In Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung kann die Meisterfeier auf dem Rathausbalkon von München heutzutage in der ganzen Welt verfolgt werden. "Auch ein brasilianischer, ein afrikanischer oder ein chinesischer FC-Bayern-Fan kann so mit uns feiern, obwohl er tausende Kilometer entfernt ist", erklärt Lahm.
Das birgt allerdings auch Gefahren: "Die Herausforderung, vor der der Spitzenfußball dabei in meinen Augen steht, ist, beim stetigen Ausbau der Reichweite und aller positiven Aufhebung von Grenzen nicht jeden Bezugspunkt zu verlieren. Muss alles ständig weiter vermehrt, vergrößert oder optimiert werden?"
Als Beispiel nennt er die Panama Papers, die ein Beleg dafür seien, wie der Mensch heutzutage nach immer mehr strebt: "Auswüchse wie die Panama Papers sind für mich ein Beispiel dafür, dass Protagonisten des globalen Sports ihre ohnehin schon privilegierte Position überreizen und nicht mehr erkennen, wo es genug ist."
Kreisklasse und Bundesliga verschmelzen
Schließlich sei letztlich der Zuschauer und Fan dafür verantwortlich, "dass wir mit unserer Leistung auch Geld und Ansehen verdienen können - aber als Vorbilder und Identifikationsfiguren aus den eigenen Reihen und nicht als inszenierte Helden, die mit der Basis nichts mehr am Hut haben."
Mit dieser Basis meint Lahm den Amateursport, der sich für ihn nicht so stark vom Profifußball unterscheidet. Schließlich seien die "schiefen, aber lauten Karaoke-Auftritte" bei der Meisterfeier die gleichen wie die "schiefen, aber lauten Gesangseinlagen" des Kreisliga-Meisters: "In diesen Momenten verschmelzen Kreisklasse und Bundesliga. Diese Verbindung darf nicht verloren gehen, weil sie den Spitzenfußball erst legitimiert."
Philipp Lahm im Steckbrief