Natürlich musste es genau so kommen. Ein klarer Fall von: Ausgerechnet! Ach, diese Geschichten, die bekanntlich nur der Fußball schreibt! Wenn die aktive Fanszene des FC Bayern München am Samstag erstmals nach Pandemiebeginn wieder in der Südkurve der Allianz Arena hüpfen und singen wird, geht es - wie könnte es anders sein - gegen die TSG Hoffenheim von Mäzen Dietmar Hopp.
Richtig, da gibt es eine Vorgeschichte. Ende Februar 2020 eskalierte der Konflikt zwischen den Fanszenen der meisten deutschen Klubs und Hopp bei einem Spiel des FC Bayern in Hoffenheim. Der Hintergrund: Hopp diente den aktiven Fans als Symbol für den Protest gegen das aus ihrer Sicht falsche Vorgehen von Vereinen und Verbänden. Es ging um Meinungsfreiheit, Stadionverbote, Kommerzialisierung. Hopp wollte dieses Symbol aber nie sein und wehrte sich gegen die Schmähungen.
Kurz vor dem damaligen Duell zwischen Hoffenheim und dem FC Bayern verkündete das DFB-Sportgericht ein zweijähriges Auswärtsfanverbot für Fans von Borussia Dortmunder in Hoffenheim. Die Bayern-Anhänger reagierten darauf mit weiteren Schmähungen gegen Hopp, die in zwei Spielunterbrechungen und einem in der Bundesliga nie dagewesenes Nichtangriffspakt der beiden Mannschaften resultierten.
Auf die Eskalation in Hoffenheim folgten noch zwei Pflichtspiele der Münchner. Die Sorgen vor Spielabbrüchen wegen weiterer Schmähungen waren groß, aber letztlich unbegründet. Beim 1:0 im DFB-Pokal beim FC Schalke 04 und dem 2:0 in der Bundesliga gegen den FC Augsburg blieb es ruhig, ehe Corona den Spielbetrieb lahmlegte.
FC Bayern: Aktive Fans planen keine großen Hopp-Proteste
Anders als manch andere deutsche Fanszene verständigten sich die aktiven Fans des FC Bayern darauf, erst bei voller Stadionauslastung in die Kurve zurückzukehren. Am Samstag gegen Hoffenheim ist es nach exakt 594 Tagen schließlich erstmals soweit, ein neuer Eklat in Sachen Hopp ist dabei aus verschiedenen Gründen aber nicht zu erwarten.
"Wir haben aktuell keine großen Aktionen geplant. Ich möchte aber nicht ausschließen, dass es einzelne Spruchbänder geben wird", sagt Alexander Salzweger vom Club Nr. 12, der Vereinigung aktiver Fans des FC Bayern, im Gespräch mit SPOX und Goal. "Wir haben erstmal Interesse daran, unseren Verein zu unterstützen und wollen uns weniger auf diesen Nebenkriegsschauplatz konzentrieren."
Direkt nach Pandemie-Beginn wäre das noch anders gewesen, "da hätten wir die Punkte, die uns stören, gerne mehr an die Öffentlichkeit getragen". Gesänge, Symbole und Spruchbänder in der Kurve seien dafür der effektivste Weg, über die eigenen sozialen Netzwerke würden laut Salzweger deutlich weniger Menschen erreicht.
Für etwas Aufarbeitung sorgte in der Zwischenzeit immerhin die vielgelobte ZDF-Dokumentation zu der Thematik, in der ausgewogen alle Seiten beleuchtet wurden und auch zwei Vertreter von den Ultras Schickeria München ihre Sicht auf die Vorfälle erklärten.
Bayern-Fans gegen Hopp: Neue Klubführung, neue Themen
Einige Konfliktpunkte lösten sich seitdem von selbst, unter anderem die Stadionverbote von Fans verschiedenster Klubs wegen Schmähungen gegen Hopp. "Viele Stadionverbote, die damit in Zusammenhang standen, sind im letzten Jahr während Corona ausgelaufen. Die meisten Betroffenen sind jetzt wieder drinnen", erklärt Salzweger.
Beim FC Bayern kam es unterdessen zu einer Neusortierung der Klubführung: Als Nachfolger der ausgewiesenen Hopp-Unterstützer Präsident Uli Hoeneß und Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge fungieren nun die in dieser Hinsicht unbelasteten Herbert Hainer und Oliver Kahn. "Vielleicht hat auch das ein bisschen zur Entspannung beigetragen", sagt Salzweger und lobt die aktuelle "offizielle und inoffizielle" Kommunikation mit dem Klub.
Bei der Kommunikation mit den anderen Fanszenen drängten andere Themen in den Vordergrund. Salzweger nennt die ehrenamtlichen Tätigkeiten und Spendenaktionen während der Pandemie, aber auch den Widerstand gegen die Super-League-Pläne und die Reform der Champions League: "Da war Hopp gar kein Thema. Es war nicht brisant, es gab nichts Neues."
Hopp selbst arbeitete nach Pandemiebeginn mit seiner Firma CureVac unterdessen an einem Impfstoff gegen das Corona-Virus. Im Frühling 2020 kündigte er im ZDF einen Durchbruch noch im Herbst desselben Jahres an, eingetreten ist er aber bis heute nicht. "Ich gehe davon aus, dass ihm das auf die Füße fallen könnte. Nicht nur bei uns, sondern auch bei anderen Fanszenen", sagt Salzweger. "Das war ein großartiges Versprechen von ihm, das nicht funktioniert hat."