Ein Hauch von Finale

Carlo Ancelotti und Philipp Lahm blicken auf die Partie gegen Real voraus
© getty

Beim FC Bayern München macht vor dem letzten Spiel im Rahmen der Audi Summer Tour in den USA (Do., 1.30 Uhr im LIVETICKER) niemand einen Hehl aus dem besonderen Charakter - wegen der Qualität des Gegners aus Madrid, der Real-Vergangenheit einiger Protagonisten und der zu erwartenden Atmosphäre. Derweil hoffen die Bayern, erst in Cardiff wieder auf die Königlichen zu treffen.

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Es war wieder einmal einer dieser immer häufiger werdenden humoristischen Momente mit Bayern Münchens Trainer Carlo Ancelotti. Im prall gefüllten Pressekonferenzraum der Red Bull Arena in Harrison/New Jersey - an den Seiten mussten zahlreiche Journalisten stehen, weil sie keinen Platz mehr bekommen haben - beantwortete der Italiener souverän eine Frage nach der anderen.

Bei einer musste er dann allerdings stutzen: "Basti Schweinsteiger kommt zurück. Was kann er Ihnen bringen?" Stille.

Ancelotti wirkte sichtlich überfordert, sammelte sich kurz und antwortete dann: "Ich habe diese Information nicht." Leises Gekicher im Saal. "Nein, wenn er zurückkäme", verbesserte sich der Journalist. Die Situation war ein typischer Fall von Sprachbarriere. So etwas kann vorkommen, da kann man niemandem einen Vorwurf machen. Ein humoristisch aufgeladener Moment war es dennoch.

"Im Fußball gibt es kein Wenn", sagte der 57-Jährige darauf - und wiegelte die Frage nach der Möglichkeit einer Schweinsteiger-Rückkehr souverän ab. Die Aussage passt zum Taktiker Ancelotti, der wenig bis nichts dem Zufall überlassen möchte.

Hoffentlich nicht vor Cardiff

Eine Sache ist im Fußball allerdings nach wie vor dem Zufall überlassen - und in diesem Fall gibt es eben dann doch ein Wenn: die Auslosung in den Pokalwettbewerben. Auf die Frage, ob sich Ancelotti wünsche, im kommenden Jahr im Champions-League-Finale auf Real Madrid zu treffen, sagte der Italiener: "Es wäre großartig, wenn wir im Finale in Cardiff gegen sie spielen würden. Aber hoffentlich erst dann und nicht schon davor." Genau das hat er jedoch nicht in eigener Hand, da ist er auf das Los angewiesen.

Nach der Partie am vergangenen Mittwoch gegen den AC Milan, den absoluten Verein seines Herzens, trifft Ancelotti am Mittwochabend (Ortszeit) mit Real Madrid auf einen weiteren Ex-Klub, mit dem er bereits die Champions League gewonnen hat. Entsprechend ähnelten sich die Aussagen des Italieners über seine Gefühle vor der Partie zu denen vor einer Woche: "Es ist etwas Besonderes. Ich habe gute Erinnerungen an Real Madrid. Es ist großartig für mich, meine alten Freunde zu treffen, den alten Staff, viele meiner ehemaligen Spieler, mit denen ich zwei Jahre zusammen gearbeitet habe."

Auf das Aufeinandertreffen mit einer Person fiebert Ancelotti besonders hin: "Ich freue mich vor allem, auf Zinedine Zidane zu treffen."

Etwas mehr in Spanien als in Europa

Vom Franzosen sprach der Bayern-Trainer nur in den höchsten Tönen: "Er war mein Assistenztrainer bei Real Madrid. Es war eine großartige Erfahrung, mit ihm zusammen zu arbeiten. Ich hatte nie einen Zweifel daran, dass er ein guter Trainer sein wird. Er hat große Qualitäten. Mir war immer klar, dass er eines Tages Trainer von Real Madrid sein wird. Er hat viel Erfahrung, war ein hervorragender Spieler und hat Charisma, was besonders wichtig ist, um eine gute Beziehung zu den Spielern aufzubauen."

Für die kommende Saison wünschte Ancelotti seinem Pendant bei den Königlichen "nur das Beste" - allerdings mit einer Einschränkung: "Etwas mehr in Spanien als in Europa natürlich."

Alonso freut sich auf Wiedersehen

Nicht nur für den Trainer wird das Duell gegen Real Madrid ein Wiedersehen mit Freunden. Auch für Xabi Alonso ist der Test gegen seine alten Kollegen kein Spiel wie jedes andere: "Sie sind alle noch gute Freunde. Ich habe fünf Jahre in Madrid gespielt und das waren sehr erfolgreiche Jahre mit vielen Titeln", sagte der Spanier nach der öffentlichen Trainingseinheit.

Den letzten und größten dieser Titel mit den Königlichen feierte Alonso beim Champions-League-Sieg 2014. Trainer damals: Carlo Ancelotti.

In dieser Saison standen sich Real und Bayern letztmals in einem Pflichtspiel gegenüber. Die Spieler, Verantwortlichen und Fans des FCB erinnern sich noch schmerzlich an die bittere 0:4-Niederlage vor heimischem Publikum, die das Aus in der Vorschlussrunde besiegelte.

Fünf Jahre CL-Halbfinale mit Bayern und Real

Ein Halbfinale in der Königsklasse - genau solche Anlässe sind es, bei denen sich die beiden Größen des Weltfußballs meist gegenüberstehen. Deswegen hat die Partie auch für Philipp Lahm ein besonderes Flair: "Die Mannschaften stehen normalerweise immer im Viertelfinale, Halbfinale, manchmal auch im Finale der Champions League. Jetzt sind zwar nicht alle Spieler dabei, aber ich glaube trotzdem, dass sich in diesem Spiel zwei sehr, sehr gute Mannschaften gegenüber stehen."

Diese Einschätzung des Bayern-Kapitäns ist derweil nicht nur ein Gefühl, sondern entspricht den Tatsachen: In den letzten fünf Jahren standen beide Teams immer unten den letzten Vier in Europas Eliteklasse.

Lahm freut sich neben der prestigreichen Aufgabe, auf Real zu treffen, auch auf das Drumherum: "Nicht nur der Gegner ist ein Highlight für uns, sondern auch das Stadion. Das wird eine schöne Atmosphäre. 82.000 Leute passen da rein. Also ist alles angerichtet für ein großes Spiel."

Über 80.000 verkaufte Tickets

Tatsächlich passen in das MetLife Stadium, in dem normalerweise die beiden NFL-Franchises New York Giants und New York Jets ihre Heimspiele austragen, 82.500 Zuschauer. Damit ist es nach dem Memorial Coliseum in Los Angeles das zweitgrößte Stadion in der Eliteliga des American Football. Und für die Partie zwischen dem FC Bayern und Real Madrid sind tatsächlich auch schon über 80.000 Tickets verkauft.

Zwar müssen die US-amerikanischen Fußballinteressierten dann darauf verzichten, Stars wie Cristiano Ronaldo, Gareth Bale, Robert Lewandowski, Arjen Robben oder Thomas Müller zu sehen, doch auf beiden Seiten sind dennoch einige Hochkaräter an Bord.

Bastian Schweinsteiger wird jedoch nicht auf dem Platz stehen. Und in aktiver Funktion wird er das auch in Zukunft nicht mehr für die Bayern in einem Duell gegen Real Madrid. Denn im Fußball gibt es kein Wenn.

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