Der wohl teuerste Reservist der Vereinsgeschichte! Bayerns einstiger Transferkandidat auf dem Abstellgleis

Bundesliga, Gladbach, Borussia Mönchengladbach, Florian Neuhaus, Gerardo Seoane
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Florian Neuhaus war Nationalspieler und beim FC Bayern im Gespräch. Nun drückt er in Gladbach die Bank. Wie konnte das passieren?

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Dass auch heute noch und vermutlich bis in alle Zeiten reichlich Pathos mitschwingt, wenn ein Spieler von Borussia Mönchengladbach das Trikot mit der Rückennummer 10 trägt, lässt sich nicht verhindern. Und ist sogar gewollt, den Mythos Günter Netzer bedient man am Niederrhein schließlich nachvollziehbar gerne.

So war es auch im Ende Juli 2023, als Florian Neuhaus etwas überraschend einen neuen Vertrag bis 2027 unterzeichnete. Dies und die Tatsache, dass das neue Arbeitspapier keine Ausstiegsklausel beinhaltete, feierte die Borussia als Erfolg. "Flo passt zum Spiel von Borussia, ist ein guter Zocker und ein intelligenter Spieler", hatte Geschäftsführer Sport Roland Virkus damals gesagt.

Freilich kam auch Neuhaus zu Wort und merkte unter anderem an: "Der Trainer ist natürlich auch eine wichtige Komponente. Ich habe von den ersten Gesprächen an gemerkt, dass sich das deckt, wie er über Fußball denkt und spielen lassen möchte."

Gerardo Seoane hatte kurz zuvor vom geschassten Daniel Farke übernommen und sollten die Mannschaft auf dem vielzitierten "Borussia-Weg" wieder in Richtung alter Glanzzeiten hieven. Natürlich auch mit Neuhaus' Hilfe, an dessen gut dotiertem neuen Vertrag abzulesen war, dass er als Leistungsträger eingeplant ist.

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Tischtuch zwischen Florian Neuhaus und Gerardo Seoane ist zerschnitten

Etwas mehr als ein Jahr später jedoch fällt der Blick auf Neuhaus' Situation maximal ernüchternd aus. Die "wichtige Komponente" Seoane hat sich für den 27-Jährigen ins Gegenteil verkehrt - das Tischtuch zwischen Trainer und Spieler ist längst zerschnitten. Neuhaus kam in der laufenden Saison bislang nur in drei Pflichtspielen über mickrige 26 Minuten zum Einsatz.

Schon im vergangenen Transferfenster wäre die Borussia nicht abgeneigt gewesen, den Mittelfeldspieler, bereits seit 2017 im Verein, vorzeitig abzugeben. Denn auch im Vorjahr, der sportlich extrem ernüchternden Debütsaison von Seoane, spielte Neuhaus nur eine Nebenrolle. Nun ist er zum wohl teuersten Reservisten der Gladbacher Vereinsgeschichte verkommen. Wie konnte das passieren?

Zunächst einmal muss auch Neuhaus' eigene Entwicklung im Gladbacher Trikot kritisch beäugt werden. Nach seiner erfolgreichen Leihe zu Fortuna Düsseldorf in der Saison 2017/18 entwickelte sich Neuhaus unter den Trainern Dieter Hecking und anschließend Marco Rose noch prächtig.

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Florian Neuhaus galt einst als Transferkandidat beim FC Bayern

Unter dem heutigen Leipziger Coach Rose wurde er Nationalspieler, bei seinem Debüt im Oktober 2020 gegen die Türkei erzielte Neuhaus direkt ein Tor - und netzte auch acht Monate später bei seinem sechsten Länderspiel ein. Der gebürtige Bayer Neuhaus wurde zu dieser Zeit lange und oft mit einem Wechsel zum FC Bayern München in Verbindung gebracht.

Daraus wurde jedoch nie etwas. Stattdessen verglühte Neuhaus' Stern unter Roses Nachfolger Adi Hütter und später bei Daniel Farke immer mehr. Unter Seoane bekommt er überhaupt kein Bein mehr auf den Boden.

Das verwundert angesichts all der Beteuerungen rund um die Vertragsverlängerung vor rund 15 Monaten durchaus. Doch obwohl Neuhaus' in der Vorsaison nach sieben Bundesligaspielen schon drei Tore erzielt hatte, erwischte er wie das gesamte Team keinen guten Start in die Spielzeit.

