Sehnsucht nach früher

Von Daniel Börlein
Steht bei Bayer Leverkusen derzeit im Fokus der Aufmerksamkeit: Trainer Robin Dutt
© Getty

In den ersten neun Pflichtspielen der Saison kassierte Bayer Leverkusen fünf Niederlagen. Vor dem Spiel gegen KRC Genk (20.30 Uhr im LIVE-TICKER und bei Sky) steht Trainer Robin Dutt in der Schusslinie. Der Bayer-Coach lässt eine klare Linie vermissen, sein Verhältnis zur Mannschaft scheint belastet. Die ersten Spieler denken schon an die Heynckes-Zeit zurück.

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Schlechter hätte es gar nicht beginnen können für Bert van Marwijk. Zur Saison 2004/2005 hatte der heutige Nationaltrainer der Niederlande den Chefcoach-Posten bei Borussia Dortmund übernommen und Matthias Sammer beerbt.

In den ersten beiden Pflichtspielen der Saison musste der neue BVB-Coach mit seinem Team im UI-Cup gegen den KRC Genk ran - und war dabei natürlich klarer Favorit. Doch nach einem 1:0-Hinspielerfolg in Genk, schoss ein gewisser Igor de Camargo - heute Stürmer in Gladbach - im Rückspiel in Dortmund zwei Treffer, Genk damit zu einem 2:1-Sieg und den BVB aus dem Wettbewerb.

Was für van Marwijk einen denkbar ungünstigen Einstand bedeutete, war für Genk ein Riesenerfolg. Und seitdem das letzte Aufeinandertreffen der Belgier mit einer deutschen Mannschaft. Am Mittwoch (20.30 Uhr im LIVE-TICKER und bei Sky) ist es nun mal wieder soweit: Genk reist zum Champions-League-Duell nach Leverkusen - natürlich als klarer Außenseiter.

Bayer: Fünf von neun Spielen verloren

Wie damals gegen Dortmund, gibt es auch in Leverkusen einen neuen Trainer. Robin Dutt hat "sein Genk" allerdings schon hinter sich. Der Nachfolger kassierte gleich in seinem ersten Pflichtspiel eine 3:4-Niederlage bei Zweitliga-Aufsteiger Dynamo Dresden und flog damit schon in der ersten Runde aus dem DFB-Pokal.

Der Einstand ging für Dutt also in die Hose. Und wirklich besser wurde es auch danach nicht. Nach sieben Spieltagen rangiert Bayer in der Liga auf Platz elf. Zuletzt gab's drei Pflichtspielniederlagen in Folge, bei einem Torverhältnis von 1:9. Insgesamt verlor der Werksklub fünf seiner neun Pflichtspiele.

Zu wenig für den Vize-Meister der letzten Saison. "Das ist momentan eine unbefriedigende Situation für uns", sagte Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser der "Westdeutschen Zeitung". Nach der erfolgreichen Heynckes-Ära sind die Ansprüche in Leverkusen gestiegen. Und an seinem Vorgänger wird nun auch Robin Dutt gemessen.

Dutt in der Schusslinie

Wenn ein neuer Trainer kommt, dann müsse man ihm auch die nötige Zeit geben, heißt es offiziell in Leverkusen. Doch schon jetzt steht Dutt in der Schusslinie. Die "Bild"-Zeitung hat die Partie gegen Genk bereits zu "Dutts Spiel der Wahrheit" erklärt.

Soweit will Holzhäuser nicht gehen. "In der letzten Saison waren Thomas Schaaf und Klaus Allofs in Bremen auch schon entlassen", so der Bayer-Geschäftsführer, der allerdings auch deutlich macht: "Man kann die Champions League nicht mit der Bundesliga vergleichen. Wenn wir in der Königsklasse überwintern wollen, und das ist unser erklärtes Ziel, müssen wir gegen Genk gewinnen."

