Robert Lewandowski im Interview: "Die Klärung der Situation mit Klopp war notwendig"

Von Dennis Melzer
Lewandowski küsst den DFB-Pokal nach dem Sieg im Finale 2012.
© getty
Cookie-Einstellungen

 

 

Lewandowski erklärt Wechsel zu Borussia Dortmund

Danach zog es Sie nach Dortmund. Warum wechselten Sie zum BVB?

Lewandowski: Ich wusste, dass der nächste Schritt das Ausland sein muss. Außerdem wollte ich definitiv zu einem Klub wechseln, der mindestens Europa-League-Ambitionen hatte. Borussia Dortmund hatte mir bereits ein Jahr zuvor ein Angebot gemacht, aber zum damaligen Zeitpunkt wäre ein Wechsel für mich zu früh gekommen. Nach zwei Jahren fühlte ich mich bereit. Dortmund hatte in Jürgen Klopp einen überzeugenden Trainer, eine junge Mannschaft und spielte ein System, das mir entgegenkam. Diese Aspekte haben mich in meinem Vorhaben bestärkt.

Anfangs zählten Sie jedoch nicht zum Stammpersonal. Wie kam es zur Kehrtwende?

Lewandowski: Die ersten drei Monate beim BVB waren schwierig. Ich weiß aber noch ganz genau, wann sich die Situation besserte.

Erzählen Sie.

Lewandowski: Wir verloren in der Champions League ein Auswärtsspiel in Marseille. Zum damaligen Zeitpunkt wusste ich nicht so richtig, woran ich beim Trainer bin. Nach dem Spiel habe ich das Gespräch mit Jürgen Klopp gesucht und ihn ganz offen gefragt, was er von mir erwartet. Wir sprachen fast zwei Stunden, ich habe ihm gesagt, was ich auf dem Herzen hatte - und er hat mir erklärt, was er von mir erwartet. Nach diesem Gespräch hat alles besser funktioniert. Das nächste Spiel gewannen wir 4:0 gegen Augsburg, ich erzielte einen Hattrick und legte ein Tor auf.

Ein offenes Gespräch mit Jürgen Klopp als Knotenlöser?

Lewandowski: Mir war plötzlich klar, warum es anfangs nicht wie gewünscht lief. Ich habe dieses Gespräch gebraucht. Ich war sehr jung und habe erstmals in meinem Leben im Ausland gelebt. Ich habe die Sprache noch nicht perfekt gesprochen und dementsprechend auch nicht alles verstanden, was er mir gesagt hat. Das war aber egal, die Klärung der Situation war notwendig.

Was hat Klopp konkret gefordert?

Lewandowski: An den genauen Wortlaut kann ich mich nicht mehr erinnern. Es ging vielmehr um den Austausch klarer Meinungen. Ich wollte nicht in die Situation kommen, nicht richtig wahrgenommen zu werden.

Lewandowski: 2013? "Waren im Finale vielleicht etwas müde"

Sie wurden stattdessen mehr und mehr wahrgenommen. Mit dem BVB gewannen Sie das Double und zogen ins Champions-League-Finale 2013 ein. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit dem Spiel in London gegen die Bayern?

Lewandowski: Zwischen dem letzten Meisterschaftsspiel und dem Champions-League-Finale lagen zwei Wochen. Wir hatten also frei und konnten uns auf das Spiel vorbereiten. Wir haben unglaublich hart an uns gearbeitet. Trotzdem waren wir im Finale vielleicht etwas müde, ich persönlich habe schon in der 65. Minute gespürt, dass die Kraft schwindet. Dennoch habe ich viele positive Erfahrungen aus dem Finale mitgenommen.

Welche Erfahrungen waren das?

Lewandowski: Nach dem Spiel ärgert man sich über Dinge, die man besser hätte machen können. Aber ich habe erkannt, dass in einem Endspiel die Tagesform und die Erfahrung über Sieg oder Niederlage entscheiden. Wir hatten eine sehr junge Mannschaft, Bayern hingegen die größere Final-Erfahrung. Ein Jahr zuvor standen sie bereits im Endspiel, 2010 ebenfalls. Das gab den Ausschlag.

Bayern kam damals in den Genuss des ersten Triples der Klubgeschichte, Sie waren ein wichtiger Teil des zweiten. Was haben Sie im Moment des Triumphes über PSG gedacht?

Lewandowski: Dass mein größter Traum in Erfüllung gegangen ist. Das Gefühl in diesem Moment ist unglaublich, so etwas habe ich noch nie zuvor gespürt. Man realisiert, dass die harte Arbeit, die man über 20 Jahre investiert hat, belohnt wird.

Robert Lewandowski: "Wir sind immer noch im Siegermodus"

Ist eine solche Belohnung überhaupt noch zu toppen?

Lewandowski: Luft nach oben gibt es immer. Es war gut, dass nach dem Triple-Sieg nicht viel Zeit bis zum Saisonstart vergangen ist. Wir sind immer noch im Siegermodus. Solange man Fußball spielt, muss man hungrig bleiben. Nach ganz oben zu kommen, ist schwierig. Aber ganz oben zu bleiben, ist noch schwieriger. Jetzt müssen wir noch mehr Prozent geben. Am Ende der Karriere darf man dann zurückblicken und sich an den gewonnenen Titeln erfreuen.

Wenn über das Turnier in Lissabon gesprochen wird, rückt besonders das 8:2 gegen Barcelona in den Fokus. Was geschah damals im Estadio Da Luz?

Lewandowski: Die erste Halbzeit hat eine ganz besondere Rolle gespielt. Wir haben viele Tore herausgespielt und perfekt gepresst. Wir hatten schnell das Gefühl, dass wir zum Sieg marschieren und das Spiel auf keinen Fall verlieren würden.

Was sagt man als Trainer in der Halbzeit, wenn die eigene Mannschaft wie im Rausch agiert?

Lewandowski: Hansi Flick hat gesagt, dass wir das Tempo weiter hochhalten sollen. Das hat gegen Barcelona gut funktioniert. Wir wollen immer mehr, wir wollen immer nach vorne spielen. Wir haben eine super erste Halbzeit gespielt, wollten das aber noch toppen. Das ist unsere DNA. Das merkt man in jeder Trainingseinheit.

FC Bayern: Lewandowski erinnert sich an die Probleme im Herbst 2019

Dabei sah es zu Beginn der vergangenen Saison nicht ansatzweise nach dem Triple-Sieg aus. Wie haben Sie die Situation insbesondere nach dem 1:5 in Frankfurt erlebt?

Lewandowski: Wir haben gemerkt, dass es nicht läuft. In diesem Spiel hat sich das ganz besonders geäußert.

Warum wurde im Anschluss alles besser?

Lewandowski: Logischerweise haben wir etwas gebraucht, um uns zu sammeln. Nach zwei oder drei Wochen lief es richtig gut. Die Spieler wussten, was der Trainer erwartet, das Selbstvertrauen kehrte zurück. Wir sind als Mannschaft gemeinsam gewachsen und haben uns besonders in puncto Spielweise positiv entwickelt. Mittlerweile können wir auf Probleme besser reagieren.

An welches Tor aus der vergangenen Saison denken Sie besonders gerne zurück?

Lewandowski: Zunächst einmal an alle Tore, die wir gemeinsam in Lissabon erzielt haben. Außerdem an meine drei Treffer gegen Schalke 04 am 2. Bundesliga-Spieltag und an meinen Doppelpack im DFB-Pokalfinale gegen Leverkusen.

Inhalt: