Hitzfeld ist von Nagelsmanns Qualitäten als Trainer überzeugt: "Nagelsmann ist ein Trainer, der sehr viel Selbstbewusstsein besitzt. Da spürt man, dass er eine Führungspersönlichkeit ist. Er ist gewohnt, ein Team zu führen. Das war ein Glücksgriff von Hopp", sagt der zweifache Champions-League-Sieger im Interview mit DAZN.
Zwar sei es ein "enormes Risiko" für Hoffenheim gewesen, auf den jungen Übungsleiter zu setzen, "aber Nagelsmann hat das Vertrauen zurückgezahlt. Seine Persönlichkeit ist vielleicht einzigartig, weil es viel Autorität verlangt, in so jungen Jahren ein Leader zu sein und so vorauszumarschieren."
Bei all dem Lob kritisierte Hitzfeld den 30-Jährigen jedoch auch für seinen öffentlichen Flirt mit dem FC Bayern. Im Interview mit Eurosport hatte der Emporkömmling zugegeben: "Der FC Bayern spielt in meinen Träumen schon eine etwas größere Rolle." Dafür erntete er im Nachhinein viele kritische Stimmen.
Hitzfeld: Nagelsmann-Aussagen kamen bei Bayern nicht gut an
Hitzfeld stimmt mit ein: "Ich finde es richtig, dass man sagt: Bayern ist ein Wunsch von mir, dort einmal trainieren zu können, mit den Nationalspielern, mit dem Druck etc. Das ist offen und ehrlich. Aber er hat da ein bisschen zu viel Sympathie für Bayern gezeigt und das kam in Hoffenheim nicht gut an und bei Bayern kam es sicherlich auch nicht so gut an." Allerdings werde der TSG-Trainer " aus solchen Interviews lernen".
Für die nähere Zukunft warnte Hitzfeld Nagelsmann davor, den Schritt zu einem großen Klub zu früh zu machen: "Für mich ist wichtig, dass er noch einige Jahre in Hoffenheim bleibt, um sich eben auch weiterzuentwickeln. Aber ich bin überzeugt, in ein paar Jahren wird er sicherlich ein Thema bei Bayern München sein."
Hitzfeld wünscht sich für Nagelsmann noch "drei, vier Jahre" Hoffenheim
Als Grund nannte der 68-Jährige den Reifeprozess eines jungen Coaches: "Ein Trainerleben kann sehr lange sein, da gibt es viele Stationen. Und man sollte auch - so war zumindest immer mein Credo als Trainer - möglichst langfristig bei einem Verein bleiben und nicht zu schnell den nächsten Klub anstreben, sonst verbraucht man sich auch zu schnell. Und so viele interessante Topklubs gibt es ja nicht."
Insofern gehe es darum, "dass man Erfahrungen sammelt und wenn man bei Hoffenheim Schlagzeilen oder Fehler macht, fällt das vielleicht nicht so auf wie bei Bayern München." Hitzfeld halte es für "wünschenswert, dass er noch möglichst drei, vier Jahre bei Hoffenheim bleibt."
Hitzfeld mit Rückendeckung für Carlo Ancelotti
Ohnehin seien die Spekulationen um einen zeitnahen Nagelsmann-Wechsel zum FC Bayern auch deshalb verfrüht, weil die Kritik am aktuellen Trainer Carlo Ancelotti zu viel sei: "Bei Bayern ist ein bisschen Kritik aufgekommen, weil die Vorbereitung nicht optimal lief."
Die Asienreise mit vier Spielen innerhalb von zehn Tagen gegen schwierige Gegner habe die Aufgabe allerdings auch für den Trainer schwierig gemacht. Deshalb habe Ancelotti Recht damit, wenn er sage, dass die Kritik an seiner Person überzogen sei.
Die Tatsache, dass der Italiener in dieser schwierigen Situation jedoch die Ruhe bewahrte, spricht laut Hitzfeld für dessen Erfahrung: "Er weiß, die Vorbereitung ist schon wichtig, aber nicht so wichtig, wie wenn es Punkte gibt. Dann muss die Mannschaft Präsenz zeigen."
Generell beteuerte Hitzfeld, es Ancelotti zuzutrauen, die Leistung der Mannschaft für die entscheidenden Momente der Saison zum Optimum zu bringen: "Ancelotti ist ein Praktiker. Er weiß, worauf es ankommt. Er ist ja auch ein Trainer, der viel rotiert, der vielen Spielern eine Chance gibt, Spielpraxis zu sammeln. Und er weiß, wie man mit den Kräften haushaltet. Insofern ist Ancelotti für mich ein sehr guter Trainer."