis rund um den Strafraum der Gäste zu kombinieren, wurden die Aktionen unnötig verkompliziert und nicht sauber zu Ende gespielt. Teilweise ging die Kugel dann sogar wieder zurück Richtung Abwehr, anstatt es wenigstens mit einer Flanke in Richtung des kopfballstarken Niclas Füllkrug zu versuchen oder eben zielstrebig eine Abschlussaktion zu suchen. Über die gesamte Spieldauer bekam die Borussia nicht den Hauch einer Drangphase hin.
BVB und die spielerische Armut: Niclas Füllkrugs Antwort erstaunte
Auslöser dieser offensiven Harmlosigkeit war wieder einmal das größte Übel, das sich durch dieses Dortmunder Jahr zieht und zuletzt auch trotz zweier neuer Co-Trainer, einem Wintertrainingslager und dreier vollständiger Trainingswochen am Stück nicht annähernd behoben wurde. Der Spielaufbau des BVB ist für eine Mannschaft dieses Kalibers ein reines Grauen.
Es reicht vollkommen, wenn die Gegner diesem ein simples hohes Pressing entgegenstellen. Nicht nur dann fehlt es dem Aufbauspiel an Bewegung und Ideen. Es gibt keinerlei Dynamik in den Aktionen, vielmehr kommt der Spielaufbau fast gänzlich zum Stehen. Unglaublich häufig musste daher zurück zu Keeper Alexander Meyer gepasst werden, der dadurch auf stolze 55 Ballkontakte kam.
"Wir standen viel zu passiv in den Positionen, mit vier Leuten in einer Linie", bemängelte Terzic. Füllkrugs Antwort auf die Nachfrage zur spielerischen Armut erstaunte dabei: "Weiß ich gar nicht, das muss ich mir auch noch einmal selber angucken." Spötter könnten entgegnen, er könnte sich eine x-beliebige Begegnung dieser Spielzeit aussuchen, um die Problematik einwandfrei zu erkennen.
BVB: Schwacher Spielaufbau ist nicht nur ein reines Trainer-Thema
Je länger das Jahr andauert, desto deutlicher wird, dass dieser Sachverhalt nicht nur ein reines Trainer-Thema ist. Dortmund fehlt, gerade in einer dezimierten Besetzung wie aktuell, schlicht die technische Qualität. Spieler wie der ewige Streichkandidat Thomas Meunier oder der in diesen Aktionen zu wenig handlungsschnelle Salih Özcan bremsen den Spielaufbau des BVB an einem Punkt aus, an dem er vermeintlich beginnen soll.
So wird es mit einer stringenten Struktur oder gar Spielkultur nichts, im Offensivbereich verlässt man sich allzu oft auf Einzelaktionen. Doch ein Spieler wie Jamie Bynoe-Gittens trifft zu häufig falsche Entscheidungen und bleibt hängen, sein herausragendes Tempo wird so im Nu zu einer eindimensionalen Qualität degradiert. Einen Treffer haben die Schwarz-Gelben so nicht verdient gehabt, was sich auch im mickrigen Expected-goals-Wert von 0,91 widerspiegelte.
"Heute haben wieder ein paar Jungs eine Chance bekommen, die in den letzten Wochen und Monaten immer wieder unzufrieden waren und das war halt einfach deutlich zu wenig", motzte Terzic. Kobel-Vertreter Meyer stimmte zu: "Uns ist auch klar, dass Borussia Dortmund und wir Spieler ganz anders über die 90 Minuten auftreten wollen."
BVB in Heidenheim: Ein 90-minütiger Kipppunkt
Bislang gab es in jedem der drei gewonnenen Partien des Jahres 2024 einen Kipppunkt, an dem die qualitativ überschaubaren Gegner aus Darmstadt, Köln und Bochum Aufwind bekamen und sich gute Gelegenheiten herausspielen konnte. Das war in Heidenheim nicht der Fall, dort war das Spiel des BVB ein 90-minütiger Kipppunkt.
Füllkrug blieb dennoch dabei, nicht zu alarmistisch zu werden. Das ist nach zuletzt zehn Punkten und einem Gegentor in vier Spielen gewiss nachvollziehbar, der Grundton der Überzeugung in seinen Ausführungen verwunderte dennoch: "Wenn wir in der ersten Halbzeit das eine (Abseitstor von Donyell Malen, Anm.d.Red.) machen, dann bin ich mir sicher, dass wir das Spiel auch souverän gewinnen. Ich glaube, es ist normal, dass man auch mal irgendwo Punkte lässt. Das würde ich jetzt gar nicht zu hoch hängen. Nach drei gewonnen Spielen gegen ebenfalls eklige Gegner passiert so etwas jetzt mal."
BVB: Die nächsten fünf Spiele von Borussia Dortmund
Datum | Wettbewerb | Gegner |
9. Februar, 20.30 Uhr | Bundesliga | SC Freiburg (H) |
17. Februar, 15.30 Uhr | Bundesliga | VfL Wolfsburg (A) |
20. Februar, 21 Uhr | Champions League | PSV Eindhoven (A) |
25. Februar, 17.30 Uhr | Bundesliga | TSG Hoffenheim (H) |
2. März, 15.30 Uhr | Bundesliga | 1. FC Union Berlin (A) |