"Alles ist auf Standby", pflegen die meisten Spielervermittler dieser Tage zu antworten, wenn man sie nach Transferverhandlungen ihrer Klienten fragt.
Kia Joorabchian bildet dabei eine Ausnahme. Die Corona-Krise hält den Repräsentanten von Philippe Coutinho nicht davon ab, die Spekulationen um die ungewisse Zukunft seines prominentesten Spielers aufrecht zu erhalten. So zuletzt geschehen in einem Interview mit Sky Sports, als der Iraner sagte: "Coutinho hat es geliebt und genossen, in der Premier League zu spielen. Ich kann mir vorstellen, dass er gerne dorthin zurückkehren würde."
Trotz gesenkter Ablöse: Bayern nicht an Kauf interessiert
Coutinho zurück auf die Insel - die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Szenario zur Realität wird, ist nach Informationen von SPOX und Goal hoch. Beim FC Barcelona, dem Hauptarbeitgeber des 27-Jährigen, hält man einen Verkauf nach England sogar für alternativlos.
Erstens hat der FC Bayern bereits Signale an die Katalanen gesendet, aufgrund anderer Pläne auf dem Transfermarkt keine feste Verpflichtung des Brasilianers nach dessen Ausleihe zu planen - auch nicht für 70 oder 80 Millionen Euro, mit denen sich die Katalanen aufgrund der Corona-Krise inzwischen anstelle der ursprünglich aufgerufenen 120 Millionen Euro zufrieden geben würden.
Zweitens kommt ein Wechsel zum schwerreichen französischen Meister Paris Saint-Germain wie schon 2019 für Coutinho nicht in Frage. Drittens wären abgesehen von den Münchnern und den Parisern in Europa nur Vertreter aus der Premier League in der Lage, neben der nach wie vor hohen Ablöse für Coutinho auch dessen Gehalt zu stemmen. Aktuell soll der Rechtsfuß leistungsabhängig zwischen zwölf und 15 Millionen Euro netto pro Jahr einstreichen.
Coutinho? Chelsea hofft zunächst auf Sancho
Welche Optionen bieten sich Coutinho auf der Insel? Der englische Goal-Korrespondent Nizaar Kinsella benennt allen voran die beiden Londoner Klubs Chelsea und Arsenal als potenzielle Abnehmer. Sowohl zu den Blues als auch zu den Gunners unterhält Coutinho-Berater Joorabchian bekanntlich beste Beziehungen, er selbst bezeichnet sich sogar als Arsenal-Fan. Allerdings könnten die neuntplatzierten Nordlondoner eine Nummer zu klein für Coutinho sein - erst recht, wenn sie in der kommenden Saison nicht in der Champions League spielen. Dem Stadtrivalen, der nach dem Abschied von Eden Hazard zu Real Madrid im vergangenen Sommer nach einem neuen Offensivstar lechzt, werden daher bessere Chancen auf eine Verpflichtung eingeräumt.
"Das muss aber nicht heißen, dass der Name Coutinho weit oben auf Chelseas Liste steht", erklärt Kinsella. Priorität habe "definitiv" ein Transfer von Jadon Sancho. "Sie wollen ihn unbedingt", sagt der Blues-Kenner über den englischen Jung-Nationalspieler, der noch bis 2022 bei Borussia Dortmund unter Vertrag steht, mehreren Medienberichten zufolge aber eher einen Transfer zu Manchester United favorisiert. Unabhängig von der Personalie Sancho könnte durch mögliche Verkäufe von Akteuren wie Willian oder Pedro weiterer Bedarf in Chelseas Offensive entstehen. Unter solchen Umständen würde Coutinho "eine sehr gute Option" für die Mannschaft von Frank Lampard darstellen, glaubt Kinsella.
Schaltet sich sogar Leicester ein?
Die Manchester-Klubs und das im vergangenen Sommer unter Mauricio Pochettino noch stark an ihm interessierte Tottenham Hotspur machen momentan hingegen keine Anstalten, sich ernsthaft um Coutinho zu bemühen. Zu Manchester United würde Coutinho aufgrund seiner Vergangenheit beim FC Liverpool ohnehin nicht wollen. Die Reds selbst wären nur gesprächsbereit, wenn der Spieler deutlichen Gehaltseinbußen offen gegenüberstehen würde.
In einem solchen Fall könnte mit Leicester City sogar ein echter Underdog in den Transferpoker einsteigen. Die auf dem dritten Platz stehenden Foxes haben neben dem wahrscheinlichen Erreichen der Champions League einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: Ihr Trainer Brendan Rodgers war derjenige, der Coutinho in Liverpool einst zu einem Top-Spieler formte, das Verhältnis der beiden gilt noch bis heute als überaus eng und herzlich.
Ob das reicht, um den Verein dazu zu veranlassen, an seine finanzielle Schmerzgrenze zu gehen, darf bezweifelt werden. Coutinho-Berater Joorabchian sagte zuletzt aber auch: "Alles ist möglich."
Setien mag Coutinho, aber Barca braucht Geld
Vor dem Saisonende stehen zunächst Gespräche mit Barca an. Trainer Quique Setien hätte wohl kein Problem damit, würde der unwahrscheinliche Fall eintreten und Coutinho nicht wechseln. Der Süddeutschen Zeitung sagte Setien am Sonntag, der Zehner sei unter Ex-Coach Ernesto Valverde falsch eingesetzt worden und benötige neben einem auf ihn zugeschnittenen System schlichtweg mehr Vertrauen seiner Vorgesetzten. "Er bietet viele Lösungen in reduzierten Räumen", schwärmte Setien. "Von seiner Art gibt es nicht viele Spieler."
Dass der wirtschaftlich angeschlagene Verein den teuren Transfer-Flop aber unbedingt von seiner Gehaltsliste haben möchte und auf eine stattliche Ablösesumme angewiesen ist, um zum einen die Regularien des Financial Fairplays zu erfüllen und zum anderen Wunschtransfers wie den von Neymar (Paris Saint-Germain) oder Lautaro Martinez (Inter Mailand) in den Bereich des Möglichen zu rücken, ist ein offenes Geheimnis. Deshalb bieten ihn die Verantwortlichen ebenso wie Berater Joorabchian schon seit Wochen bei anderen Klubs an. Insbesondere in England.
Saison 2019/20: Coutinho in Zahlen
Gespielte Minuten | 2035 |
Tore | 9 |
Vorlagen | 8 |
Kreierte Großchancen | 10 |
Vergebene Großchancen | 8 |
Passquote | 83,2 % |
Zweikampfquote | 51,9 % |