Der Bayern München kam beim ersten "Klassiker" gegen Borussia Dortmund am Samstag noch mit einem blauen Auge davon. In der 85. Spielminute brauchte es einen Kopfballtreffer von Jamal Musiala, um die erste Saisonniederlage in der Bundesliga abzuwenden. Was den FCB jedoch wohl noch schlimmer trifft als die verlorenen beiden Punkte beim 1:1 gegen den Dauerrivalen, ist die Verletzung seines Starstürmers Harry Kane.
Der Engländer musste gegen den BVB bereits nach 33 Minuten angeschlagen ausgewechselt werden, nachdem er sich aus nicht erkennbaren Gründen auf den Boden gesetzt und angezeigt hatte, dass er nicht weiterspielen könne. Wie am Sonntag eine MRT-Untersuchung nun ergab, hat sich der 31-Jährige einen Muskelfaserriss im rechten Oberschenkel zugezogen und wird vorerst ausfallen. Das Pokal-Achtelfinale am Dienstag gegen Meister Bayer Leverkusen wird der Engländer auf jeden Fall verpassen, teilte der Klub mit.
Für Sky-Experte Lothar Matthäus ist Kanes Ausfall zwar kein Grund, um in Panik zu verfallen. "Man kann sich auf die Spielstärke der Bayern verlassen, dass sie Chancen auf eine andere Art und Weise kreieren", sagte der Rekordnationalspieler nach dem Dortmund-Spiel. Dafür müssten die vier Offensivspieler hinter dem Mittelstürmer, "abwechselnd in den Strafraum gehen und diesen besetzen."
Aber eines ist auch klar: An die Torgefährlichkeit des Engländers - 20 Tore in 19 Pflichtspielen - kommt im ganzen Kader niemand auch nur annähernd ran. So oder so begibt sich der FC Bayern mit der Verletzung von Kane auf unbekanntes Terrain. Der englische Nationalspieler stand - abgesehen vom Pokalspiel gegen den Zweitligisten SSV Ulm - in jedem Pflichtspiel in der Saison von Beginn an auf dem Platz.
Trainer Vincent Kompany muss sich für die kommenden Tage also etwas einfallen lassen. Zum großen Glück für den Belgier hat er genügend Alternativen, auf die er zurückgreifen kann. "Wir haben viele Optionen. Thomas Müller, Mathys Tel, Serge Gnabry, Michael Olise, Leroy Sané. Kingsley Coman vielleicht nicht da vorne. Harry hat schon 20 Tore gemacht, das kannst du nicht ersetzen. Aber wir haben Spieler, die Tore machen, auch Jamal Musiala. Wir werden die Situation lösen. Wir haben genug Spieler, die die Rolle besetzen können, auch wenn man die Tore nicht eins zu eins ersetzen kann", sagte der Belgier auf der Pressekonferenz vor dem Spiel.
Wir werfen einen Blick in die Zukunft und analysieren, wer statt Kane vorne für den FCB stürmen könnte.
THOMAS MÜLLER
Die naheliegendste Lösung ist wohl Thomas Müller. "Gegen Bayer Leverkusen wird es die Lösung sein, Thomas Müller da vorne reinzustellen", ist sich auch Bayern-Insider Christian Falk sicher. Anzeichen dafür waren bereits am Samstag gegen den BVB zu erkennen.
Als Kane verletzt ausgewechselt wurde, war es nämlich Müller, der für ihn das Spielfeld betrat und seine Rolle im Sturm übernahm. Klar, Müller ist kein echter Mittelstürmer und seine Lieblingsposition ist eine andere, doch kennt der 35-Jährige die Rolle an vorderster Front ganz gut aus der Vergangenheit, aber auch aus dieser Saison.
In der laufenden Spielzeit durfte Müller dreimal als alleinige Sturmspitze ran, gegen Ulm gelangen ihm dabei sogar zwei Treffer. Müller hat nicht dieselbe Effizienz vor dem Tor wie Kane, kann dem FCB aber über viele andere Wege zu Toren verhelfen. Er setzt viel lieber seine Mitspieler in Szene und ist mehr der Vorlagengeber als Torjäger - auch wenn seine Statistiken dies aktuell nicht unbedingt zeigen.
MATHYS TEL
Nachdem Tel eine gute Vorbereitung gespielt hatte, schien seine Zeit für den großen Durchbruch in dieser Saison endlich gekommen zu sein. Eric-Maxim Choupo-Moting verließ im Sommer den Verein und der Franzose schlüpfte in die Back-up-Rolle von Kane - so besagt es die Theorie jedenfalls. In der Praxis sieht die Situation völlig anders aus.
Der 19-Jährige tut sich schwer, im Konkurrenzkampf beim Rekordmeister überhaupt auf Einsatzminuten zu kommen. Lediglich 286 Minuten stand Tel bislang auf dem Platz, und das ohne wirklich verletzt gewesen zu sein. Immerhin: Auch vier Einsätze als Stürmer stehen auf der Habenseite. Tel ist nominell gesehen nach Kane trotzdem der wohl beste "echte" Stürmer in den Reihen des Rekordmeisters und alleine deswegen eine mögliche Alternative für die kommenden Spiele, um die Zeit ohne Kane zu überbrücken.
Dass Tel vor dem Tor gefährlich sein kann, stellte er in der abgelaufenen Saison mit seinen zehn Treffern eindrucksvoll unter Beweis. Wegen seiner Schnelligkeit und Stärke im Dribbling sehen ihn die meisten Trainer jedoch eher als Außenspieler. So auch Kompany, der dem 19-Jährigen am Samstag endlich wieder nennenswerte Spielpraxis schenkte, ihn aber eben als Linksaußen und nicht als Spitze aufbot.
SERGE GNABRY
Gnabry ist, was seine Variabilität betrifft, etwas wie ein Mix aus Tel und Müller. Wie Tel ist auch Gnabry auf dem linken Flügel zu Hause, kann wie Müller aber auch bei Bedarf die Stürmer-Position bekleiden, wie er im Trikot der deutschen Nationalmannschaft beim Nations-League-Gruppenspiel gegen Ungarn bestätigen konnte. Verlernt hat er es also nicht.
Beim DFB-Team heißt der Trainer aber Julian Nagelsmann und nicht Vincent Kompany. Tatsächlich spielte Gnabry unter dem Belgier noch keine einzige Minute als Stürmer. Um Gnabrys letzten Einsatz als Mittelstürmer bei den Bayern zu finden, muss man bis auf die Saison 2022/23 zurückgehen.
Von den möglichen Kane-Alternativen ist Gnabry daher die wohl unwahrscheinlichste, zumal der 29-Jährige noch gar nicht zu hundert Prozent fit ist. Das Spitzenspiel gegen Dortmund verpasste er aufgrund von Kniebeschwerden.
FC Bayern München: Die nächsten Spiele des FCB
Datum | Partie | Wettbewerb |
3. Dezember | FC Bayern München - Bayer Leverkusen | DFB-Pokal |
7. Dezember | FC Bayern München - 1. FC Heidenheim | Bundesliga |
10. Dezember | Shakhtar Donezk - FC Bayern München | Champions League |