Auch Dutt sieht in den Belgiern "einen Gegner, den wir hinter uns lassen müssen". Aber: "Nein, das ist kein Schicksalsspiel für mich", sagt er. Doch dass es (noch) nicht passt zwischen ihm und der Mannschaft, ist kein Geheimnis.

Der "Kicker" schrieb zuletzt, dass Teile der Mannschaft Dutts Führungsstil mittlerweile reserviert und skeptisch gegenüber stünden. Hinter vorgehaltener Hand heißt es gar, das Team arbeite mit Dutt ähnlich ungern zusammen wie mit Ex-Coach Bruno Labbadia, der sich innerhalb eines Jahres mit zahlreichen Spielern überworfen hatte.

Rolfes übt Kritik

Mit Heynckes waren Spieler wie Verantwortliche dagegen bestens zurecht gekommen. Und fast scheint es, als sehne sich der eine oder andere in die Vergangenheit zurück.

"Letztes Jahr haben wir aus einer sehr guten Ordnung gespielt, das ist natürlich auch Kräfteschonender. Wenn du sehr viel Bewegung und viele Positionswechsel hast, kann es sein, dass du das Spiel schnell entscheiden kannst. Es kann aber auch dazu führen, dass dir am Ende ein paar Körner fehlen, um Spiele zu entscheiden", kritisierte Kapitän Simon Rolfes bei "Eurosport" das Auftreten der Mannschaft unter Dutt ungewohnt offen.

Generell sei die Arbeit von Dutt "ein ganz anderer Trainer-Ansatz als bei Jupp Heynckes", so Rolfes. "Er versucht, andere Dinge reinzubringen und andere Impulse für die Mannschaft zu setzen. Grundsätzlich bedarf das Verhältnis untereinander einer Entwicklung."

Dutt lässt klare Linie vermissen

Noch ist eine Entwicklung allerdings nicht unbedingt erkennbar. Nach dem schwachen Saisonstart schien Bayer zwischenzeitlich die Kurve bekommen zu haben - um sich zuletzt wieder völlig neben der Spur zu präsentieren. Und auch Dutt lässt eine klare Linie bislang vermissen.

Nach Rene Adlers Verletzung schenkte er erst David Yelldell das Vertrauen, nahm ihn nach der Pokalpleite in Dresden wieder aus dem Tor, brachte stattdessen Fabian Giefer - und holte anschließend Bernd Leno aus Stuttgart.

Seine Ankündigung Michael Ballack und Simon Rolfes nicht gemeinsam spielen lassen zu können, warf Dutt ebenso nach nur wenigen Wochen über den Haufen, wie die geplante Versetzung von Gonzalo Castro von der Außenbahn ins defensive Mittelfeld.

Auch positive Ansätze

Allerdings, und auch dafür wurde Dutt verpflichtet, gelang es ihm bereits in den ersten Monaten, zahlreiche junge Spieler weiterzuentwickeln. Lars Bender ist aus der Mannschaft ebenso nicht mehr wegzudenken wie Stefan Reinartz oder Bernd Leno. Ömer Toprak gelang der Sprung von Freiburg nach Leverkusen ohne größere Probleme.

Und mit Danny da Costa und Karim Bellarabi debütierten zuletzt ein 18- und ein 21-Jähriger in der Bundesliga.

Ob das allerdings reicht, liegt womöglich auch an Genk. Wobei? Bert van Marwijk war nach dem Ausscheiden gegen die Belgier noch fast zweieinhalb Jahre lang BVB-Coach.

Die voraussichtlichen Mannschaftsaufstellungen:

Leverkusen: Leno - Castro, Reinartz, Toprak, Kadlec - Bender, Rolfes - Sam, Schürrle - Derdiyok (Ballack), Kießling. - Trainer: Dutt

Genk: Köteles - Anele, Simaeys, Nadson, Pudil - Buffel, Hubert, Tözser, de Bruyne - Barda, Vossen. - Trainer: Been

Schiedsrichter: Alan Kelly (Irland)

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