FC Bayern: Oliver Kahn spricht über psychischen Druck

Von Maximilian Lotz
Oliver Kahn patzte im WM-Finale 2002 gegen Brasilien.
© getty

Vorstandsboss Oliver Kahn hat offen über psychischen Druck und Versagensängsten während seiner aktiven Zeit als Torhüter beim FC Bayern München und in der Nationalmannschaft gesprochen.

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"Ich spreche gerne von einem auslösenden Moment. Das war die Niederlage im Champions-League-Finale in Barcelona damals gegen Manchester United, wo wir es geschafft haben, das in zwei von drei Minuten Nachspielzeit einfach herzugeben", sagte Kahn in dem Podcast "Alles nur im Kopf" im Gespräch mit seinem langjährigen Therapeuten Prof. Florian Holsboer.

Kahn hatte nach eigener Aussage Ende der 90er Jahre erstmals den Schweizer Neurowissenschaftler aufgesucht, um sich Hilfe zu holen. "Irgendwann habe ich gemerkt, dass, so wie ich das Ganze angegangen bin mit diesem enormen Aufwand, mit diesem immensen Training mit diesem enorm hohen Anspruch an mich selbst, irgendwann so nicht mehr funktioniert hat", beichtete der 53-Jährige. "Ich habe dann auch immer mehr die Symptome des ausgebrannt seins gespürt. Es hat alles enorm viel Kraft gekostet auf einmal. Dann macht man sich natürlich Gedanken."

Neben dem dramatischen CL-Finale 1999 war für Kahn auch das verlorene WM-Finale 2002 gegen Brasilien ein einschneidendes Erlebnis, da er die Niederlage mit einem Patzer vor dem ersten Gegentor eingeleitet hatte. "Das ist eine Szene, die ich bis heute nicht vergessen habe", sagte Kahn. "Mir schauten zwei Milliarden Menschen beim Versagen zu."

Das Bild, wie Kahn niedergeschlagen am Pfosten hockte, ging um die Welt. "Ich bin da gesessen und habe in dem Moment eher falsch gedacht. Ich habe mich mit allem beschäftigt, was auf mich zukommen wird, auch in den nächsten Monaten", sagte Kahn, dessen Gedanken damals schon um die wohl folgende mediale Berichterstattung kreisten. "Ich habe da schon wieder nach vorne geschaut, nur ist das nicht etwas, was man jetzt mal so verarbeitet in ein paar Wochen. Da braucht man schon eine gewisse Zeit der Reflexion und der Auseinandersetzung mit einem selbst."

Oliver Kahn über geworfene Bananen: "Irgendwann war es erniedrigend"

Auch die Verhöhnung durch gegnerische Fans war für Kahn auf Dauer eine Belastung. "Ich wurde jahrelang von den gegnerischen Fans mit Affenlauten bedacht und da wurden Bananen geschmissen. Das war am Anfang noch lustig, aber irgendwann war es erniedrigend. Irgendwo hat es sich nicht mehr gut angefühlt", blickte er zurück.

Kahn begrüßte zugleich den Wandel im Umgang mit psychischen Problemen. "Ich bin froh, dass wir in der heutigen Zeit leben, wo man offen über diese Themen sprechen kann. Ohne, dass das gleich zu einer enormen Stigmatisierung führt", sagte Kahn. Während seiner aktiven Zeit hätte man solche Probleme nicht immer so offen ansprechen können. "Da war es schon so: Um Gottes willen, das darf auf gar keinen Fall öffentlich werden. Das hat noch mehr Druck mit sich gebracht, dass man irgendwas verstecken muss."

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