Marseille ist seit acht Spielen in der Liga sieglos und liegt nur auf Platz neun. Als letzte Chance, die verkorkste Saison zu retten, bleibt die Königsklasse.
Immerhin Inter Mailand und Borussia Dortmund räumte die Mannschaft von Trainer Didier Deschamps schon aus dem Weg. Die Bayern sollen die nächsten sein - Frau Louis-Dreyfus ist anspruchsvoll. Zur allgemeinen Überraschung hatte die gebürtige Russin den Verein nach dem Tod ihres Ehemannes nicht verkauft, sondern übernommen.
Madame regiert mit eiserner Hand, hat diverse Vorstände gefeuert und glaubt, in Vincent Labrune den richtigen Präsidenten und in Deschamps nun endlich den richtigen Trainer gefunden zu haben.
Nach der Skandal-Ära kommt ein Patriot
Ihr Mann hatte seit der Machtübernahme 1996 mit "OM" keinen Titel gewonnen. Der Großunternehmer verschliss zwar 19 Trainer, steckte zudem 200 Millionen Euro seines Privatvermögens in den Verein - der Erfolg kam aber erst unter seiner Ehefrau zurück. 2010 holte Marseille neben der Meisterschaft den Supercup und den Ligapokal, der in Frankreich zur Teilnahme an der Europa League berechtigt. Ein Jahr später konnte der Vizemeister die Erfolge in Ligapokal und Supercup wiederholen.
Die Familie Louis-Dreyfus steht für das Olympique Marseille von heute. Nach der Ära des skandalumwitterten Bernard Tapie und dem Korruptionsskandal Anfang der neunziger Jahre hatte die Stadtverwaltung der südfranzösischen Metropole Multimillionär Louis-Dreyfus angefleht, Eigentümer und Chef von Olympique Marseille zu werden. Als guter Patriot sagte der damalige adidas-Chef zu - und zeigte schnell, was er wollte. Margarita soll Spielern und Trainer sogar einst mit dem Ausstieg gedroht haben, sollten die Ergebnisse nicht stimmen.
Der Vertrag von Deschamps bis 2014 wirkt allerdings, als wäre er aus Beton. Zwar ist der Trainer inzwischen umstritten, dennoch hält die "eiserne Lady" an ihm fest. Immerhin weiß der Welt-und Europameister auch, wie man ein Europapokal-Finale gewinnt. 1993, beim Gewinn der Trophäe in München, war der heute 44-Jährige Marseilles Kapitän.
Olympique ist ein teurer Spaß für die "eiserne Lady"
Wie lange sich Louis-Dreyfus die Misere noch anschaut, weiß allerdings niemand. Marseille hat mit 140 Millionen Euro das drittgrößte Budget aller Klubs in Frankreich nach Paris und Lyon. Unter anderem die vier französischen Nationalspieler Stéve Mandanda, Mathieu Valbuena, Löic Remy und der ehemalige Bayer Alou Diarra stehen beim Tabellenachten der Ligue 1 unter Vertrag.
Demgegenüber steht mit 14,67 Millionen Euro Verlust aber die zweithöchste Negativbilanz hinter Lyon (über 20 Millionen Euro). Kleine Klubs sind mit wenig Geld in der Liga deutlich erfolgreicher. Madame hat keine große Lust mehr, immer weiter Geld zuzuschießen.
Deschamps jedenfalls muss mehr tun, als nur die richtige Aussprache der Bayern-Spielernamen zu lernen. Unter der Woche machte er aus Schweinsteiger plötzlich etwas wie "Scheissneigère". Die Entschuldigung folgte prompt. Verbale Ausrutscher in einer Fremdsprache mögen entschuldbar sein, aber Fehler in taktischer oder psychologischer Ausrichtung selbst für einen Weltmeister nicht mehr lange. Es wird auch für ihn spannend.
Olympique Marseille im Überblick