Kommentar zum Streit zwischen Manuel Neuer und dem FC Bayern: Nur Verlierer - allen voran Brazzo

Manuel Neuer rückt Hasan Salihamidzic mit seinem Interview in ein schlechtes Licht.
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Manuel Neuer geht an die Presse, um dem FC Bayern vorzuwerfen, Inhalte vertraulicher Vertragsgespräche bewusst und teilweise verfälscht nach außen getragen zu haben. Der Kapitän gibt mit seinem Auftritt keine glückliche Figur ab. Einen erheblichen Imageschaden in der hausgemachten Posse erleidet aber auch der Klub - insbesondere in Person von Hasan Salihamidzic. Ein Kommentar.

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Man könnte ja meinen, es gebe momentan durchaus andere Probleme als die, mit denen sich der FC Bayern so herumschlägt. Dass der Zirkus Fußball aber offensichtlich auch in Zeiten einer tödlichen Pandemie weiter Unterhaltung der hollywoodreifen Kategorie bieten muss, sieht man insbesondere an dem, was gerade an der Säbener Straße vor sich geht.

Mal werden dort kleinere Fässer aufgemacht, zum Beispiel wenn Kingsley Coman mit seinem privaten Sportwagen zum Training kommt anstatt mit seinem Dienstwagen. Dann aber auch wieder größere, wie das Theater um die Verlängerung des 2021 auslaufenden Vertrags von Manuel Neuer zeigt. Mittlerweile sind die beteiligten Parteien an dem Punkt, dass sie nicht mehr anders können, als einen öffentlichen Machtkampf auszutragen. Einen Machtkampf, bei dem es nur Verlierer gibt.

Mit Sätzen wie "Das ärgert mich" und "Das kenne ich so nicht beim FC Bayern" lässt Neuer in einem Interview mit der Bild am Sonntag aufhorchen. Der Kapitän zeigt sich "irritiert" darüber, dass zuletzt immer wieder Interna hinsichtlich der gewünschten Länge und den gewünschten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seines neuen Vertrages durchsickerten.

Neuers Interview: Kurios und bedenklich

Kurios und zugleich bedenklich ist, dass er die jüngsten Berichte ausgerechnet im Gespräch mit der Zeitung ins Reich der Fabeln verweist, die ebenjene Berichte federführend verbreitet hat. Dass er gerne über 20 Millionen Euro verdienen wolle, weil Rekordneuzugang Lucas Hernandez das ja auch tue. Und dass er gerne bis zu seinem 39. Lebensjahr zwischen den Pfosten in der Allianz Arena stehen würde.

Viel bedenklicher ist aber, dass Neuer seinem langjährigen Arbeitgeber vorwirft, ihn mithilfe eines Maulwurfes gezielt zu diskreditieren. Der 34-Jährige spricht von fehlender Loyalität und Wertschätzung. Auch wenn er keine Namen nennt, so rückt er mit seinem Interview vor allem eine Person in ein schlechtes Licht: den Leiter der Verhandlungen, der in sämtliche Hintergründe eingeweiht ist. Nicht etwa Karl-Heinz Rummenigge, den Vorstandschef der Gegenwart, der sich allmählich zurückzieht. Auch nicht Oliver Kahn, den Vorstandschef der Zukunft, der sich nach seinem Amtsantritt noch in Zurückhaltung übt. Sondern Hasan Salihamidzic, den Sportvorstand.

Neuer spricht es nicht aus, aber er verdächtigt Salihamidzic und dessen Gefolge, sensible Informationen an die Presse gegeben zu haben, um sich eine bessere Verhandlungsposition zu verschaffen.

Neuer stellt Salihamidzic an den Pranger

Über welchen Kanal das auch geschehen sein mag: "Brazzo" steht als Hauptverantwortlicher nun im Zentrum der Kritik, er ist der größte Verlierer dieses Interviews. Und das ausgerechnet in einer Woche, in der ihn mit Alexander Rosen von der TSG Hoffenheim bereits ein Manager-Kollege aus der Bundesliga öffentlich verbal attackierte, weil er und sein Gefolge TSG-Jugendspieler Armindo Sieb mitten in der Corona-Krise zu einer medizinischen Untersuchung nach München bestellt hatten, ohne Rosen rechtzeitig darüber zu informieren.

Zwar ist Neuer gewiss nicht die erste Person beim FC Bayern, die einer Maulwurf-Affäre zum Opfer fällt. Er gibt mit seinem reklamierarmartigen, an der Medienabteilung des Klubs vorbeigesteuerten Vorgehen auch gewiss nicht die glücklichste Figur ab und schadet so nicht nur seinem eigenen Image, sondern auch dem Image des FC Bayern. Die Regelmäßigkeit, in der Klub-Interna derzeit und speziell in seinem Fall auch noch mit großer Detailtreue versehen nach außen dringen, ist aber fragwürdig und verwundert auch einige Spieler, die überhaupt nichts mit dem Thema am Hut haben.

Lucas Hernandez etwa, dem nachgesagt wurde, der heimliche Bestverdiener zu sein und damit so manchen Kollegen veranlasst haben soll, darunter auch Neuer, seine Gehaltswünsche nach oben zu schrauben. Diverse Spieler als Raffzähne darzustellen, das ist tatsächlich ungewöhnlich beim FC Bayern. In Zeiten wie diesen, in denen Gehaltsreduzierungen und Spenden Normalität sind und sein sollten, umso mehr.

Saison 2019/20: Manuel Neuer in Zahlen

Einsätze37
Davon zu Null15
Gegentore38
Davon außerhalb des Strafraums6
Gehaltene Elfmeter1
Paraden insgesamt85
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