Eine erfolgreiche Jugendarbeit wollen fast alle Fußballklubs vorweisen können. Die Identifikation mit der Mannschaft ist einfach größer, wenn einer aus den eigenen Reihen den Durchbruch in der Ersten schafft. Und außerdem bietet eine erfolgreiche Jugendarbeit auch die Möglichkeit, gute Geschäfte zu machen, wenn der Star aus dem eigenen Klub später für viel Geld weiterverkauft werden kann.
Deutschlands Vorzeigeklub, dem FC Bayern, kann man vorwerfen, in den letzten Jahren kaum noch Hochkaräter in Heimarbeit entwickelt zu haben. Zur Wahrheit gehört aber auch: Der Konkurrenzkampf um die absoluten Toptalente der Welt wird so hart geführt wie nie zuvor - und: nirgends ist der Erfolgsdruck höher als beim FCB und nirgends der Geduldsfaden dünner.
Genug der Vorrede: Analog zum BVB-Ranking kommen hier die Top-10 der Spieler, die zwischen 2000 und heute in der Bayern-Jugend kickten, dann ihren Durchbruch schafften und Karriere machten oder immer noch machen. Es zählt dabei nicht, wie gut der Kicker in der FCB-Jugend war, sondern wie seine Karriere später verlaufen ist.
FC Bayern München, Jugendspieler: Sandro Wagner (Platz 10)
in der Bayern-Jugend: | 1995 - 2006 |
Karriere: | 180 Bundesliga-Spiele, Deutscher Meister 2008, 2018, 2019, DFB-Pokal-Sieger 2008, 2018, 8 A-Länderspiele, Confed-Cup-Sieger 2017 |
Der gebürtige Münchner spielte als Kind, Jugendlicher, Heranwachsender ewig für die Bayern und absolvierte auch sein Profidebüt beim Rekordmeister, nachhaltig festsetzen konnte er sich im Starensemble aber nicht. Es hat fast etwas von Hollywood, dass er nach Stationen in Duisburg, Bremen, Bremen II, Kaiserslautern, Hertha BSC, Hertha II, Darmstadt und Hoffenheim wieder in die Heimat fand und schließlich als starker Backup eines gewissen Robert Lewandowski nochmal zwei Meisterschaften und einen Pokalsieg gewinnen und Champions-League-Luft schnuppern konnte.
Mit knapp 30 feierte er im Sommer 2017 auch sein Debüt in der Nationalmannschaft und markierte in den ersten fünf von insgesamt acht Spielen unter Joachim Löw fünf Tore. Ließ seine Karriere 2019/20 in China ausklingen, ehe er im August 2020 aufhörte. Seitdem ließ er als TV-Experte und Trainer-Novize aufhorchen. Wagners jüngster Coup: Seit September 2023 ist er Co-Trainer der deutschen Nationalmannschaft.
FC Bayern München, Jugendspieler: Holger Badstuber (Platz 9)
in der Bayern-Jugend: | 2002 - 2007 |
Karriere: | 166 Bundesliga-Spiele, Deutscher Meister 2010, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, DFB-Pokal-Sieger 2010, 2013, 2016, Champions-League-Sieger 2013, 31 A-Länderspiele, WM-Dritter 2010 |
Badstuber war mit gerade 20 so gut, dass er für den neuen Bayern-Chefcoach Louis van Gaal auf Anhieb eine feste Größe war und dieses Vertrauen auch mit Topleistungen zurückzahlte. Der Lohn: Double in der ersten Saison und um ein Haar noch der Champions-League-Triumph als Sahnehäubchen, wenn ein gewisser Diego Milito nicht gewesen wäre. Wo wir schon beim Konjunktiv sind: Was Badstuber wohl für eine Karriere hingelegt hätte, wenn er nicht so vom Verletzungspech verfolgt worden wäre, darüber lässt sich nur spekulieren.
Allein der Kreuzbandriss vom Dezember 2012, dessen Heilung sich durch eine Re-Ruptur drastisch verzögerte, kostete ihn laut transfermarkt.de 532 Tage und 143 Spiele, darunter die WM 2014. Kaum genesen folgten u.a. ein Muskelsehnenriss im Oberschenkel, ein Muskelriss im Oberschenkel und ein Bruch des Sprunggelenks. Das alles verhinderte womöglich eine Weltkarriere im Trikot des FC Bayern und der deutschen Nationalmannschaft. Badstuber spielte ab 2017 noch für Schalke, Stuttgart und Luzern, ehe er im September 2022 aufhörte.
