Der Wahnsinn geht weiter

Der SV Darmstadt 98 ist erstmals seit 33 Jahren wieder erstklassig
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Vor dem Start der 53. Bundesliga-Saison stellt SPOX die 18 Klubs vor - mit allen Transfers, Hintergründen und der Saison-Prognose. Diesmal: SV Darmstadt 98.

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33 Jahre ist es her, dass die Lilien zuletzt in der Bundesliga spielten. In der Saison 1981/1982 war das Böllenfalltor zuletzt erstklassig. Seitdem hat sich am Stadion relativ wenig geändert - und auch beim Verein nicht. Der SV Darmstadt 98 ist ein mehr als untypischer Bundesligist.

Die 98er verkörpern auf ihre Art immer noch einen Verein aus den Achtzigern, der ehrlichen Fußball bietet und ein Stadion besitzt, das es so im Profifußball kaum noch gibt. Ein Ort für Fußball-Romantiker eben, liefern die Lilien doch auch immer wieder spektakuläre Geschichten. Daher lautet seit diesem Jahr das Motto des SVD: "Wir Lilien. Aus Tradition anders."

Vor drei Jahren war Darmstadt sportlich eigentlich aus der 3. Liga abgestiegen, nun gibt's 2015 am "Bölle" Bundesliga-Fußball zu sehen. Bereits im Jahr zuvor feierte man einen irren Aufstieg in die 2. Liga, als man in der Relegation im Rückspiel auf der Bielefelder Alm ein 1:3 im Hinspiel noch in ein 4:2 nach Verlängerung verwandelte.

Eigentlich waren die Darmstädter im letzten Jahr Abstiegskandidat Nummer 1 in Liga zwei, doch am Ende stieg das Team von Trainer Dirk Schuster am letzten Spieltag durch einen 1:0-Sieg über den FC Pauli sogar direkt auf und machte das nächste Fußballwunder perfekt. Was ist nun im Oberhaus zu erwarten?

Das ist neu:

Darmstadt möchte nicht den gleichen Fehler wie diverse Überraschungsaufsteiger der letzten Jahre begehen und ausschließlich an der Aufstiegsmannschaft festhalten. Stattdessen verpflichtete man ausschließlich Akteure mit einer gewissen Bundesligaerfahrung. Man entschied sich auf der einen Seite bewusst zu diesem Schritt, auf der der anderen Seite war er auch nötig, da mit Romain Bregerie (FC Ingolstadt) und Hanno Behrens (1. FC Nürnberg) zwei Leistungsträger aus der Aufstiegssaison verloren gingen.

Mit Luca Caldirola kam ein Innenverteidiger, der den Platz von Bregerie einnehmen soll. Der Italiener ist für ein Jahr von Werder Bremen ausgeliehen. Neben Caldirola verpflichteten die Darmstädter Mario Vrancic vom SC Paderborn 07, der Behrens ersetzen soll. Mit Fabian Holland (Hertha BSC) und Jan Rosenthal (Eintracht Frankfurt) nahm Darmstadt zwei Spieler unter Vertrag, die bereits im letzten Jahr an die Lilien ausgeliehen waren.

Mit Konstantin Rausch (VfB Stuttgart) und Junior Diaz (1. FSV Mainz 05) kommen zwei weitere Spieler, die dank ihrer Erfahrung dem Team von Trainer Dirk Schuster mehr als gut zu Gesicht stehen. Anfang der Woche wurde schließlich noch Peter Niemeyer von Hertha BSC verpflichtet.

Zwar ist die Personalplanung in Darmstadt noch nicht abgeschlossen (ein Rechtsverteidiger und ein Stürmer sollen noch kommen), aber die bisherigen Neuzugänge sind durchaus ein gewisses Upgrade im Kader, der in den letzten Jahren vor allem durch seine Homogenität überzeugte.

