Mit seinen 72 Jahren ist Heynckes aktuell der älteste Bundesliga-Coach, 1979 wurde der Mönchengladbacher bei den Fohlen mit 34 Jahren aber der bis dato jüngste Trainer der höchsten deutschen Spielklasse. "Ich habe damals nur ein Jahr mit einem großen Trainer, sprich Udo Lattek, zusammengearbeitet, von dem ich lernen konnte", blickt Heynckes zurück.
Mittlerweile seien junge Trainer "besser präpariert": "Heute ist es oft so, dass die jungen Trainer schon im Jugendbereich oder in der U23 gearbeitet haben und dort Erfahrungen sammeln konnten." Das sei vor allem wichtig, um zu lernen, wie ein Coach "sich richtig zu präsentieren hat, wie er zur Mannschaft zu sprechen und wie er auf dem Trainingsplatz zu arbeiten hat."
Und auch wenn es "ein ganz große Vorteil ist", selbst Profi gewesen zu sein, meint der Bayern-Coach: "Junge Trainer haben es heute nicht leicht, das sage ich ganz ehrlich. Allein wenn man an unsere Mediensituation, aber auch an die hohen Ansprüche der jeweiligen Klubs denkt. Junge Trainer müssen auch Fehler machen dürfen, sie müssen auch mal Dinge sagen dürfen, bei denen man hinterher denkt: Das hätte er besser nicht gesagt."
Jupp Heynckes sieht manche Aussagen von Uli Hoeneß "kritisch"
Uli Hoeneß' jüngste Charmeoffensive, Heynckes sei jemand, der modernes Sportmanagement und menschliche Qualitäten vereint, kommentierte der 72-Jährige wie folgt: "Wenn Uli Hoeneß gefragt wird, lässt er sich immer etwas einfallen. Sehr oft ist das sehr viel Positives und auch Gutes. Aber das eine oder andere kann man auch mal kritisch sehen."
Weniger kritisch war Heynckes bei seinem Amtsantritt: "Dass wir Erfolg haben, seit Peter Herrmann und ich hier sind, hat einfache Gründe. Zunächst sind wir bei einem ganz großen Klub angestellt. Wir haben sehr gute Spieler, wir haben ein absolutes Top-Trainerteam, der gesamte Staff funktioniert perfekt. Was im Moment geschieht, ist ein Erfolg aller, die involviert sind im Lizenzspielerbereich. Das nehme ich nicht für mich in Anspruch."
Was die Saisonziele angeht, warnt der 72-Jährige vor allem in der Champions League vor den Gefahren. "In der Königsklasse wird es sicher sehr schwer, weil da Top-Mannschaften dabei sind, die sich - teilweise mit riesigen Fremdmitteln - auf dem Transfermarkt enorm verstärkt haben", erklärte Heynckes und fügt an: "Deshalb wird es sicher für die Bundesliga und auch für Bayern München immer schwieriger, international so erfolgreich zu sein, wie es der FC Bayern in seiner Geschichte immer wieder war."
Real Madrids Krise nicht überraschend für Jupp Heynckes
Die Krise seines Ex-Vereins Real Madrid kommt für Heynckes nicht überraschend: "Dass Madrid in der Liga im Moment ein Tief durchläuft, ist meines Erachtens ganz normal, wenn man zweimal die Champions League gewonnen hat und dazu noch einmal spanischer Meister geworden ist." Auch am qualitativen Aderlass durch die Abgänge von Alvaro Morata, Pepe und James Rodriguez macht der FCB-Coach Reals Talfahrt fest.
"Sie haben nicht großartig eingekauft und gedacht: Mit den jungen Spielern kompensieren wir das. Nein, sie brauchen eine richtig gute Mischung zwischen jungen und alten, zwischen erfahrenen und hungrigen Spielern", sagt Heynckes, der trotzdem eindringlich davor warnt, die Königlichen abzuschreiben: "Sie haben viel mehr Erfahrung als Paris Saint-Germain. Viel mehr! Ich glaube auch, dass Real weiterkommen wird. Das ist international eine gute Mannschaft."
Die Idee des FC Bayern Deutschland mit einem Stamm aus deutschen Nationalspielern findet Heynckes "sehr wichtig und sehr, sehr gut": "Es war immer wichtig für den Klub und für die Nationalmannschaft, dass eine gewisse Mentalität führend ist - auch in Hinblick auf das Zusammengehörigkeitsgefühl und das Erfolgsstreben." Das Wichtigste sei die Mischung: "Junge Spieler, deutsche Spieler, aber auch große ausländische Spieler aus verschiedenen Nationen."