Die Sehnsucht nach der nächsten Generation beim FC Bayern ist groß. Seit Thomas Müller (2008) und David Alaba (2009) gab es beim deutschen Rekordmeister keinen Spieler aus dem eigenen Nachwuchs mehr, der sich dauerhaft bei den Profis durchsetzen konnte.
Mit Ausnahme von Jamal Musiala, der in der U17 von Chelsea nach München wechselte, 2020 den Durchbruch schaffte und sich zu einer immer wichtigeren Alternative entwickelt, herrscht dahingehend Flaute.
Die Freude der Fans war deshalb riesig, als der Verein Ende Februar die Vertragsverlängerung von Gabriel Vidovic bis 2025 bekanntgab.
Der Spielmacher kickt seit der U14 in München, gilt als eines der spannendsten Talente am Campus des FC Bayern - und könnte in naher Zukunft zumindest in die Fußstapfen von Musiala treten. Im Hinspiel (1:1) im Champions League-Achtelfinale in Salzburg nominierte ihn Trainer Julian Nagelsmann erstmals in den Kader.
"Gabriel Vidovic ist ein Spieler, der technisch sehr talentiert ist und aus den Zwischenräumen für große Torgefahr sorgt", sagt Sportvorstand Hasan Salihamidzic. "Er spielt seit sechs Jahren bei uns, wurde am FC Bayern Campus bestens ausgebildet und soll bei unseren Profis den nächsten Schritt machen."
Gabriel Vidovic: In der Jugend sagte er Bayern erst ab
Seine ersten Schritte macht Vidovic in Augsburg. Vater Zoran wandert vor der Jahrtausendwende aus Kroatien aus, findet in der bayerischen Stadt eine neue Heimat. Früh fängt er an, mit Sohn Gabriel zu kicken. Der hat viel Talent, ist fußballerisch sehr schnell sehr gut.
Nach SPOX- und GOAL-Informationen fragt der FC Bayern erstmals schon 2009 wegen eines Wechsels an. Gabriel und die Familie sagen zunächst ab. Doch als 2012 die nächste Anfrage des Rekordmeister ins Haus flattert, stimmen die Vidovics schließlich zu.
"Gabi kommt aus einem guten Elternhaus. Er ist gut erzogen und höflich, bringt auch eine gewisse Demut mit, ohne dass es ihm an Selbstvertrauen fehlt", sagt Nachwuchschef Jochen Sauer zu SPOX und GOAL. Der 49-Jährige begleitet die Entwicklung Vidovics seit rund fünf Jahren.
Die ist über die Zeit so gut, dass im Sommer Nagelsmann auf den abschluss- und dribbelstarken Deutsch-Kroaten aufmerksam wird. Vidovic darf Teile der Sommervorbereitung mitmachen und bedankt sich schließlich mit Toren. In Bayerns zweiter Mannschaft ist der Rechtsfuß seitdem mehr als ein Leistungsträger - fast nichts geht ohne ihn.
Bis Ende Februar schießt er in 20 Spielen zwölf Tore, legt dazu noch sieben Treffer auf. Anfang Dezember will ihn Nagelsmann eigentlich zum Topspiel nach Dortmund mitnehmen. Nur eine Oberschenkel-Verletzung verhindert damals das Debüt im Profi-Kader.
Gabriel Vidovic: Vorbild Lionel Messi
"Er ist ein guter Fußballer, der sich stetig weiterentwickelt hat. Körperlich war er in seinem Jahrgang meistens einer der kleinsten, d.h., er hat früh gelernt, sich gegen körperlich stärkere Gegner durchzusetzen", sagt Sauer. Dazu passt: Vidovics Idol ist Lionel Messi, auch von Kroatien-Star Luka Modric schwärmt er. Wie Vidovics Vorbilder in jungen Jahren setzt ihn Reserve-Coach Martin Demichelis, früher selbst Profi beim FC Bayern, meistens als hängende Spitze ein.
Sauer sagt über Vidovics Stärken: "Fußballerisch ist Gabi top ausgebildet. Er verfügt über eine hervorragende Technik und eine hohe Spielintelligenz. Er macht mit Ball immer wieder überraschende Aktionen für den Gegner, ist zudem sehr effizient und torgefährlich, indem er selbst trifft, gefährliche Situation kreiert und Tore vorbereitet. All diese Fähigkeiten haben ihn im bisherigen Saisonverlauf bei unserer U23 ausgezeichnet."
Und gleichzeitig auch andere Interessenten auf den Plan gerufen. Nach SPOX- und GOAL-Informationen erkundigten sich zwischendurch mehrere Vereine aus der 1. und 2. Liga beim Management des kroatischen U21-Nationalspielers. Selbst der FC Barcelona soll interessiert gewesen sein.
Nach seiner Vertragsverlängerung liegt seine Zukunft nun aber erst einmal beim FC Bayern.
"Ich bin sehr glücklich über das Vertrauen des Vereins und möchte mich bei allen beim FC Bayern bedanken, die meinen bisherigen Weg begleitet haben", sagt Vidovic. "Ich weiß, dass das jetzt erst ein kleiner Schritt war, aber ich werde alles dafür tun, um noch lange für den FC Bayern spielen zu können."
Gabriel Vidovic: Lothar Matthäus sieht ein Zeichen
Dass er zum Zeitpunkt seiner Vertragsverlängerung noch ohne Profi-Einsatz war und ihn die Verantwortlichen trotzdem länger an den Verein banden, zeigt dabei nur, welches Potential sie in ihm sehen.
Das denkt auch Lothar Matthäus. Der Weltfußballer kam 1984 selbst als junger Spieler von Borussia Mönchengladbach nach München - es war der Startpunkt einer Weltkarriere.
"Es ist ein großer Sprung von der 4. Liga in die 1. Bundesliga, aber man setzt Zeichen", sagt Matthäus zu SPOX und GOAL über das Vertrauen des FC Bayern in Vidovic. "Tenor: Da ist ein Spieler, bei dem man hoffen kann, dass er vielleicht auch ganz oben seinen Teil zum Erfolg beitragen kann." Klappt das, hätte Vidovic die Sehnsucht nach der nächsten Generation damit fürs Erste gestillt.