Es ist schon eigenartig. Da dominiert der FC Bayern den Gegner fast schon nach Belieben - und urplötzlich kommt der Einbruch. Ein mittlerweile bekanntes Muster, das auch gegen Leverkusen wieder zu beobachten war.
Thomas Müller brachte Bayer mit dem ersten Eigentor seiner Karriere zurück ins Spiel. Dann sorgten unnötige Ballverluste im eigenen Sechzehner (Upamecano) und im Spielaufbau dafür, dass der Rekordmeister das Spiel zur Pause sogar noch fast komplett aus der Hand gegeben hätte.
Leverkusen, bis zum Ausgleich nur mit dem Verteidigen des eigenen Tores beschäftigt, hatte plötzlich Oberwasser, drei ganz dicke Chancen zum 2:1. Wieder einmal verlor Bayern nach einer Führung die Kontrolle über das Spiel - wie schon u.a. zuletzt bei Aufsteiger Bochum (2:4). Der Unterschied: Der VfL nutzte Bayerns Einladungen, Leverkusen nicht.
Unnötige Patzer des FC Bayern machen den Gegner erst stark - das Problem ist größer, als es zunächst scheint.
"Damit spielen wir dem Gegner in die Karten, weil dort dann der Glaube entsteht, dass gegen uns was zu holen ist", kritisierte Nagelsmann nach dem Spiel die vielen Fehler bei eigenem Ballbesitz. "Leverkusen hatte nicht drei Weltklasse-Angriffe. Das waren drei vorgelegte Dinger, das müssen wir beseitigen. Die Einladungen müssen in so einer Phase einfach ein bisschen kleiner gedruckt sein."
FC Bayern: Unnötige Patzer machen den Gegner stark
Schon 16 Fehler begingen die Münchner in dieser Bundesliga-Saison, die zu einem gegnerischen Torschuss führten. Ligahöchstwert! Sieben dieser 16 Fehler machten die Bayern in der Rückrunde (ebenfalls Ligahöchstwert), schon fast so viele wie in der kompletten Hinrunde (9). Zu einem Gegentor führten immerhin nur drei Fehler, das ist Ligadurchschnitt.
Trotzdem kämpft Trainer Nagelsmann gegen eine Entwicklung, die ihm vor allem im Hinblick auf das Rückspiel im Achtelfinale der Champions am Dienstag gegen Salzburg am Dienstag (ab 21 Uhr im LIVETICKER) Sorgen bereiten dürfte. Wie sehr die Österreicher nach Ballgewinnen dem FC Bayern weh tun können, stellten sie beim 1:1 im Hinspiel schließlich eindrucksvoll unter Beweis.
Eine Erklärung für die hohe Fehleranfälligkeit habe Nagelsmann nicht, Lösungsansätze aber schon: "Wir müssen versuchen, in gewissen Phasen davon wegzukommen, in 50:50-Situationen zu sagen: 'Ich zaubere mich da hinten jetzt raus.' Hinten in der Kette oder im Aufbauspiel ist ein solche Entscheidung immer so zu fällen, dass ich die einfache Lösung wähle. Wenn ich eine spielerische Lösung will, muss ich mir ganz sicher sein."
Heißt: Nicht in Schönheit untergehen, sondern den Ball auch mal auf die Tribüne jagen, bloß kein unnötiges Risiko gehen.
FC Bayern: Nagelsmann will keine Einladungen mehr verteilen
Ein Lösungsansatz, der vor allem für Dayot Upamecano gilt. Der Franzose streut immer wieder haarsträubende Fehlpässe ein. Gegen Leverkusen geriet ihm ein Rückpass zur Torhüter Sven Ulreich viel zu kurz, Amin Adli konnte die Einladung aber nicht nutzen.
"Er ist eine Maschine im Verteidigen. Darauf darf er sich immer besinnen", sagt Nagelsmann über den Ex-Leipziger. "Ich habe aber nichts dagegen, dass er mal einen Ball in den 3. Oberrang schießt. Da sitzt aktuell eh keiner. Das ist eine einfache Lösung, die nicht super smart aussieht. Aber es sieht auch nicht super smart aus, wenn Adli an den Pfosten schießt."
Dass Innenverteidiger beim FC Bayern mehr können müssen, als Bälle unter Druck nur ins Aus zu bolzen, weiß aber natürlich auch Nagelsmann. "Grundsätzlich haben unsere Spieler schon die Überzeugung, dass sie solche Situationen spielerisch lösen können. Das ist gut", sagt der Trainer. "Es gibt aber auch Phasen, in denen wir es hinkriegen müssen, den Druck ein bisschen wegzunehmen."
Zur Not mit einem Ball in den dritten Oberrang. Denn Einladungen verteilen will Nagelsmann am besten gar nicht mehr.