Leon Goretzka schaute ob der Frage erst verdutzt, dann überlegte er kurz, schließlich verwies er auf das Kabinen-Schweigegelübde. Aus den "heiligen Katakomben" solle nichts nach außen dringen, erklärte Goretzka nach dem 2:0-Sieg seines FC Bayern München bei Inter Mailand vergangene Woche. Die Nachwelt erfuhr somit nicht, ob sich Julian Nagelsmanns Ankündigung - oder war es eine Aufforderung? - tatsächlich zugetragen hat.
"Ich gehe davon aus, dass er morgen in der Kabine mal laut wird", hatte der Trainer des FC Bayern vor dem Spiel gesagt. Nagelsmann sprach über den womöglich zurückhaltendsten Spieler seiner Mannschaft, der gleichzeitig auch der berühmteste ist: Star-Neuzugang Sadio Mané, vor der Saison für 32 Millionen Euro vom FC Liverpool verpflichtet.
Beobachtet man den 30-jährigen Senegalesen, erscheint es relativ unvorstellbar, wie er in der Kabine eine lautstarke Ansprache halten könnte. In den Mixed Zones dieser Fußball-Welt wirkt es, als würde er am liebsten gar nicht sprechen. Und wenn er es doch mal tut, dann meist in einer kaum wahrnehmbaren Lautstärke. Abseits des Platzes lässt es Mané sowieso nicht krachen, aber auch darauf blieb er nach einem starken Start zuletzt unauffällig.
FC Bayern: Was Nagelsmann von Mané fordert
Fünf Tore schoss er in seinen ersten sechs Spielen für den Klub. Es folgten drei äußerst blasse und torlose Auftritte gegen Union Berlin, Inter und den FC Barcelona, beim 2:2 gegen den VfB Stuttgart dazwischen wurde er spät eingewechselt. "Ich kann viel besser spielen. Das weiß ich auch", sagte Mané im Anschluss an das Spiel gegen Barcelona in der Mixed Zone. Erst nach kurzem Zögern hatte er beschlossen, doch noch einige Fragen über sich ergehen zu lassen.
Etwa zeitgleich sprach Nagelsmann bei der Pressekonferenz über den unscheinbaren Superstar - und wiederholte dabei seine zuletzt oft geäußerte Hoffnung: "Ich wünsche mir, dass er noch mehr gewisse Dinge an sich zieht. Einen Tick weniger einen Mitspieler sucht, sondern versucht, ein bisschen selbstbewusster zu sein." Egal ob auf oder neben dem Platz: Mané sollte sich nach Meinung seines Trainers extrovertierter präsentieren.
"Er ist kritisch, manchmal zu kritisch, denkt zu viel nach", hatte Nagelsmann schon vor dem Barcelona-Spiel gesagt. "Er kann mehr Vertrauen in seine Führungsfähigkeiten haben. Er darf gerne noch selbstbewusster und positiv arroganter auftreten. Seine selbstlose Art habe ich ein paar Mal gelobt, zu viel ist dann auch nicht gut." Schon vor Wochen bescheinigte Nagelsmann Mané, dass er "einen Tick zu unterwürfig" sei.
Sadio Mané: Leistungsabfall nach System-Umstellung
Manés sportlicher Leistungsabfall ging unterdessen mit einer taktischen Umstellung Nagelsmanns einher. Nach dem zwar spielerisch starken aber viel zu ineffizienten 1:1 gegen Borussia Mönchengladbach vor drei Wochen kehrte der Trainer vom neuen 4-2-2-2 zum gewohnten 4-2-3-1 zurück.
Bis dahin agierte Mané als Teil einer flexiblen Doppelspitze neben dem mittlerweile ebenfalls völlig außer Form geratenen Serge Gnabry oder Thomas Müller. Im Zusammenspiel konnten sie sich abwechselnd ins Mittelfeld oder auf die Flügel fallen lassen, ohne dass das Sturmzentrum verwaiste. Das neue System sieht weniger Rochaden vor, als Solospitze eingesetzt muss Mané die Position an vorderster Front in Ermangelung an Alternativen konsequenter halten.
Gewissermaßen wurde er dadurch seiner wohl größten Stärke beraubt: Die gegnerischen Verteidiger mit höchstem Tempo aus der Tiefe anzulaufen. "Sadio hat es als Zielspieler körperlich nicht leicht gegen große, starke Spieler", erklärte Nagelsmann nach dem Inter-Spiel, lobte gleichzeitig aber auch dessen Laufwege.
Gegen Barcelona testete Nagelsmann Mané erstmals auf seiner gelernten Position Linksaußen, Müller gab einen eher unerfolgreichen Mittelstürmer. Zu mehr Einbindung ins Kombinationsspiel und Torgefahr führte das aber nicht. Wie schon gegen Inter zählte Mané auch gegen Barcelona zu den Bayern-Spielern mit den wenigsten Ballkontakten. Gelang ihm in Mailand immerhin ein Torschuss, war es gegen Barcelona kein einziger.
Sorgen über diese Entwicklungen macht sich Nagelsmann zumindest öffentlich nicht: Genauso mantraartig wie der Trainer zuletzt mehr Selbstbewusstsein von Mané forderte, verwies er auf sein Grundvertrauen in den neuen Superstar. Die aktuelle Schwächephase sei "ganz normal. Er muss in gewisse Abläufe noch reinkommen. Er wird unserem Spiel seinen Stempel aufdrücken."
FC Bayern: Der Spielplan der kommenden Wochen
Datum | Uhrzeit | Gegner | Ort | Wettbewerb |
17.09. | 15.30 Uhr | FC Augsburg | A | Bundesliga |
30.09. | 20.30 Uhr | Bayer Leverkusen | H | Bundesliga |
04.10. | 18.45 Uhr | Viktoria Pilsen | H | Champions League |
08.10. | 18.30 Uhr | Borussia Dortmund | A | Bundesliga |
12.10. | 21 Uhr | Viktoria Pilsen | A | Champions League |
16.10. | 15.30 Uhr | SC Freiburg | H | Bundesliga |