Als der FC Ingolstadt 2004 gegründet wurde, hat wohl niemand damit gerechnet, dass man schon elf Jahre später Teil der Bundesliga sein würde. Doch strukturierte Aufbauarbeit und ein ruhiges Umfeld rund um Sportdirektor Thomas Linke machten den schnellen Erfolg für die Schanzer möglich.
Gestärkt wird der Verein zudem durch das ortsansässige Unternehmen Audi. Der Automobilkonzern hält 20 Prozent der Anteile der Profiabteilung und unterstützt den Bundesliga-Neuling finanziell. Dennoch mussten die Ingolstädter vergangene Saison mit einem Etat von nur 8,5 Millionen Euro auskommen und sind daher nicht als klassisches Werksteam anzusehen.
Als Coach Ralph Hasenhüttl den Verein vor anderthalb Jahren übernommen hat, stand der FCI auf dem letzten Platz der 2. Liga. Doch mit dem Österreicher ging es in den vergangenen 19 Monaten stets bergauf - gekrönt vom Aufstieg ins Fußballoberhaus.
Mit 64 Punkten wurde Ingolstadt souveräner Meister der 2. Liga und konnte somit frühzeitig für die Bundesliga planen. Die Frage ist nun: Wird man dort bestehen?
Das ist neu:
Bedeutende Kaderumstrukturierungen blieben aus. Die Aufstiegsmannschaft konnte komplett zusammengehalten werden, sechs scheidenden Ergänzungsspielern stehen vier Neuzugänge gegenüber.
Auf der Torwartposition soll Örjan Nyland für Konkurrenzkampf sorgen, nachdem Andre Weis den Verein verlassen hat. Der 24-Jährige kam von Molde FK und ist ein international erfahrener Mann, der sich nicht mit dem Status der Nummer zwei zufrieden geben wird.
Für die Abwehrreihe darf Hasenhüttl zwei neue Gesichter begrüßen. Innenverteidiger Romain Bregerie wechselte von Mitaufsteiger Darmstadt zu den Schanzern und wird wohl erst einmal als Backup fungieren. Auf der linken Defensivseite wird ein Neuzugang hingegen gute Chancen auf einen Stammplatz haben: Markus Suttner wird den derzeit verletzten Danilo Soares aller Voraussicht nach ersetzen. Der Österreicher kam von Austria Wien.
Während der FCI im Mittelfeld auf altbewährtes Material setzt, soll im Sturm mit Elias Kachunga ein bereits bundesligaerfahrener Mann die nötige Qualität mitbringen. Der 23-Jährige kam für die vereinsinterne Rekordablösesumme von 1,5 Millionen Euro von Absteiger Paderborn und wird sich wohl mit Moritz Hartmann und Lukas Hinterseer um den Platz im Zentrum streiten.
Die Taktik:
Wie auch in der 2. Liga wird Hasenhüttl auf sein altbewährtes 4-3-3-System setzen. Vergangene Saison überzeugte die Elf des früheren österreichischen Nationalspielers mit schnellem Gegenpressing und frühem Attackieren. Ob die Mannschaft in der Bundesliga ebenso forsch auftreten wird, bleibt abzuwarten. Wahrscheinlicher ist eine defensivere Version des bekannten Systems.
Daher wird das Hauptaugenmerk auf einem stabilen Grundgerüst liegen, in dem Benjamin Hübner und Marvin Matip als Innenverteidiger die zentralen Figuren sein werden. Letzterer war in der vergangenen Saison zweikampfstärkster Spieler der 2. Liga und sollte damit auch für die Bundesliga gewappnet sein.
Im Mittelfeld müssen Roger, Alfredo Morales und Pascal Groß die goldene Mitte zwischen Verteidigung und Angriff finden, wobei Groß der offensivere Part obliegen wird. Zudem wurde im Winter mit Max Christiansen ein vielversprechendes Talent verpflichtet, das in den nächsten Jahren ein wichtiger Bestandteil im System Hasenhüttl werden dürfte. Ein Fragezeichen steht hinter Almog Cohen, der nach einem Schienbeinbruch erst wieder in die Spur kommen muss.
