Durchwurschteln! Klappe, die erste

Für den FC Bayern geht es einzig um Ergebnisse
© getty

In einem unruhigen Herbst sehnt sich der FC Bayern München nach der Winterpause. In den restlichen fünf Pflichtspielen will sich der Meister "durchwurschteln". Zunächst einmal zählen nur die Ergebnisse. Am Freitag in Mainz (ab 20.30 Uhr im LIVETICKER) sollen drei Punkte her, um RB Leipzig unter Druck zu halten - egal wie. Dabei geht es vor allem darum, Störgeräusche auszuschalten.

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"Bis Weihnachten müssen wir uns durchwurschteln."

Uli Hoeneß ließ nach seiner Wiederwahl zum Präsidenten des FC Bayern München nicht lange auf klare Kante und scharfe Einschätzungen warten.

So schreckte der 64-Jährige am vergangenen Sonntag bei einem Fanclub-Besuch in der Wunsiedler Fichtelgebirgshalle nicht davor zurück, die aktuelle sportliche Situation kritisch einzuordnen. Krisengerede haben die Verantwortlichen des Titelverteidigers zuletzt vehement zurückgewiesen. Krise ist im Fall der Münchner auch mit Sicherheit eine große Vokabel.

Hoeneß nutzte einen anderen Begriff. Er bezeichnete die aktuelle Situation beim FC Bayern zurückhaltend, aber bestimmt als "Delle".

Ungewohnt unsouverän

Tatsächlich ist es nach vier souveränen Meisterschaften in Serie ungewohnt, die Bayern Anfang Dezember nicht an der Spitze der Bundesliga-Tabelle zu sehen. Und in der Champions League ist es letztmals in der Saison 2009/2010 unter Louis van Gaal nicht gelungen, die Gruppenphase als Erster abzuschließen.

Noch herrscht nicht Alarmstufe Rot - immerhin hat man in der Champions League in einer Gruppe mit dem Vorjahresfinalisten Atletico als Zweiter das Achtelfinale erreicht und liegt auch in der Bundesliga mit drei Punkten Rückstand auf Spitzenreiter RB Leipzig noch in Schlagdistanz.

Die ersten Warnsignale leuchten allerdings. Im November haben die in den letzten Jahren so überdominanten Bayern lediglich beim 2:1-Sieg in Eindhoven überzeugt. Die Auftritte gegen Hoffenheim (1:1), Dortmund (0:1), Rostov (2:3) und Leverkusen (2:1) ließen Wünsche offen.

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Zu der sportlichen Delle kamen bei den Münchnern zuletzt Störgeräusche, wie sie in den Jahren des durchgängigen Erfolgs selten zu vernehmen waren.

Mehrere Baustellen

Die erste Baustelle ist die langsam aufkommende Kritik an Trainer Carlo Ancelotti in Experten-Kreisen. Unter anderem dachte Oliver Kahn am Sonntag bei Sky90 laut darüber nach, ob es "vielleicht sinnvoller gewesen wäre, einen Trainer zu holen, der die Idee von Guardiola weiter verfolgt."

Mit Ze Roberto ging ein anderer Ex-Bayer noch einen Schritt weiter: "Bayern hat bei der Verpflichtung Carlo Ancelottis einen Fehler gemacht. Aber es ist schwierig, einen Trainer auf dem Niveau Pep Guardiolas zu finden oder jemanden, der wenigstens in der Philosophie ähnlich ist", sagte der Brasilianer zu Sport1.

Dass die Anfangseuphorie um den Rekord-Champions-League-Trainer verflogen ist, akzeptieren die Bayern-Verantwortlichen. "Wenn sich jedoch ein Trend abzeichnet, Ancelotti bei jeder Gelegenheit zu kritisieren, muss der Klub etwas dagegen tun", stellte Hoeneß in der Sport Bild klar.

Es knirscht

Auch im Verhältnis zwischen Verantwortlichen und Spielern knirschte es zuletzt ein wenig. Der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge kritisierte etwa Jerome Boateng nach dessen schwacher Leistung gegen den FK Rostov: "Jerome muss wieder ein bisschen mehr zur Ruhe kommen. Seit dem Sommer ist mir das ein bisschen zu viel."

