Wundertüte Wolfsburg

Von Daniel Börlein
Wolfsburg will in dieser Saison wieder in den internationalen Wettbewerb
© Getty

In den Tagen vor dem Start der neuen Bundesliga-Saison stellt SPOX alle 18 Klubs in einer Vorschau-Serie vor - mit allen Transfers, Hintergründen und der Saison-Prognose. Diesmal: VfL Wolfsburg.

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Als Felix Magath den VfL Wolfsburg vor drei Jahren verließ, waren die Niedersachsen amtierender deutscher Meister. Zur Bundesliga-Spitze zählten die Wölfe seitdem allerdings nicht mehr. Magath, seit März 2011 in seiner zweiten Amtszeit in Wolfsburg, macht aber keinen Hehl daraus, dass er wieder möglichst schnell nach ganz oben will.

Der Auftakt in die neue Saison klappte mit dem 5:0-Erfolg im Pokal bei Sechstligist Schönberg schon mal. "Es war noch nicht alles gut, aber die Richtung stimmt. Man hat gesehen, dass wir fit sind und bereit für den Bundesligastart", sagte Ivica Olic.

Das ist neu

Wenn Felix Magath das Sagen hat, dann passiert in einer Sommerpause immer einiges. So war es auch dieses Mal. Sieben neue Spieler verpflichtete der VfL-Coach, hinzu kamen etliche Akteure, die zuletzt verliehen waren.

Wirklich Chancen auf einen Stammplatz hat von den Rückkehrern allerdings lediglich Diego, der künftig wieder der Taktgeber des Wolfsburger Spiels sein soll. Für den Rest hat Magath eigentlich keinen Bedarf mehr. Der eine oder andere (z.B. Lakic) darf sich allerdings zumindest Hoffnung auf unregelmäßige Einsatzminuten machen.

Doch nicht nur die meisten Rückkehrer können sich nach einem neuen Arbeitgeber umschauen. Auch Makoto Hasebe, Alexander Madlung, Patrick Ochs und Hrvoje Cale haben keine Perspektive mehr beim VfL.

Bei der Wahl seiner Neuzugänge achtete Magath auf zwei Dinge: Jung und talentiert, wie Angreifer Bas Dost oder Rechtsverteidiger Fagner, oder erfahren und bundesliga-erprobt, wie Ivica Olic, Emanuel Pogatetz und Naldo. Die beiden letzteren bilden künftig die neue Innenverteidigung und sollen dafür sorgen, dass die notorischen Defensivprobleme Vergangenheit sind.

"Wir haben große Qualität dazu bekommen", sagt Diego Benaglio über die Neuzugänge. Der Schweizer soll künftig noch mehr Verantwortung beim VfL übernehmen und gilt als heißester Anwärter auf das Kapitänsamt, die Alternative wäre Naldo, der die Mannschaft im Pokal anführte. Fest steht: Christian Träsch muss die Binde abgeben.

Der Ex-Stuttgarter und Top-Neuzugang des letzten Jahres muss sogar ernsthaft um seinen Stammplatz fürchten. Nur von der Tribüne kann vorerst Patrick Helmes zuschauen. Die Wolfsburger Torgarantie der Rückrunde erlitt in der Vorbereitung ebenso wie Neuzugang Vaclar Pilar einen Kreuzbandriss und wird in diesem Jahr wohl nicht mehr auflaufen.

Die Taktik

Am liebsten, daraus macht Magath keinen Hehl, lässt der VfL-Coach seine Mannschaften in einem 4-4-2 mit Raute spielen. Einige Male testeten die Wölfe in der Vorbereitung auch in dieser Grundordnung, nach der Verletzung von Helmes ist das 4-4-2 allerdings nicht mehr als eine Option.

Stattdessen wird der VfL künftig im Normalfall mit drei Angreifern auflaufen, wobei Olic als Linksaußen und Dost als Mittelstürmer gesetzt sind. Um den Platz auf rechts kämpfen Vierinha, Ashkan Dejagah, eventuell auch Petr Jiracek und nach seiner Rückkehr Vaclav Pilar.

Dahinter gibt Diego den klassischen Spielmacher, abgesichert von einer Doppelsechs. Im Pokal klappte das Zusammenspiel der neuen Offensive schon recht ordentlich. Beim 5:0-Erfolg in Schönberg erzielten Olic (3), Dost und Diego die Tore.

Der Spieler im Fokus

Diego. Es schien unvorstellbar, dass der Brasilianer nochmal im VfL-Trikot aufläuft. Nach dem er am letzten Spieltag der vorvergangenen Saison aus der Kabine geflüchtet war, schien das Kapitel Wolfsburg und Diego beendet. Mit Atletico Madrid fand der Mittelfeldspieler schließlich auch einen neuen Klub (und wurde mit den Spaniern sogar Europa-League-Sieger).

Das Problem: Weder die Madrilenen noch ein anderer Klub wollte die von Wolfsburg geforderte Ablöse zahlen und Diego fest verpflichten.

So tauchte er zum Start der Vorbereitung wieder in Wolfsburg auf - und scheint sich mit seinem Team und vor allem Magath arrangiert zu haben. Zum Saisonstart wird er jedenfalls in der Startelf stehen. Nun liegt's an Diego selbst, zu zeigen, dass er noch immer - wie früher in Bremen - einer der besten Spieler der Liga ist. Recht viel weniger werden in Wolfsburg wohl weder Magath noch die Fans akzeptieren.

Das Interview

SPOX: An Ihnen waren zahlreiche Klubs interessiert. Neben Wolfsburg angeblich Juventus, Valencia, Paris, St. Petersburg und Aston Villa. Sind Sie froh, dass die Wochen der Ungewissheit vorbei sind - oder vermissen Sie es sogar, dass Sie so viel Aufmerksamkeit auf sich zogen?

Bas Dost: Es war fantastisch, mit so vielen tollen Klubs in Verbindung gebracht zu werden. Ich nahm mir damals die Freiheit heraus und genoss die Aufmerksamkeit für eine Woche, dann konzentrierte ich mich aber wieder auf das Wesentliche.

SPOX: Es gab sogar Gerüchte um ein Interesse des FC Barcelona.

Dost: Das hingegen war nur Spekulation. Ich habe mit meinen Kumpels einmal herzhaft darüber gelacht und gut war's.

Hier geht's zum kompletten Interview mit Bas Dost

Die Prognose

Wolfsburg ist auch vor dieser Saison eine Wundertüte. Auf der einen Seite ist da die hochkarätig verstärkte Abwehr, die zumindest in ihren Einzelteilen zur Bundesliga-Spitze zählt und für Qualität bürgt. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, wie die Mannschaft den Verlust der Top-Torjäger Mario Mandzukic (zum FC Bayern) und Helmes (Kreuzbandriss) kompensieren kann.

Fest steht: Das defensive Mittelfeld genügt nicht allerhöchsten Ansprüchen - weder Josue noch Jiracek, Träsch oder Polak konnten dort in vergangenen Saison dauerhaft überzeugen. So könnte es Diego sein, der den Unterschied macht zwischen einem mittelmäßigem Team und einer echten Spitzenmannschaft.

Erreicht er noch einmal sein Top-Niveau, ist Wolfsburg womöglich sogar ein Kandidat für die Champions-League-Plätze. Für die Europa League sollte es im Normalfall aber auch ohne einen Gala-Diego reichen.

Der Kader des VfL Wolfsburg