Außerdem äußert sich der 46 Jahre alte Brasilianer kritisch zu sozialen Medien, relativiert das altbekannte Maulwurf-Problem bei den Münchnern und nimmt zwei Oldies in die Pflicht.
SPOX/Goal: Herr Elber, laut Uli Hoeneß geht der FC Bayern als Außenseiter ins Topspiel gegen Borussia Dortmund. Würden Sie das so unterschreiben?
Giovane Elber: Ja, ganz klar. Dortmund ist auch für mich der Favorit, und zwar nicht nur, weil sie vor ihren eigenen Fans spielen. Sie haben jetzt zwar gegen Atletico verloren, aber in der Bundesliga klappt bei ihnen zurzeit einfach alles. Sie funktionieren als Mannschaft sehr gut, haben viele junge und hungrige Spieler. Selbst das Rotationsprinzip von Lucien Favre geht auf. Man muss schon sagen: Der BVB macht das sehr gut und steht zu Recht ganz oben.
SPOX/Goal: Auf der anderen Seite läuft es beim FC Bayern sehr holprig. Tabellenplatz drei, vier Punkte Rückstand auf Rang eins - und zum Teil inspirationsloser Fußball.
Elber: Das ist komisch. Am meisten für die Spieler selbst. Ich kann mich noch an meine aktive Zeit erinnern. Als wir mal auf Platz zwei oder drei standen, waren wir richtig genervt. Das war das Schlimmste überhaupt. Wir gingen total motiviert ins Training, wollten am liebsten jeden Tag ein Bundesliga-Spiel machen, um so schnell wie möglich Punkte zu sammeln. Der FC Bayern ist immer verpflichtet, ganz oben zu stehen. Es gibt aber in jeder Saison Phasen, in denen es einfach nicht läuft.
Elber: Bayern fehlt Spielertyp wie van Bommel
SPOX/Goal: Was macht ihnen denn Hoffnung, dass es schnell wieder besser wird?
Elber: Man hat am Anfang der Saison gesehen, wozu die Mannschaft fähig ist. Lieber läuft es jetzt nicht so gut als in der Rückrunde. Vielleicht hat dann ja der BVB Probleme (lacht). Es ist schwierig, immer bei 100 Prozent zu sein.
SPOX/Goal: Man hat manchmal den Eindruck, dem FC Bayern fehlt ein Leitwolf im Mittelfeld. Ein Leader, er auch mal dazwischenhaut.
Elber: Den gleichen Gedanken hatte ich beim Spiel gegen Freiburg auch (lacht). Ich musste an Mark van Bommel denken. So einen Spielertypen vermisst man schon. Einen Sauhund.
SPOX/Goal: War es rückblickend vielleicht ein Fehler, Arturo Vidal zum FC Barcelona ziehen zu lassen?
Elber: Das wird sich zeigen. Es gibt auch noch Javi Martinez, der diese Rolle ausfüllen kann. Aber klar ist: Schönheit allein gewinnt keine Titel. Man muss auch einen haben, der richtig in die Zweikämpfe geht.
Giovane Elber stärkt Niko Kovac den Rücken
SPOX/Goal: Trainer Niko Kovac steht arg in der Kritik. Glauben Sie, es würde bei einer Niederlage in Dortmund eng für ihn werden?
Elber: Nein, auf keinen Fall. Die Situation ist natürlich ungewöhnlich, aber Niko ist der richtige Trainer für den FC Bayern. Und ich denke, das sehen die Bosse genauso. Nach sechs Meisterschaften in Folge war auch ihnen klar, dass so eine Phase mal kommen wird. Man muss Geduld mit Niko und der Mannschaft haben.
SPOX/Goal: Sie spielten einst mit Kovac zusammen, kennen ihn sehr gut. Wie geht er mit solchen Drucksituationen um?
Elber: Sehr gut. Niko ordnet dem Fußball alles unter, konzentriert sich nur auf die Arbeit auf dem Platz, zieht einfach sein Ding durch. So war er als Spieler auch schon. Man kann zwar in keinen Menschen hineinsehen, aber er ließ sich die Kritik von außerhalb nie anmerken.
