Bayer Leverkusen fiebert dem Champions-League-Knaller gegen den FC Barcelona (20.30 Uhr im LIVE-TICKER) entgegen. Für die Rückrunde hatte man sich beim Werksklub in der Winterpause einiges vorgenommen. Doch viele Probleme sind nach wie vor präsent. Immerhin gibt es den einen oder anderen Hoffnungsträger.
Bayer gestern - Bayer heute: Wäre da nicht der Achtelfinaleinzug in der Champions League, man würde Leverkusens Vorrunde als völlig verkorkst bezeichnen. In der Königsklasse wusste das Team von Trainer Robin Dutt regelmäßig zu überzeugen und warf immerhin den FC Valencia aus dem Rennen. In der Liga allerdings lief der Werksklub den eigenen Ansprüchen doch weit hinterher. Als Vize-Meister wollte man da anknüpfen, wo man in der Saison zuvor aufgehört hatte. Die erneute Qualifikation zur Königsklasse sollte es mindestens sein.
Die war allerdings bereits nach der Vorrunde schon in weite Ferne gerückt. Sieben Zähler lag Bayer nach 17 Spieltagen hinter den viertplatzierten Gladbachern. In der Winterpause hieß es deshalb: Wunden lecken, Fehler analysieren und dann mit neuem Schwung eine Aufholjagd starten. Die Realität sieht allerdings anders aus. Nach vier Rückrundenpartien ist Platz vier inzwischen schon zehn Punkte entfernt. 2012 sammelte die Dutt-Elf erst fünf Punkte.
"Die Ergebnisse passen derzeit nicht ganz zu den Trainingseindrücken", versucht der Bayer-Coach negative Stimmung im Keim zu ersticken. Die gezeigten Leistungen machen bislang allerdings auch nicht unbedingt Hoffnung auf baldige Besserung. Nach wie vor leistet sich die Mannschaft während eines Spiels regelmäßig ihre Auszeiten. Hinzu kommt, dass das in der Hinrunde zumindest ordentliche Defensivverhalten im neuen Jahr noch nicht richtig funktioniert. Sechs Tore kassierte Bayer in den vier Spielen bereits.
Und auch der Trainer scheint, wie in der Vorrunde, noch nach dem richtigen Schlüssel zu suchen. Zum Rückrundenauftakt gegen Mainz versuchte es Dutt mit einem 4-2-3-1, eine Woche später ließ er sein Team gegen Bremen in einem 4-4-2 mit Raute und mit Bender als zentralem Mann hinter den beiden Spitzen ran, um nun am Wochenende in Dortmund Gonzalo Castro in die offensive Zentrale zu ziehen und dahinter Bender, Reinartz und Rolfes vornehmlich Defensivaufgaben verrichten zu lassen.
Die Personalie Robin Dutt: Schon als Jupp Heynckes noch Trainer in Leverkusen war, hatte man sich bei Bayer mit Dutt beschäftigt. Der damalige Freiburg-Coach stand früh ganz oben auf der Liste der möglichen Heynckes-Nachfolger. Selbst im Training ließ Leverkusen Dutt beobachten - und war sich letztlich sicher, in ihm den geeigneten Trainer gefunden zu haben. In der Vorrunde stand Dutt allerdings fast von Beginn an in der Schusslinie.
Nicht immer war die Kritik am 47-Jährige nachvollziehbar, in Teilen allerdings berechtigt, überraschte Leverkusens Coach doch mit der einen oder anderen Maßnahme und Aussage. Doch Bayers Verantwortliche stellten sich öffentlich stets hinter Dutt. "Wir sind kein Verein, der seine Meinung von Spiel zu Spiel ändert", sagte Rudi Völler vor dem Rückrundenstart in der "Bild". "Wir sind von Robins Arbeit überzeugt."
spoxDer Sportdirektor sagte damals aber auch: "Wir haben immer noch die Qualität, uns wieder für die Champions League zu qualifizieren. Das bleibt auch unser Ziel." Daran muss sich Dutt in der Rückrunde messen lassen. Der holprige Start aus der Winterpause spielt ihm dabei nicht unbedingt in die Karten. Bislang allerdings gibt sich Leverkusens Coach betont cool und ausgeglichen. Die Diskussionen um seine Person scheinen ihn nicht zu belasten.Aber auch im neuen Jahr überrascht Dutt mit seinen Ansichten. "Ich glaube nicht, dass es ein Spiel für Michael Ballack gewesen wäre, wo es über Tempodribblings geht", sagte er nach dem BVB-Spiel auf die Frage, warum Ballack 90 Minuten auf der Bank gesessen habe. Nur: Die von Dutt aufgestellten Reinartz, Rolfes, Bender und Castro stehen nun auch nicht unbedingt im Verdacht, ausgesprochene Tempo-Dribbler zu sein.