FC Bayern München, Jugendspieler: Jamal Musiala (Platz 8)
in der Bayern-Jugend: | 2019/20 |
Karriere: | 94 Bundesliga-Spiele, Deutscher Meister 2020 (ohne Einsatz), 2021, 2022, 2023, 2016, Champions-League-Sieger 2020 (ohne Einsatz), 23 A-Länderspiele |
Musiala hat nur gerade eben die Teilnahmebedingungen erfüllt, denn wirklich viel hat er an Ausbildung beim FC Bayern nicht genossen. Nachdem er alle Jugendmannschaften beim FC Chelsea durchlaufen hatte, startete er im August 2019 in Bayerns A-Jugend, deren Saison allerdings schon im folgenden März durch die Corona-Maßnahmen beendet wurde. Der damals 17-Jährige stieg in die zweite Mannschaft der Bayern auf und debütierte wenig später schon unter Hansi Flick in der Bundesliga. Zur Saison 2020/21 war er dann fester Bestandteil des Profikaders, pulverisierte im Herbst gleich mehrere Bayern-Rekorde - und der Rest ist Geschichte.
Musiala gilt neben Spielern wie Jude Bellingham (Real Madrid) oder Gavi und Pedri (beide FC Barcelona) als einer der besten Jungprofis der Welt. Er spielte bereits bei der EM 2021 und bei der WM 2022 für die deutsche A-Nationalmannschaft. Im Mai 2023 schoss er den FC Bayern mit dem späten 2:1-Siegtreffer in Köln zum Meistertitel. To be continued ...
FC Bayern München, Jugendspieler: Emre Can (Platz 7)
in der Bayern-Jugend: | 2009 - 2011 |
Karriere: | 131 Bundesliga-Spiele, 115 Premier-League-Spiele, 37 Serie-A-Spiele, Deutscher Meister 2013, DFB-Pokal-Sieger 2013, 2021, Champions-League-Sieger 2013 (ohne Einsatz), Italienischer Meister 2019, 43 A-Länderspiele |
Mit 15 kam der gebürtige Frankfurter zum FC Bayern, mit 18 unterschrieb er beim deutschen Rekordmeister einen Profivertrag, konnte sich aber nicht auf Anhieb durchsetzen. Über eine Saison bei Bayer Leverkusen ging es für ihn 2014 zum FC Liverpool, wo er sowohl unter Brendan Rodgers als auch unter Jürgen Klopp eine gute Rolle spielte. Eins der Highlights seiner 167 Pflichtspiele für die Reds war sicher das Traumtor gegen Watford im Frühjahr 2017, das nicht nur drei Punkte brachte, sondern von der BBC auch zum Tor des Jahres gekürt wurde.
Auf Liverpool folgte Juventus, wo Can Meister wurde, dann aber eine herbe Enttäuschung erlebte, als er vom neuen Trainer Maurizio Sarri nicht in den Champions-League-Kader für die Saison 2019/2020 berufen wurde. "Das ist für mich extrem schockierend. Ich bin sauer, wütend", sagte Can damals, denn hätte er von seiner Nichtberücksichtigung vor Ende der Transferperiode erfahren, hätte er Juventus sofort verlassen. Stattdessen schloss er sich im Winter dem BVB an, mit dem er 2023 um ein Haar die deutsche Meisterschaft gewonnen hätte - mittlerweile ist er sogar Kapitän.
FC Bayern München, Jugendspieler: David Alaba (Platz 6)
in der Bayern-Jugend: | 2008 - 2010 |
Karriere: | 298 Bundesliga-Spiele, 60 LaLiga-Spiele, Deutscher Meister 2010, 2013 bis 2021 (10x), DFB-Pokal-Sieger 2010, 2013, 2014, 2016, 2019, 2020, Champions-League-Sieger 2013, 2020, 2022, Spanischer Meister 2022, Spanischer Pokalsieger 2023, 103 A-Länderspiele für Österreich |
Der Österreicher wechselte als frischgebackener 16-Jähriger von Austria Wien in die Jugend der Bayern, nur eineinhalb Jahr später feierte er beim 6:2 im DFB-Pokal gegen Greuther Fürth sein Profidebüt unter Louis van Gaal und legte dabei direkt einen Treffer für seinen späteren, langjährigen Kumpel Franck Ribéry auf.
