Pavard zum FC Bayern: Was wird aus Boateng und Hummels?

Kerry Hau
10. Januar 201909:08
Die Zukunft von Mats Hummels (l.) und Jerome Boateng ist ungewiss.getty
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Der FC Bayern macht den Transfer von Benjamin Pavard perfekt. Der französische Weltmeister kommt im Sommer für 35 Millionen Euro vom VfB Stuttgart - und wirft die Frage nach der künftigen Ausrichtung der Münchner Defensive auf. Unklar ist vor allem, wie es mit Jerome Boateng und Mats Hummels weitergeht.

Passender hätte der Medienraum im Trainingslager des FC Bayern nicht dekoriert sein können, als Hasan Salihamidzic am Mittwochmittag gegen 12 Uhr Ortszeit zur Journalistenrunde erschien. Der gut gelaunte, nach fünf Tagen in der Sonne von Katar braun gebrannte Sportdirektor nahm auf einem goldverzierten Stuhl Platz, der einer Light-Version eines königlichen Throns ähnelte.

Auf diesem verkündete Salihamidzic dann folgerichtig seinen ersten Königstransfer im neuen Jahr. Benjamin Pavard, der bei nahezu allen europäischen Topklubs heiß begehrte Weltmeister aus Frankreich, habe sich für einen Wechsel von Stuttgart nach München entschieden und einen ab dem 1. Juli 2019 gültigen Vertrag an der Säbener Straße unterzeichnet. "Wir sind sehr stolz, dass wir einen solchen Spieler für uns gewinnen konnten", frohlockte Salihamidzic.

Benjamin Pavard kommt - als neuer Rechtsverteidiger?

Mit dem 35 Millionen Euro schweren Pavard-Deal schlossen die Bayern ein Langzeitprojekt ab. Bereits vor der WM hatten sie sich bei den Schwaben nach dem hochbegabten Verteidiger erkundet und eine mündliche Einigung mit Ex-Chefscout Michael Reschke erzielt.

Mit dem 22-Jährigen kommt nicht nur ein verheißungsvoller und in der Defensive vielseitig einsetzbarer Fußballer, sondern auch ein potentieller Leader für die Zukunft. Fragt sich nur, wie sich die Hintermannschaft des FCB ab 2019/20 aufstellt. Pavard kommt sowohl für die rechte Abwehrseite als auch das Abwehrzentrum in Frage. Da Joshua Kimmich ins Mittelfeld drängt und Rafinhas Vertrag nicht verlängert wird, herrscht Stand jetzt eher Bedarf auf der Position des Rechtsverteidigers. Allerdings steht noch in den Sternen, wie es mit Jerome Boateng und Mats Hummels weitergeht.

Lucas Hernandez könnte kommen - als neuer Innenverteidiger?

Pavards Weltmeister-Kollege Lucas Hernandez steht nämlich weiterhin ganz oben auf der Einkaufsliste des Bundesliga-Zweiten. "Er ist ein interessanter Spieler. Man muss schauen, was möglich ist", so Salihamidzic. Noch im Laufe des Januars wollen sich die Bayern-Bosse mit Vertretern von Atletico Madrid treffen, um über einen möglichen Hernandez-Transfer im Sommer zu sprechen. Das bestätigte Miguel Angel Gil Marin, der Geschäftsführer des spanischen Hauptstadtklubs, bereits vor dem Jahreswechsel im Gespräch mit SPOX und Goal.

Sollten die Bayern Hernandez, einen vornehmlich als Innenverteidiger einsetzbaren Linksfuß, für 80 Millionen Euro aus seinem Vertrag kaufen, herrscht fast schon ein Überangebot an Optionen für das Abwehrzentrum. Hernandez kann wie im französischen Nationalteam zwar auch die linke Defensivseite beackern, hat mit David Alaba aber einen starken Konkurrenten. Der FCB wird keinen Spieler für so viel Geld holen, um ihn als Backup für den Österreicher einzuplanen.

Und da sich Niklas Süle spätestens nach seinen starken Leistungen in der Hinrunde auf dem besten Wege zum neuen Abwehrchef befindet und mit 23 auch noch viele Jahre auf Top-Niveau vor sich hat, könnte das einstige Spitzenduo Boateng-Hummels der salihamidzic'schen Verjüngungskur zum Opfer fallen.

Niklas Süle und Jerome Boateng aktuell gesetzt

Boateng und Hummels, beide 30, sind nicht mehr unantastbar, weil ihre Fitness zu wünschen übrig lässt. Sie haben an Geschwindigkeit verloren und mit Verletzungsproblemen zu kämpfen. Das wirkt sich auch auf ihre Leistungen auf dem Rasen aus. Dass zumindest einer der beiden im Sommer seine Zelte in München abbricht, wenn sich an der aktuellen Gemengelage nichts ändert, ist durchaus realistisch.

Boateng hatte bereits im vergangenen Sommer offenkundig mit einem Wechsel ins Ausland geliebäugelt. Zu Manchester United wollte er aber nicht und Paris Saint-Germain pokerte zu hoch, bis sich Thomas Tuchel schließlich für Thilo Kehrer von Schalke 04 entschied.

Allerdings spielte sich Boateng vor der Winterpause an der Seite von Süle fest und gewann das Vertrauen von Trainer Niko Kovac. Darüber hinaus ging er sehr kritisch mit sich selbst um, sagte in einem Interview mit der Welt offen und ehrlich: "Sportlich bin ich hinter meinen Erwartungen zurückgeblieben und konnte nicht zufrieden sein."

Mats Hummels: Bindung zu München, Interesse aus England

Hummels hingegen postete am Montag auf Twitter eine Statistik mit selbst recherchierten Leistungsdaten, nachdem ihn die Bundesliga-Profis in einer kicker-Umfrage knapp vor Boateng zum "Absteiger der Hinrunde" gewählt hatten. Dafür erntete er so viel negatives Feedback, dass er seinen Post nur wenigen Stunden später wieder löschte.

Salihamidzic relativierte am Dienstag die Unruhe um den früheren Dortmunder: "Ich bin sicher, dass der Mats alles geben wird für den Klub und ich bin von seinen Qualitäten absolut überzeugt."

Für Hummels spricht, dass er im Gegensatz zu Boateng seinen Lebensmittelpunkt dauerhaft in Bayern sieht. Schon zu seiner Zeit beim BVB nutzte er seine freien Tage, um seine Familie und seine Freunde zu besuchen. Das bewog ihn 2016 letztlich auch zu einer Rückkehr an die Isar. Mit Ehefrau Cathy hat er seit kurzem einen gemeinsamen Sohn.

Sollte seine persönliche Bindung zu München im Sommer aber das einzige Argument für einen Verbleib sein, könnte er sich zumindest Angebote aus dem Ausland anhören. Einige englische Klubs, darunter der FC Chelsea und Tottenham Hotspur, sollen schon vor Weihnachten versucht haben, ihn von einem sofortigen Wechsel zu überzeugen.

Nach einem Gespräch, dem neben Salihamidzic auch Karl-Heinz Rummenigge beiwohnte, war das Thema aber schnell vom Tisch. "Es war ein gutes Gespräch", so Salihamidzic, "Mats wird in der Rückrunde gesichert bei uns spielen."

Schließlich sind Pavard und Hernandez nicht da. Noch nicht.