Seite 2: Die Personalie Ballack und die Hoffnungsträger
Die Personalie Michael Ballack: Es dauerte einige Zeit, bis Michael Ballack in dieser Saison in Tritt kam. Zum Ende der Vorrunde hatte sich der 35-Jährige allerdings in der ersten Elf festgespielt und war mehr und mehr zum Kopf der Mannschaft geworden, vor allem in der Champions League und in engen Begegnungen. So war es wenig verwunderlich, dass Ballack auch zum Rückrundenauftakt gegen Mainz von Beginn an ran durfte.
Nach schwachen 60 Minuten wurde er allerdings ausgewechselt. "Einem Michael Ballack muss man auch mal ein schlechtes Spiel zugestehen", sagte Völler damals noch in Richtung derer, die Ballack kritisierten. Das Kuriose: Leverkusen selbst gestand seinem Routinier dieses schlechte Spiel nicht zu, denn seitdem hat Ballack keine Sekunde mehr gespielt.
Ob sich der ehemalige Nationalspieler in nur 60 Minuten tatsächlich um künftige Einsatzzeiten gespielt hat, scheint fraglich. Vielmehr liegt der Schluss nahe, dass Ballack deshalb außen vor ist, weil es abseits des Platzes zu Irritationen kam. Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser hatte öffentlich über den Capitano geurteilt und das "Projekt Ballack" für gescheitert erklärt, was zu Unstimmigkeiten mit Ballack-Berater Dr. Michael Becker führte.
Beide Parteien gaben dabei in der Öffentlichkeit kein gutes Bild ab, ebenso wenig wie Rudi Völler. Ballack selbst mochte sich bislang zur ganzen Situation noch überhaupt nicht äußern. Auch seine Verbannung auf die Bank nahm er bislang hin, ohne öffentlich zu klagen. Innerhalb der Mannschaft gab es allerdings Stimmen, die sich für eine Rückkehr ins Team aussprachen. "Ballack hat eine riesige Erfahrung. Gerade in Spielen wie gegen Barcelona ist er wichtig", sagte Keeper Bernd Leno.
Vorerst hat sich die Diskussion jedoch erübrigt. Ballack fällt mit einem Muskelfaserriss in der Wade drei bis vier Wochen aus. Angesichts dessen und der scheinbar aussichtlosen Situation wird deshalb bereits darüber spekuliert, ob Ballack überhaupt nochmal für Leverkusen auflaufen wird. Ein Wechsel in die USA wäre noch bis Mitte März möglich.
Die Hoffnungsträger: Ballack ist Leverkusens Sorgenkind, doch vor dem Duell gegen Barca gibt's auch den einen oder anderen Akteur, der Hoffnung macht, dass es mit Bayer im restlichen Verlauf der Saison noch bergauf geht. An der Seite von Lars Bender, Bayers einzig starkem Feldspieler der Vorrunde, haben sich inzwischen Simon Rolfes und Stefan Reinartz gefangen.
In der Offensive erhofft man sich bei Bayer einiges von der Rückkehr von Renato Augusto. Der Brasilianer feierte zuletzt sein Comeback nach monatelanger Verletzungspause und kam zu zwei Kurzeinsätzen. "Er ist für das Barca-Spiel durchaus eine Option für die Startelf", sagte Dutt. "Allerdings dürfen wir auch nicht vergessen, dass wir am Wochenende schon wieder spielen."
Augusto soll nicht voreilig ins kalte Wasser geworfen werden, schließlich erwartet man vom 24-Jährigen, dass er mittelfristig die lang vermisste Kreativität ins Bayer-Spiel zurück bringt.
Vornehmlich für defensive Stabilität soll derweil Vedran Corluka sorgen. Der Neuzugang aus Tottenham hat sich scheinbar mühelos in die Mannschaft integriert, als Rechtsverteidiger immerhin schon ein Tor vorbereitet und angedeutet, dass er die erhoffte Verstärkung sein kann.