Bayerns Eröffnungsspiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim: Kovac muss jetzt Farbe bekennen

Stefan Petri
24. August 201812:55
Niko Kovac (r.) bekommt es im ersten Bundesliga-Spiel mit Hoffenheim und Julian Nagelsmann zu tun.getty
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Nach einem 5:0 im Supercup und dem knappen 1:0 in der ersten Pokalrunde beginnt für den FC Bayern München am ersten Bundesliga-Spieltag gegen die TSG 1899 Hoffenheim der Ernst des Lebens. Im Eröffnungsspiel der Saison 2018/19 (ab 20.30 Uhr im LIVETICKER) trifft Trainer Niko Kovac auf ein Team, das den Bayern zuletzt Probleme bereitete. Kovac muss zeigen, wie er sich "seine" Bayern vorstellt - sowohl in Aufstellungsfragen, als auch in Sachen Taktik.

An sein Bundesliga-Debüt bei den Bayern als Spieler wird sich Niko Kovac nur noch ungern erinnern. Am 28. Juli 2001 trifft der dreimalige Meister am Bökelberg auf Borussia Mönchengladbach. Kovac spielt von Beginn an, insgesamt 78 Minuten auf der Sechs, doch die Bayern gehen leer aus. Arie van Lent schießt das Tor des Tages, Aufsteiger Gladbach gewinnt 1:0.

Gut 17 Jahre später hat der Trainer Niko Kovac eine wohl noch schwerere Aufgabe vor der Brust: Immerhin kommt mit der TSG Hoffenheim der Tabellendritte der abgelaufenen Saison in die Allianz Arena, mit Trainer Julian Nagelsmann, der eine Art Angstgegner für die Bayern darstellt. Zwar hat Nagelsmann noch nie in München gewonnen, doch von den letzten vier Duellen entschieden die Roten gerade mal ein Spiel für sich - und beim 5:2 im Januar lagen die Bayern zwischenzeitlich 0:2 zurück.

Die Bundesliga-Fangemeinde wird sich am Freitagabend also gespannt zurücklehnen und auf erste Fingerzeige warten, was die üblichen, vor Saisonstart durchdeklinierten Fragen angeht: Sind die Bayern zum siebten Mal in Folge nicht zu schlagen? Ist die Bundesliga entschieden, bevor der erste Anstoß erfolgt ist? Könnte theoretisch auch das Busfahrer-Duo Michi und Armin die Bayern zum nationalen Titel coachen?

Die letzten fünf Eröffnungsspiele der Bundesliga

SaisonHeimteamAuswärtsteamErgebnis
2017/18FC Bayern MünchenBayer Leverkusen3:1
2016/17FC Bayern MünchenWerder Bremen6:0
2015/16FC Bayern MünchenHamburger SV5:0
2014/15FC Bayern MünchenVfL Wolfsburg2:1
2013/14FC Bayern MünchenBorussia Mönchengladbach3:1

Eine Antwort auf diese Fragen wird das Auftaktspiel nicht zweifelsfrei geben können, egal wie das Spiel am Ende ausgeht. Ein Sieg gegen jenen Herausforderer, der es in Gestalt von Nagelsmann als Einziger überhaupt wagte, das Wort mit "M" in den Mund zu nehmen, wäre dennoch doppelt süß.

Noch spannender als das Ergebnis könnten am Freitag aber zwei weitere Aspekte sein: Wie stellt Kovac auf? Und wie lässt er spielen?

Bayerns Innenverteidigung: Setzt Niko Kovac weiter auf Jerome Boateng?

In puncto Torwart und Außenverteidigung dürfte sich beim FC Bayern nichts ändern. Spannender ist die Situation da schon in der Innenverteidigung: Mit Mats Hummels, Niklas Süle und Jerome Boateng stehen Kovac drei "Weltklasse-Verteidiger" zu Verfügung, aber die Abwanderungsgedanken Boatengs verkomplizieren die Sache ein wenig. Der 29-jährige wurde von den Vereinsbossen nahezu aus der Tür hinauskomplimentiert, ein Deal mit Paris St.-Germain ist noch nicht vom Tisch. Süle soll ihn Medienberichten zufolge intern überholt haben, und 50+ Millionen Euro für einen Bankspieler würde Bayern wohl einstreichen wollen.