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Florian Neuhaus und die Highlight-Grätsche in Leverkusen

Schon am 4. Spieltag saß er in Darmstadt draußen. Gladbach lag zur Pause 0:3 gegen den Aufsteiger zurück, Seoane wechselte viermal - und brachte auch Neuhaus. Dieser ließ dann eines von nur drei Highlights in diesem Spieljahr folgen. Beinahe im Alleingang half Neuhaus mit einer exzellenten Leistung inklusive eines Treffers mit, die Partie noch in ein 3:3 zu drehen.

Diese Vorstellung konnte er danach jedoch nie wieder bestätigen. Da half auch seine überragende Grätsche beim 0:0 gegen Bayer Leverkusen nichts, als er dem davongeeilten Jeremie Frimpong in der 61. Minute kurz vor dem Torabschluss die Kugel sehenswert vom Fuß spitzelte und diese Aktion anschließend mit geballten Fäusten vor dem Gladbacher Fanblock feierte.

Neuhaus hat sich zuletzt schlicht nicht mehr so entwickelt, wie man das einst von ihm erwartet hatte. Der Achter offenbart teils große Defensivschwächen und ist nach vorne nicht durchsetzungsstark genug. In der Offensive spielt er zudem längst nicht mehr so konstant starke Bälle wie einst unter Rose.

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Seoane kritisiert Neuhaus: "Hat sich nicht an die Vorgaben gehalten"

Was das belastete Verhältnis mit Seoane wohl endgültig zum Kippen brachte, war eine Situation am 32. Spieltag auswärts bei Werder Bremen, nach der man Neuhaus eigentlich auch hätte loben können - schließlich war sie für die tabellarische Endabrechnung beinahe überlebenswichtig.

Neuhaus war in Minute 70 beim Stand von 1:2 eingewechselt worden. In der ersten Minute der Nachspielzeit bekamen die Fohlen einen Elfmeter zugesprochen. Neuhaus schnappte sich den Ball und verwandelte, der Punktgewinn für die Borussia war perfekt. Doch Seoane zählte seinen Spieler anschließend an.

"Er hat sich nicht an die Vorgaben gehalten", erklärte der Trainer, der bereits vor der Ausführung des Strafraumes wild in Richtung Spielfeld gestikuliert hatte. Denn eigentlich war Julian Weigl als Elfmeterschütze bestimmt. "Ich habe gesagt: Ich fühle mich gut, ich schieße", sagte Neuhaus später über seine Unterredung mit Weigl auf dem Platz.

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Florian Neuhaus: Transfer zum FC Augsburg scheiterte

"Da haben sich die Verantwortlichen clever verhalten, um nicht einen Disput auf dem Platz anzufangen. Positiv für Flo, dass er ihn reingemacht hat - andererseits wäre es ein bisschen ungemütlich für ihn geworden", legte Seoane nach. Dass Neuhaus Mut bewies und in einer schwierigen Situation Verantwortung übernahm, spielte für den Coach offensichtlich eine untergeordnete Rolle.

Die hat Neuhaus nun eben auch in der laufenden Saison inne. Viermal schon saß er 90 Minuten draußen, zuletzt gegen Heidenheim wurde er in der Schlussminute eingewechselt. Seoane bringt ihn auch dann nicht, wenn andere außer Form sind - Alassane Plea beispielsweise hat oft genug schwach gespielt.

Vielleicht wäre ein Wechsel in die bayerische Heimat im Sommer die beste Lösung für alle Seiten gewesen. Mittlerweile ist es aber nicht mehr der FC Bayern, mit dem Neuhaus in Verbindung gebracht wird. Laut kicker stand er mit dem FC Augsburg in Kontakt, der keine 50 Kilometer von seinem Geburtsort entfernt spielt. Dem FCA hätte ein weiterer Kreativspieler durchaus gutgetan.

Daraus wurde letztlich nichts. Neuhaus wolle sich durchsetzen, hieß es. In seiner nun siebten Saison ist er aktuell jedoch so deutlich aufs Abstellgleis geschoben worden wie noch nie. Es hat den Anschein, als habe rund um Mönchengladbach nur Seoane die Vertragsverlängerung im vorletzten Sommer nicht geschmeckt.

Florian Neuhaus: Seine Leistungsdaten bei Gladbach

WettbewerbSpieleToreVorlagen
Bundesliga1752223
DFB-Pokal1645
Champions League8--
Europa League5--
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