Beim Fanclub-Besuch in Babenhausen konterte Deutschlands Fußballer des Jahres: "Darüber kann ich nur lachen. Das nächste Mal kann er mir das ins Gesicht sagen, dann ist alles gut. Ich bin einfach noch nicht bei 100 Prozent."

Aus einer Mücke sollte man keinen Elefanten machen. Aussagen bei solch einer Fanveranstaltung muss man ebenso kritisch in Perspektive setzen wie die nach einer Niederlage aus der Emotion heraus. Ein Zeichen perfekter Harmonie sieht dennoch anders aus.

Genauso wirkt das Verhältnis zwischen Ancelotti und Philipp Lahm nicht einwandfrei. Mehrfach schonte der Italiener seinen Kapitän oder nahm ihn in wichtigen Situationen frühzeitig vom Platz. Nach der Partie gegen Borussia Dortmund vermied es Lahm, die Entscheidung seines Trainers öffentlich zu torpedieren, dafür ist er zu sehr Profi. Er ließ jedoch durchscheinen, dass er die Maßnahme nicht wirklich verstand.

Wer wird Sportdirektor?

Eine dritte Baustelle ist die vakante Position des Sportdirektors. Zwar sagte Hoeneß vor Wochenfrist, dabei handele es sich nicht um ein Thema, "das wir jetzt vor Weihnachten angehen müssen." Gleichzeitig stellen jedoch alle Beteiligten die Wichtigkeit des Postens heraus.

Die immer wieder hochkochenden Gerüchte um Max Eberl oder ein frühzeitiges Karriereende von Philipp Lahm, das Karl-Heinz Rummenigge mit seiner Aussage bei der Jahreshauptversammlung explizit andeutete, kommen einem ruhigen, fokussierten Arbeiten nicht zugute.

Bei all den Störgeräuschen ist die Aussage von Uli Hoeneß umso verständlicher: Man müsse die kommenden Wochen irgendwie überstehen und möglichst viele Punkte sammeln, um am letzten Spiel des Jahres noch einmal ein Ausrufezeichen zu setzen. Am Mittwoch vor Weihnachten gastiert nämlich RB Leipzig in der Allianz Arena. Die Idealvorstellung des Präsidenten sieht vor, dass man dann die Tabellenspitze zurückerobert und im Winter die Kräfte mobilisiert, um in der Rückrunde wieder an einem Strang zu ziehen und alle Titel anzugreifen.

Vier Pflichtspiele bis zum Leipzig-Clash

Vor diesem letzten Jahres-Highlight hat der FC Bayern aber noch vier Pflichtspiele vor der Brust. Neben dem bedeutunglosen, aber prestigereichen Champions-League-Spiel gegen Atletico empfängt man noch den VfL Wolfsburg und fährt ans Darmstädter Böllenfalltor.

Den Auftakt macht die Auswärtsfahrt nach Mainz am Freitagabend. Zumindest das Toreschießen sollte dort gelingen: In allen zehn Bundesliga-Auswärtsspielen bei den Rheinhessen trafen die Bayern, neunmal sogar doppelt. Zuletzt gelangen sogar vier Auswärtssiege in Serie (3:0, 2:1, 2:0, 3:0).

Wirklich aussagekräftig scheint diese Statistik vor der Partie jedoch nicht. Schließlich waren die Münchner in den letzten Jahren generell dominanter und souveräner als in diesem Herbst.

Am Ende geht es für den Meister in Mainz aber auch nicht um Dominanz. Für den Rest der Hinrunde geht es nur noch um Ergebnisse. Zumindest bis zum Duell gegen RB Leipzig. Dann will man voll da sein und Fußball-Deutschland zeigen, wer die Hosen anhat.

Bis dahin gilt die Devise: Durchwurschteln, ein Drama in vier Akten. Gegen Mainz also Klappe, die erste.

Der FC Bayern in der Übersicht