Auch in Sachen Stadion tut sich etwas: Ende des nächsten Jahres soll mit dem Umbau am Böllenfalltor begonnen werden.

Die Taktik:

Wie auch in der 2. Liga setzt Schuster im Oberhaus auf ein 4-4-2/4-4-1-1-System. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf einer kompakten Defensive, aus der heraus über die schnellen Außen (Heller, Rausch) gekontert werden soll.

Der Spielaufbau findet bei den Lilien im klassischen Stil statt. Dabei agiert Dominik Stroh-Engel als Zielspieler im Sturmzentrum. Um ihn herum soll die zweite Spitze recht variabel agieren.

Im letzten Jahr war Arbeiter Marco Sailer oft der Akteur, der sich für keinen Weg zu schade war. Rosenthal und Tobias Kempe können diese Rolle ebenso ausfüllen. Ebenso Jerome Gondorf, der allerdings mehr Spielgestalter als hängende Spitze wäre und somit die defensivere Variante verkörpern würde.

Neben eines Defensivbollwerks (nur 26 Gegentore sowie 17 Zu-Null-Spiele in der 2. Liga) waren im Vorjahr vor allem die Standardsituationen eine gefährliche Waffe. Dies wird auch im Oberhaus das Mittel sein, zu dem der Aufsteiger greifen wird.

Spielerisch waren die Lilien schon in der 2. Liga kein Aushängeschild. Die Truppe lebt von ihrer Ausgeglichenheit und der Euphorie, die innerhalb und rund um die Mannschaft herrscht.

Der Spieler im Fokus:

Jerome Gondorf. Der 27-Jährige ist wohl der am meisten unterschätzte Spieler in den Reihen der Darmstädter. Der gebürtige Karlsruher ist das Gehirn in der Mittelfeldzentrale. Mit einer feinen Technik ausgestattet, beweist Gondorf seit zwei Jahren, dass er sich für keinen Zweikampf zu schade ist und verkörpert einen Box-to-box-Spieler par excellence.

Er ist pass- und ballsicher, laufstark, hat ein gutes Auge und besitzt eine bemerkenswerte Antizipationsfähigkeit. Als Schusters Musterschüler folgte Gondorf dem Trainer vom ASV Durlach zu den Stuttgarter Kickers und schließlich auch nach Darmstadt, wo er spätestens in der Aufstiegssaison zeigte, dass er für die Lilien fast unersetzbar ist.

Mit seinen 1,75 Metern gibt Gondorf meist den etwas offensiveren Part der Doppelsechs, kann aber auch als Zehner oder hängende Spitze eingesetzt werden. Wie für das gesamte Team gilt nun für Gondorf, seine Klasse auch in der Bundesliga unter Beweis zu stellen. Die Fähigkeiten, auch im Oberhaus eine eminent wichtige Rolle zu spielen, besitzt er in jedem Fall.

Jerome Gondorfs Statistiken der Saison 2014/15

Das Interview:

In der kommenden Woche werden wir ein ausführliches Interview mit Kapitän Aytac Sulu veröffentlichen.

Die Prognose:

Der Klassenerhalt wäre ein unbeschreibliches Superlativ. Man hat sich ordentlich verstärkt, lebt von der Aufstiegseuphorie in der Stadt und hat nichts zu verlieren. Zudem besitzt der SVD mit dem Böllenfalltor ein Stadion, in das nicht jeder Bundesligist mit Begeisterung fahren wird.

Fest steht schon jetzt: Die Mannschaft wird sich in jedem der 34 Spiele zerreißen und jede Bundesligasekunde genießen. Doch auch wenn der Kader qualitativ stärker besetzt ist als im Vorjahr - die Bundesliga wird eine Nummer zu groß für das Schuster-Team sein.

Allerdings waren dies bereits die Prognosen vor zwei Jahren, als das Team in die Drittliga-Saison startete. Das Ende der Geschichte ist bekannt.

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