Kovac dagegen hatte erklärt, dass er alle drei brauche, und Boateng im Pokal von Anfang an gebracht. Stünde er auch gegen Hoffenheim in der ersten Elf, wäre das eine weitere Ansage an die Bosse: Seht her, ihr würdet meinen Stammspieler verkaufen.

Umgekehrt wäre ein Bankplatz eine deutliche Botschaft an Boateng: Du bist hier nicht mehr unumstritten erste Wahl - es wäre besser, wenn PSG mit einem Angebot um die Ecke kommt.

Bayerns Mittelfeld: Muss Kingsley Coman weiter warten?

Im zentralen Mittelfeld hat sich die Lage durch Arturo Vidals Abgang etwas entspannt, zumal Sebastian Rudy ja auch auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber ist. Leon Goretzka muss Thiago oder Javi Martinez erst einmal verdrängen.

Spannender ist da schon die Außenbahn: Kovac lobte Arjen Robben und Franck Ribery in der Vorbereitung über den grünen Klee, doch im Pokal überzeugten beide nicht. Kingsley Coman wartet seit geraumer Zeit auf die "Machtübernahme", und mit Kovac trainiert ihn nun ein Mann, der Schnelligkeit als entscheidendes Kriterium im Offensivspiel predigt: "Heute heißt es: Die Schnellen fressen die Langsamen." Wie lange muss Coman noch auf seine Zeit warten?

Bayerns Taktik: Kann Niko Kovac Hoffenheim überraschen?

Auch in Sachen Taktik und Spielanlage wird der erste Ernstfall des Jahres faszinierend zu beobachten sein. Gegen Eintracht Frankfurt und im Pokal gab es keine Überraschungen: Viererkette, davor Martinez, Thiago als Spielmacher und Müller zwischen den Linien, vorn Robert Lewandowski flankiert von Robbery.

Ein Konzept, das den taktisch extrem versierten Nagelsmann nicht aus der Reserve locken wird. Der hat schon mehrfach bewiesen, dass er die Bayern in dieser Form bespielen und vor Probleme stellen kann. Je weniger Kovac ändert, desto besser für Hoffenheim.

Andererseits ist Veränderung rein um der Veränderung willen natürlich sinnlos. Bayern hat das bei weitem bessere Spielermaterial zur Verfügung, auch ohne Überraschungen kann man Hoffe fünf Stück einschenken, wie der Januar zeigte. Und Kovac weiß, wie man sich gegen Nagelsmann aus der Affäre zieht: Mit der Eintracht holte er in der Liga im letzten Jahr zwei Remis.

Spannend wird es vor allem dann, wenn die Bayern einen schlechten Start erwischen und in Rückstand geraten sollten. Kovac hat betont, ein Pragmatiker zu sein: Wie reagiert er auf einen Rückstand oder eine Hoffenheimer Abwehr, die von Drochtersen gelernt hat und fast nichts zulässt? Erst wenn das Spiel auf dem Rasen Umstellungen erfordert, muss Kovac wirklich Farbe bekennen.

Vorteil Bayern: Die Stars sind motiviert

Sein Plus: Das Team wird so motiviert wie lange nicht mehr in die Saison gehen. Nationalspieler wie Thomas Müller oder Lewandowski wollen eine miserable WM vergessen machen, Rib und Rob sich in ihrem wohl endgültig letzten Jahr nicht verdrängen lassen. Im zweiten Anzug weiß man wiederum: neuer Trainer, neues Glück.

Hoffenheim reist zudem mit einem veritablen Lazarett an: Nadiem Amiri, Kerem Demirbay, Andrej Kramaric, Benjamin Hübner und Florian Grillitsch werden wohl nicht rechtzeitig fit, Bayern-Killer Mark Uth (3 Tore im letzten Jahr) spielt jetzt in Königsblau. Bei den Gastgebern wackeln nur James Rodriguez und Serge Gnabry, David Alaba ist wieder fit.

Und überhaupt: Gastgeber. Ein Jahr nach dem 0:1 der Bayern gegen Gladbach führte die Liga das Eröffnungsspiel ein, seitdem beginnt der Meister vor eigenem Publikum. Und hat dort in 16 Ausgaben noch nie verloren.