Besonders im Angriff konnte der FCI in der letzten Saison überzeugen: Immerhin erzielten die Schanzer gemeinsam mit dem VfL Bochum die meisten Tore der 2. Liga. Der große Trumpf: die Unberechenbarkeit. Denn mit Hinterseer und Offensivakteur Stefan Lex kamen die beiden gefährlichsten Goalgetter des Teams in der abgelaufenen Serie auf jeweils neun Treffer. Der Rest verteilte sich auf mehrere Schultern.
Eine Schlüsselrolle in den offensiven Gedankenspielen kommt Matthew Leckie zu. Der Australier profilierte sich in der abgelaufenen Saison nicht nur mit 14 Torbeteiligungen, sondern auch durch seine unermüdliche Arbeit an vorderster Front und sorgte so häufig für wichtige Entlastung. Selten gab der Australier einen Ball verloren, war oft die erste Station im Gegenpressing der Schanzer. Mit der Verpflichtung von Kachunga dürfte die offensive Flexibilität des FCI noch einmal gesteigert werden.
Entscheidend werden wie für jeden Aufsteiger eine geschlossene Mannschaftsleistung, Kämpferherz und eine hohe Laufbereitschaft sein.
Der Spieler im Fokus:
Pascal Groß. Der 24-Jährige war vergangene Saison der Kevin de Bruyne der 2. Liga und glänzte als Top-Assistgeber. Insgesamt bereitete der gebürtige Mannheimer 23 Tore vor und setzte damit einen ligainternen Rekord. Zudem netzte er sieben Mal selbst ein.
Darüber hinaus glänzt Groß als herausragender Techniker und gilt als exzellenter Freistoßschütze. Der beidfüßige Mittelfeldmann spielt seit 2012 für die Ingolstädter und hat sich mit den meisten Ballkontakten der Liga zu einer echten Schlüsselfigur der Schanzer entwickelt.
Man darf gespannt sein, ob Groß sein Niveau auch in der Bundesliga halten kann. Die nötigen Fähigkeiten, um auch im Oberhaus auf sich aufmerksam zu machen, besitzt er definitiv.
Pascal Groß' Statistiken der Saison 2014/15
Die Prognose:
Dass sich Ingolstadt den Meistertitel der 2. Liga schnappen würde, hatte vor einem Jahr wohl kaum jemand gedacht. Genauso überraschend wäre nun der Klassenerhalt.
Kein anderer Verein im Oberhaus hat so wenige Spieler mit Bundesliga-Erfahrung im Kader wie die Schanzer. Überhaupt ist bei den Ingolstädtern lediglich Torwart Ramazan Özcan über 30 Jahre alt. Dieser Umstand könnte zu einer echten Gefahr werden, denn der Druck und die Qualität in der höchsten deutschen Spielklasse haben schon manch einem Spieler starke Probleme bereitet.
Darüber hinaus hat die Vorbereitung gezeigt, dass die Offensive des FCI trotz des breiten Stürmer-Angebots gegen kompakt stehende Teams ins Stocken gerät. Die Kaltschnäuzigkeit im Abschluss ließ des Öfteren zu Wünschen übrig - die mangelnde Torausbeute könnte in der Bundesliga zum Verhängnis werden.
Es muss schon ziemlich viel passen, damit der FCI die Klasse hält. Ähnlich wie Darmstadt wird Ingolstadt aber wiederum auch nichts zugetraut. Darin könnte ein Vorteil liegen. Wenn sich die Ingolstädter möglichst lange von der Aufstiegseuphorie tragen lassen und den taktischen Anweisungen von Hasenhüttl folgen, gibt es auch für den Außenseiter durchaus eine Chance auf eine erneute Überraschung.
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