Nach einer Leihe zu Hoffenheim in der Rückrunde 2010/11 war Alaba dann aus dem Kader der Bayern nicht mehr wegzudenken und entwickelte sich zu einem der besten Linksverteidiger der Welt. Die Erfolge gaben ihm Recht, wobei Alaba auch in der Innenverteidigung zu überzeugen wusste und von Karl-Heinz Rummenigge sogar mit Franz Beckenbauer verglichen wurde. Bitter für die Bayern-Fans: Alaba verließ den Klub nach einem langen Vertragshickhack 2021 ablösefrei zu Real Madrid, wo seine Erfolgsgeschichte bis heute weitergeht.
FC Bayern München, Jugendspieler: Mats Hummels (Platz 5)
in der Bayern-Jugend: | 1995 - 2006 |
Karriere: | 423 Bundesliga-Spiele, Deutscher Meister 2011, 2012, 2017, 2018, 2019, DFB-Pokal-Sieger 2012, 2019, 2021, 76 A-Länderspiele, Weltmeister 2014, U21-Europameister 2009 |
Hummels, der zu Beginn seiner Karriere noch als Stürmer spielte und erst auf Anraten seines Vaters zum Abwehrspieler ausgebildet wurde, durchlief sämtliche Jugendmannschaften der Roten. Seinen Durchbruch bei den Profis schaffte er aufgrund starker Konkurrenz um Lucio, Martin Demichelis und Daniel van Buyten aber nicht, weshalb er zunächst an den BVB ausgeliehen wurde und im Sommer 2009 für vier Millionen Euro fest wechselte.
Nach Meisterschaften und Pokalsieg mit den Dortmundern kehrte er 2016 für drei Jahre zu den Bayern zurück, wo er ebenfalls wieder Meister und Pokalsieger wurde. Seit 2019 kickt der Weltmeister von 2014 erneut für den BVB, wobei er mit seiner aktuellen Nationalmannschaftsnominierung im Alter von 34 Jahren gerade seinen zweiten Frühling erlebt.
FC Bayern München, Jugendspieler: Philipp Lahm (Platz 4)
in der Bayern-Jugend: | 1995 - 2001 |
Karriere: | 385 Bundesliga-Spiele, Deutscher Meister 2006, 2008, 2010, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, DFB-Pokal-Sieger 2006, 2008, 2010, 2013, 2014, 2016, Champions-League-Sieger 2013, 113 A-Länderspiele, Weltmeister 2014 |
Philipp Lahm ist wohl das Paradebeispiel des erfolgreichen Eigengewächses mit einer großen Karriere. Geboren in München, wechselte der Defensivmann bereits im Alter von 12 Jahren in die Jugend des Rekordmeisters. Dort gewann er sowohl in B- als auch A-Jugend die Meisterschaft, ehe ihm während einer zweijährigen Leihe beim VfB Stuttgart (2003-2005) auch der Durchbruch bei den Profis gelang.
Der Rest ist Geschichte - Lahm galt als absoluter Musterprofi, gewann zahlreiche Titel und widerstand auch einer Verlockung des FC Barcelonas. Seine Trainer schwärmten regelmäßig von ihm, Pep Guardiola bezeichnete ihn sogar als "intelligentesten Spieler", den er je trainiert hatte. Er hielt den Bayern bis zu seinem Karriereende 2017 im Alter von gerade mal 33 Jahren die Treue.
FC Bayern München, Jugendspieler: Thomas Müller (Platz 3)
in der Bayern-Jugend: | 2000 - 2008 |
Karriere: | 448 Bundesliga-Spiele, Deutscher Meister 2010, 2013 bis 2023 (12x), DFB-Pokal-Sieger 2010, 2013, 2014, 2016, 2019, 2020, Champions-League-Sieger 2013, 2020, 123 A-Länderspiele, Weltmeister 2014 |
Ein ähnliches Kaliber wie Philipp Lahm ist Thomas Müller, der als gebürtiger Oberbayer bereits mit 11 Jahren zu den Bayern kam und schon als kleines Kind in Bayern-Bettwäsche geschlafen hat. Wer konnte damals ahnen, dass der Traum vom Fan zur Spielerlegende Realität werden würde? Offenbar Louis van Gaal, der Müller in der Saison 2009/10 direkt zum Stammspieler erklärte (Zitat: "Müller spielt immer!")
