FC Bayern: Trotz Protesten der Fans - Gut, dass One-Hit-Wonder Alexis Sánchez nie kam

Von Justin Kraft
Alexis Sanchez wechselte 2018 zu Manchester United. Vorher war ein Transfer zum FC Bayern München im Gespräch.
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Verschiedene Medien berichteten 2017 davon, dass der FC Bayern München Alexis Sánchez vom FC Arsenal zum Topverdiener machen wolle. Warum es eine gute Idee war, den Chilenen trotz Protesten der Fans nicht zu holen und wie der alternative Weg aussah.

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Nach den erfolgreichen Jahren unter Louis van Gaal, Jupp Heynckes und schließlich Pep Guardiola befand sich der FC Bayern München 2017 in einer Art Midlife-Crisis. Die Angst vor einer Zukunft ohne die Stars der Vergangenheit war riesig, die durch van Gaal geschaffene Identität auf dem Platz nicht mehr so richtig erkennbar.

Der geplante Umbruch schien nicht zu funktionieren. Ein gewohnter Reflex von Top-Klubs ist es, dem durch die Verpflichtung von Stars nachzuhelfen. Und tatsächlich: Mehrere Medien berichteten damals davon, dass Bayern Alexis Sánchez verpflichten und sogar zum Top-Verdiener machen wolle.

Ein Transfer, der bei Teilen der Fans große Begeisterung ausgelöst hätte, aber nie zustande kam. Gerade in den sozialen Netzwerken gab es viel Kritik von einigen Bayern-Fans, die der Transferpolitik zu wenig Mut unterstellten und deshalb fürchteten, den Anschluss an die europäische Spitze zu verlieren. Eine laute Minderheit forderte sogar die Entlassung von Verantwortlichen.

So groß die Enttäuschung auch war, heute können sich die Münchner glücklich schätzen, dass sie aus dem Poker ausgestiegen sind.

FC Bayern: Wann war Alexis Sánchez ein Thema?

Im Jahr 2016 übernahm Carlo Ancelotti den Trainerstuhl bei den Bayern. Nur ein Jahr später blickte er auf einige Scherben zurück. In das Jahr 2017 fallen auch die großen Gedankenspiele des FC Bayern mit Alexis Sánchez. Nach dem bitteren Champions-League-Aus gegen Real Madrid gab es die ersten Gerüchte. Mehrere Medien berichteten in Deutschland und England, dass der Chilene vom FC Arsenal als Offensivallrounder verpflichtet werden solle und so notfalls auch für Robert Lewandowski einspringen könne, wenn der ausfallen würde.

Der kicker schrieb damals sogar von der Bereitschaft des FC Bayern, neue Wege einzuschlagen. Demnach sollen die Münchner 60 Millionen Euro Ablösesumme und ein Jahresgehalt von 25 Millionen Euro brutto geboten haben.

Erst einige Wochen später stellte Uli Hoeneß bei Fox Sports klar, dass Gagen jenseits der 20-Millionen-Grenze "schwierig oder quasi nicht darstellbar" wären. Dass die Bayern sich aber um den Angreifer bemühten, steht außer Frage. Im Juli 2017 sagte Karl-Heinz Rummenigge der Bild auf eine entsprechende Nachfrage zum Bayern-Interesse: "Wir sind da nicht mehr beteiligt."

FC Bayern: Wieso war Alexis Sánchez ein Thema?

Carlo Ancelotti kam als Verwalter und galt bereits nach einer Saison mit nur einem Titel als gescheitert. Franck Ribéry und Arjen Robben zeigten erstmals Anzeichen, dass sich ihre Karrieren dem Ende neigten. Philipp Lahm und Xabi Alonso beendeten 2017 ihre Laufbahnen. Es schien, als würde die erfolgreiche Ära des Rekordmeisters ein Ende nehmen.

Zumal auch der Umbruch zunächst nicht zu funktionieren schien. Bayern hatte 2015 beispielsweise Douglas Costa und Kingsley Coman geholt, damit sie mittelfristig das Flügelduo "Robbéry" ersetzen können. Ribéry kam in der Saison 2016/17 in 18 Pflichtspielen nicht zum Einsatz, Robben in 16. Eigentlich die große Chance für Coman und Costa. Doch der Franzose wurde selbst in 23 Spielen nicht eingesetzt - größtenteils wegen mangelnder Fitness oder Verletzungen. Und auch der Brasilianer verpasste zwölf Spiele verletzt und kam darüber hinaus nie in Form.