SPOX/Goal: Die Kritik an Kovac kommt zum Teil aber auch aus den eigenen Reihen. Wie bewerten Sie den umstrittenen Instagram-Post von Lisa Müller?
Elber: Gott sei Dank hatten wir damals kein Instagram, Twitter oder wie das alles heißt (lacht). Glauben Sie mir: So etwas hätte es bei uns auch gegeben. Es ist doch normal, dass eine Frau unbedingt möchte, dass ihr Mann spielt. Keine Frau der Welt möchte, dass ihr Mann nach einem Spiel nach Hause kommt und schlecht gelaunt ist, weil er nicht gespielt hat. Ein Fußballer will immer von Anfang an spielen und nicht auf der Bank sitzen. Der Post war trotzdem unglücklich. So etwas muss man in den eigenen vier Wänden lassen.
SPOX/Goal: Es macht die Sache für Kovac natürlich nicht einfacher, dass immer wieder Informationen aus der Kabine an die Öffentlichkeit dringen. Waren zu Ihrer aktiven Zeit auch schon Maulwürfe unterwegs?
Elber: Natürlich. Das ist normal. Man ist zum Teil mit 25, 30 Leuten in der Kabine. Da ist logischerweise nicht jeder immer total zufrieden. Und dann ruft manchmal ein Journalist an und man sagt irgendwas. Nicht einmal, um dem Trainer zu schaden, sondern einfach aus der Emotion heraus, weil man vielleicht gerne gespielt oder getroffen hätte. Das sind oft Kleinigkeiten, die dann ganz groß gemacht werden. Mit so etwas muss man aber leben. Vor allem beim FC Bayern. Da ist nicht immer alles eitel Sonnenschein, es gibt auch Regenperioden. Am Ende ist nur wichtig, dass der Verein über jedem Einzelnen steht. Der FC Bayern ist größer als jeder Name. Größer als Niko Kovac, größer als jeder Spieler.
Giovane Elber: "Robben und Ribery müssen Verständnis haben"
SPOX/Goal: Arjen Robben und Franck Ribery zählen trotz ihres Alters immer noch zu den ehrgeizigsten Spielern. Wenn sie nicht spielen, machen sie ihre Unzufriedenheit darüber oft deutlich. Können Sie das nachvollziehen?
Elber: Ich denke, Robben und Ribery müssen Verständnis dafür haben, wenn andere spielen. Sie sind jetzt auch nicht mehr die Jüngsten. Damit will ich nicht sagen, dass sie zu alt sind. Sie sind immer noch wichtig für den FC Bayern, gerade die jungen Spieler können extrem viel von ihnen lernen. Aber sie sind einem Alter, in dem sie ihre Leistungen nicht mehr in allen Spielen zu 100 Prozent abrufen können.
SPOX/Goal: James Rodriguez wirkt auch nicht besonders glücklich, wenn er auf der Bank sitzt. Es gibt Gerüchte um eine mögliche Rückkehr zu Real Madrid oder einen Wechsel zu Juventus Turin. Was wäre das Beste für ihn?
Elber: Beim FC Bayern zu bleiben. Er hat nach seinem Weggang aus Madrid bei uns wieder die Freude am Fußball gefunden. Er tut nicht nur dem FC Bayern, sondern auch der Bundesliga gut. Ich hoffe, dass er noch lange bei uns bleibt.
SPOX/Goal: Um Robert Lewandowski gab es ähnliche Gerüchte. Er blieb am Ende aber. Wie wichtig ist er für den FC Bayern?
Elber: Sehr, sehr wichtig. Für die Mannschaft, aber auch für den gesamten Verein. Ich glaube, die ganzen Gerüchte gingen mehr von seinem Berater aus. Aber das hat ihn in der letzten Saison natürlich beeinflusst, auch wenn jeder Mittelstürmer einmal ein paar Spiele hat, in denen er nicht trifft. Ich bin froh, dass Lewy geblieben ist. Man merkt jetzt auch, dass er mit dem Kopf, dem Herz und der Seele voll beim FC Bayern ist.