Dem Niederländer hatte es Müller auch zu verdanken, dass er seinen Durchbruch in München ganz ohne Leihe schaffte - und der Offensivmann lieferte konstant ab, sah Stars kommen und gehen. Doch Müller blieb immer der Alte, begeistert mit seiner unnachahmlichen Art Mitspieler, Fans und Offizielle gleichermaßen. Rekordhalter bei gewonnen Meistertiteln (12) oder zweitmeisten UCL-Siegen (101) nach Cristiano Ronaldo.
FC Bayern München, Jugendspieler: Bastian Schweinsteiger (Platz 2)
in der Bayern-Jugend: | 1998 - 2002 |
Karriere: | 342 Bundesliga-Spiele, 85 MLS-Spiele, 18 Premier-League-Spiele, Deutscher Meister 2003, 2005, 2006, 2008, 2010, 2013, 2014, 2015, DFB-Pokal-Sieger 2003, 2005, 2006, 2008, 2010, 2013, 2014, Champions-League-Sieger 2013, Europa-League-Sieger 2017, Englischer Pokalsieger 2016, Englischer Ligapokalsieger 2017, 121 A-Länderspiele, Weltmeister 2014 |
Ähnlich wie Philipp Lahm entstammt auch Bastian Schweinsteiger der goldenen Generation in der Bayern-Jugend um die 2000er-Jahre, die neben dem Duo auch noch weitere spätere Bundesligaspieler wie Michael Rensing, Christian Lell, Andreas Ottl, Piotr Trochowski oder Zvjezdan Misimovic hervorbrachte. Schweinsteiger legte aber wie Lahm die größte Karriere hin und wurde ebenso zur Bayern-Legende. Dabei war Schweinsteiger auch ein talentierter Ski-Fahrer, besiegte sogar Felix Neureuther mehrmals.
Nach 17 Jahren bei Bayern, acht Meistertiteln, einem CL-Titel und dem WM-Titel 2014 war aber klar, dass der Weg als Fußballer der richtige war für Schweinsteiger. 2015 zog es ihn schließlich zu Manchester United, wo er erneut auf Louis van Gaal traf, ehe er seine Karriere in der MLS bei Chicago Fire ausklingen ließ.
FC Bayern München, Jugendspieler: Toni Kroos (Platz 1)
in der Bayern-Jugend: | 2006/2007 |
Karriere: | 282 LaLiga-Spiele, 173 Bundesliga-Spiele, Deutscher Meister 2008, 2013, 2014, DFB-Pokal-Sieger 2008, 2013, 2014, Spanischer Meister 2017, 2020, 2022, Spanischer Pokalsieger 2023, Champions-League-Sieger 2013, 2016, 2017, 2018, 2022, 106 A-Länderspiele, Weltmeister 2014 |
Wenngleich er niemals die von Uli Hoeneß versprochene Nummer 10 beim FC Bayern tragen durfte, ist Toni Kroos vielleicht der beste und erfolgreichste Spieler, den der FC Bayern in den letzten 23 Jahren hervorgebracht hat. Bei seinem Wechsel von Hansa Rostock nach München kostete Kroos bereits als 16-Jähriger über zwei Millionen Euro. Und auch bei den Bayern fasste er schnell Fuß, ehe er in der Rückrunde 2009/10 während einer Leihe in Leverkusen unter Jupp Heynckes seinen endgültigen Durchbruch in der Bundesliga schaffte.
Der Rest ist Geschichte, wenngleich der Wechsel zum Schnäppchenpreis von gerade mal 25 Millionen Euro zu Real Madrid als frischgebackener Weltmeister im Sommer 2014 bis heute jeden Bayern-Fan schmerzen dürfte. Hat mittlerweile fünf CL-Titel auf dem Konto (deutscher Rekord) und ist bei den Königlichen noch viel mehr eine Legende als bei Bayern.