Als Bayern im Hinspiel des Champions-League-Viertelfinals gegen Real Madrid auf Robert Lewandowski verzichten musste und insgesamt nur auf acht Abschlüsse kam, schrillten die Alarmglocken. Das Interesse an Sánchez schien da nur folgerichtig zu sein. Für den FC Arsenal war er in 51 Pflichtspieleinsätzen an 48 Toren direkt beteiligt.

Sánchez spielte die Saison seines Lebens. Für keinen anderen Klub kam der Chilene auf solche Werte. In München hätte er für Entlastung und Flexiblität sorgen können. Er wäre neben Lewandowski ein zweiter Zielspieler gewesen, der durch seine technischen Fähigkeiten aber auch als Spielmacher wichtige Arbeit hätte verrichten können.

FC Bayern: Wieso scheiterte der Wechsel von Alexis Sánchez?

Der Hauptgrund für das Scheitern des Transfers ist mit der Hoeneß-Aussage zum Gehalt bereits ausreichend erklärt. Im Januar 2018 wechselte der Angreifer aufgrund des im Sommer auslaufenden Vertrags zwar für "nur" 34 Millionen Euro zu Manchester United. Aber dort wurde er laut englischen Medien zum bestbezahlten Spieler der Premier League. Es ist wohl fair zu sagen, dass in England bereits ganz gut bezahlt wird, aber Sánchez sprengte den Rahmen nochmal.

Etwas mehr als 400.000 Euro pro Woche soll er bei den Red Devils verdient haben. Das entspricht einem Brutto-Gehalt von rund 27 Millionen Euro im Jahr. "Ich denke, dass sich Sánchez längst für einen Klub entschieden hat", sagte Rummenigge noch einige Wochen vor dem Wechsel in einem Sky-Interview: "Gehen Sie mal davon aus, dass diese Türe im Januar zu sein wird." Das war sie - und das ist auch gut so für den FC Bayern.

FC Bayern: Wieso ist es gut, dass Alexis Sánchez nicht kam?

Denn Manchester United kaufte einen Spieler, der einen außergewöhnlichen Peak hinter sich hatte. Sein vermeintlicher Durchbruch in der Saison 2016/17 war keiner auf Dauer und das war bereits damals absehbar. Sánchez war bei all seinen Stationen stets sehr abhängig davon, wie gut das Teamgefüge auf seinen Spielstil abgestimmt war. Der Chilene ist ein sehr radikaler und eigener Spielertyp, der auch mal weniger Rücksicht auf die taktische Grundordnung nimmt, um seinen Kopf durchzusetzen.

Das funktioniert nur, wenn das Team sich daran anpasst und ihm diesen Raum gibt. Beim FC Arsenal konnte Sánchez dieses freie Radikal sein. Bei einem echten Top-Klub hingegen gibt es meist mehrere Spieler, die auf Weltklasse-Niveau spielen. Im konkreten Fall hätte Sánchez neben Thomas Müller, Robert Lewandowski und den anderen Flügelspielern des Kaders wohl wenig Raum für seine besondere Spielweise bekommen.

Hinzu kommt, dass es dem Offensivmann nie so wirklich gelang, konstant zu sein. Die Saison 2016/17 bildet da eine Ausnahme. Vielleicht hätte er den Flow mitnehmen können, wenn er zu einem intakteren Team als Manchester United gewechselt wäre. Doch der FC Bayern war zu dieser Zeit selbst auf der Suche nach Konstanz und Ruhe.

FC Bayern hat alles richtig gemacht

Hätten die Münchner das vom kicker dargestellte Paket von 60 Millionen Euro Ablöse und 25 Millionen Euro Gehalt geschnürt, hätten sie wohl sehr bald weitere Führungsspieler in ihren Büros begrüßen können. Das Gehaltsniveau beim Rekordmeister ist seit 2017 nochmal deutlich gestiegen.

Allerdings haben die Bayern immer darauf geachtet, dass der Top-Verdiener keinen allzu großen Abstand in der Hierarchie hat. Sánchez hätte den Rahmen gesprengt. Bei Manchester United kam er anschließend in 45 Einsätzen nur auf 14 Torbeteiligungen.

Selbst wenn er bei den Bayern nicht derart geflopt wäre, wäre er wohl nie der Spieler gewesen, der ein Gehalt jenseits der 20 Millionen Euro gerechtfertigt hätte. Zumal die Bayern heute auf die Verpflichtungen von Kingsley Coman (21 Millionen Euro) und Serge Gnabry (acht Millionen Euro) zurückblicken können - zwei Spieler, die nicht nur günstiger waren, sondern auch besser in die mittel- und langfristige Entwicklung passten.

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