SPOX und Goal fassen die wichtigsten Aussagen der 30-minütigen Generalabrechnung an der Säbener Straße zusammen und erklären sie.
Als der FC Bayern am Donnerstagabend aus heiterem Himmel eine außerordentliche Pressekonferenz mit Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, Präsident Uli Hoeneß und Sportdirektor Hasan Salihamidzic für den kommenden Vormittag einberief, begann die Gerüchteküche zu brodeln. Wird die Zusammenarbeit mit Trainer Niko Kovac nach zuletzt vier sieglosen Spielen etwa beendet? Oder verkünden die Bosse einen großen Sponsoren-Deal?
Die Antwort um kurz nach 12 Uhr lautete: weder noch. Die Bayern-Granden holten zu einem beispiellosen Rundumschlag gegen Medienvertreter und Experten aus, die ihren Klub und insbesondere ihre Spieler zuletzt kritisiert hatten.
"Das hat nichts mehr mit Kritik zu tun. Das ist nur noch eine Abrechnung mit einzelnen Spielern", schimpfte Rummenigge und erinnerte an Artikel 1 des Grundgesetzes: "Da steht, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Ich weiß nicht, ob der Fußball eine Sonderrolle einnimmt." Man mache sich "offensichtlich keine Gedanken mehr über Würde und Anstand. Die Polemik scheint keine Grenzen mehr zu kennen. Das gilt für Medien und Experten, die auch mal bei diesem Klub gespielt haben."
Was hat die Bayern-Bosse so auf die Palme gebracht?
Die Kritik an Manuel Neuer
Rummenigge: "Was über Manuel Neuer zu lesen war, da fehlen mir die Worte. Er war viermal Welttorhüter. Ohne jegliche Übertreibung lässt das, was Manuel in den letzten Jahren als Spiel neu kreiert hat, keine zwei Meinungen zu."
Erklärung: Neuer hatte bei der deftigen 0:3-Pleite des DFB-Teams gegen die Niederlande keine gute Figur vor dem 0:1 durch Virgil van Dijk gemacht. TV-Experte Oliver Kahn sprach im Nachhinein von einem Torwartfehler. "Wenn Neuer aus dem Tor kommt, muss er die Flanke haben. Wenn er auf der Linie bleibt, kann er den Ball über die Latte lenken", sagte der ehemalige Welttorhüter im ZDF.
Lothar Matthäus forderte daraufhin in seiner Kolumne bei Sky, Marc-Andre ter Stegen eine Chance von Anfang an zu geben. Neuer sei "noch nicht wieder in der Form, die ihn viermal zum Welttorhüter gemacht hat." Das hätten auch die weniger guten Leistungen von Neuer in den Bundesliga-Spielen gegen den FC Augsburg und Borussia Mönchengladbach belegt. In den Medien nahm die Neuer-Debatte folglich ebenfalls an Fahrt auf.
Die Kritik an Mats Hummels und Jerome Boateng
Rummenigge: "Wenn ich über unsere Innenverteidiger Mats Hummels und Jerome Boateng von ‚Altherrenfußball' lese, dann muss ich sagen: Geht's eigentlich noch!?"
Erklärung: Ex-Profi Olaf Thon, 1988 bis 1994 selbst aktiv beim FC Bayern, hatte nach dem Niederlande-Spiel die Aufstellung von Bundestrainer Joachim Löw kritisiert. Speziell die Leistungen von Hummels und Boateng hätten an "Altherrenfußball" gegrenzt, sagte Thon der WAZ. "Für mich stellt sich wirklich die Frage, ob es nicht besser wäre, künftig auf Boateng zu verzichten. Und Hummels sehe ich auch nicht mehr in der guten Verfassung, die er mal hatte. Das ist mir mittlerweile viel zu pomadig in der Rückwärtsbewegung."
Der Weltmeister 1990 kündigte auch nach der Mahnung von Rummenigge an, seiner Linie treu bleiben zu wollen. "Ich hätte auch sagen können, beide haben behäbig gespielt. Da ich selbst aber noch bei den Alten Herren von Schalke 04 spiele, war für mich dieser Begriff durchaus passend", sagte Thon der Hamburger Morgenpost. Hummels und Boateng seien zuletzt nun einmal "nicht gut" gewesen, "weder bei den Bayern noch bei der Nationalmannschaft. Ich beurteile Spieler nach ihrer Leistung. Und das nicht nach einmaligen Spielen, sondern über einen Zeitraum."
Die Kritik an Bayerns Transferpolitik - Beispiel: Juan Bernat
Hoeneß: "Von einem Juan Bernat hängt nicht das Wohl des FC Bayern ab. Als wir in Sevilla gespielt haben, war er alleine verantwortlich, dass wir fast ausgeschieden sind. An diesem Tag haben wir beschlossen, dass wir ihn abgeben. Weil er uns fast den kompletten Erfolg in der Champions League gekostet hätte."
Erklärung: Ein Reporter von Sky hatte in den vergangenen Wochen einige Male lobend von Bernat gesprochen und moniert, dass der Rekordmeister den Spanier für fünf Millionen Euro an Paris Saint-Germain verkaufte. Ohne ihn steht den Münchnern in David Alaba nur noch ein etatmäßiger Linksverteidiger zur Verfügung. Routinier Rafinha ist zudem aktuell noch verletzt.
Die Kritik an Niko Kovac
Salihamidzic: "Niko Kovac steht bei mir nicht infrage. Er weiß ganz genau, wie wir hinter ihm stehen. Und wir schätzen seine Arbeit. Wir müssen uns doch öffentlich keine Küsschen geben."
Hoeneß: "Ist es okay, dass wenn ich mir in Ruhe ein Training ansehe, zu behaupten, dass ich ihn beobachte? Das ist ein Witz!"
Erklärung: Diverse Zeitungen hatten zuletzt angemerkt, dass Kovac angesichts der Bayern-Krise bis dato keine öffentliche Rückendeckung von Salihamidzic erhalten habe. Hoeneß war nachgesagt worden, das Bayern-Training in dieser Woche von seinem Büro aus verfolgt zu haben.
Die Kritik an Joachim Löw
Hoeneß: "Wie n-tv versucht hat, Jogi Löw abzuschießen, das ist unfassbar. Das hat dieser Mann nicht verdient. Ihm wurden zehn Jahre lang die Füße geküsst."
Erklärung: Nach der Länderspiel-Pleite gegen die Niederlande hatte n-tv kritisch vom "letzten Zucken der Ehe mit Löw" geschrieben. Das Ende der Zusammenarbeit könne auch eine Erlösung sein, hieß es in einer Kolumne.
Außerdem echauffierten sich die Bayern-Bosse darüber, dass n-tv am Dienstag vor dem Spiel gegen Frankreich eine Fernsehkamera zu einem Jugendtraining schickte und die Kinder befragte, ob man Löw entlassen oder behalten solle.
Die Kritik an der Berichterstattung über Kovac beim Basketball
Rummenigge: "Als Niko Kovac und Hasan Salihamidzic letzte Woche beim Basketball waren: Als sie begrüßt wurden - ich weiß nicht, ob da welche gepfiffen haben."
Erklärung: Die Bild-Zeitung hatte vergangene Woche berichtet, dass am Rande des Spiels der Bayern-Basektballer gegen Anadolu Istanbul bei der Verlesung des Namens Niko Kovac Pfiffe und Buh-Rufe der Bayern-Fans zu vernehmen gewesen seien. Das wurde als Indiz dafür angeführt, dass Kovac die Fans nicht mehr hinter sich hat.