Frage: Sie kennen den FC Barcelona wie kein anderer beim FC Bayern. Javi Martinez, was konnten Sie Ihren Mannschaftskollegen über Barca bisher berichten?
Javi Martinez: Meine Mannschaftskollegen wissen ganz genau, was für eine Aufgabe auf uns zukommt. Es wissen alle um die Qualitäten und Stärken des FC Barcelona. Ich persönlich hatte meine eigenen Erfahrungen gegen Barca in der Liga oder in der Copa del Rey, wobei erfolgreiche Erlebnisse leider eher selten waren.
Frage: Auf was muss der FC Bayern achten, damit sich diese erfolgreichen Erlebnisse einstellen?
Martinez: Man darf Barcelona nicht ins Spiel kommen lassen und ihnen keine Zeit geben nachzudenken. Wenn sie diese eine Sekunde haben, dann machen sie immer was daraus und es führt zu einem Gegentreffer. Barcelona ist eine reifere Mannschaft geworden, sie haben sich mit Jordi Alba auch noch einmal gut verstärkt. Alle Sinne müssen 180 Minuten geschärft sein.
Frage: Sie kennen einige Barcelona-Spieler persönlich. Gab es schon Kontakt?
Martinez: Wir haben uns mit Xavi und David Villa neulich bei einer Veranstaltung getroffen, aber das war vor der Auslosung. Wir wussten da noch nicht, dass wir das Glück haben, gegeneinander zu spielen. Ich habe einen guten Kontakt zu den Jungs von Barca, aber es gilt wie immer: 180 Minuten interessiert keine Freundschaft, sondern nur das Weiterkommen.
Frage: Sie tragen die Nummer 8 beim FC Bayern. Die 8 von Xavi. Ist das ein Spieler, den Sie besonders bewundern?
Martinez: Xavi war und ist für mich der beste offensive Mittelfeldspieler der Welt. Es ist eine Freude, gegen ihn antreten zu dürfen. Man kann sehr viel von ihm lernen und ich denke, das habe ich auch schon getan. Er schüttelt immer neue Tricks aus dem Ärmel. Das ist bewundernswert. Es wird wichtig, ihn aus dem Spiel zu nehmen.
Frage: Ist bei Barca nicht Lionel Messi der entscheidende Mann?
Martinez: Messi ist der beste Spieler der Welt, vielleicht sogar in der Geschichte des Fußballs. Er ist immer in der Lage den Unterschied zu machen. Wie ich mitbekommen habe, hat er sich von seiner Verletzung gut erholt. Aber wir wollen ins Finale, ganz egal wer auf dem Platz steht.
Javi Martinez im Steckbrief
Frage: Sie sagten eben, man müsse Xavi aus dem Spiel nehmen. Aber auch das Bayern-Mittelfeld ist sehr stark. Sie spielen neben Bastian Schweinsteiger. Wie würden Sie ihn beschreiben?
Martinez: Es ist ein Hochgenuss an seiner Seite zu spielen. Er hat mir gerade in meiner Anfangsphase ungemein viel geholfen, was zum Beispiel die Positionierung im Mittelfeld angeht. Er ist ein Stier, eine Naturgewalt, läuferisch 1A. Er hilft der Mannschaft defensiv wie offensiv sehr. Eine starke Persönlichkeit - genauso wie Philipp Lahm.
Frage: Der FC Bayern steht wie Barcelona für sehr viel Ballbesitz. Wird Bayern den Ball selbst behaupten oder abwarten, wie es für Gegner des FC Barcelona üblich ist?
Martinez: Unsere Mannschaft beherrscht alle Phasen eines Fußballspiels. Wir können uns auf alle Situationen einstellen und sind für alle Eventualitäten gewappnet: Tempo machen, Tempo rausnehmen. Wenn wir den Ball haben, können wir viel damit anstellen. Das haben wir in dieser Saison oft genug gezeigt.
Frage: Bayern hat zwei sehr starke Außenverteidiger mit David Alaba und Philipp Lahm. Wie entscheidend können diese Spieler in diesem Duell sein?
Martinez: Wir haben die zwei besten Außenverteidiger der Welt. David und Philipp sind gerade für den Spielaufbau sehr wichtige Spieler. Bei Philipp kommt uns seine immense Erfahrung sehr zu Gute. Er weiß genau, wann er das Spiel schnell machen muss und wann er das Tempo auch mal herausnimmt. Er trifft immer die richtige Entscheidung.
Frage: Kann der FC Bayern mit der aktuellen Mannschaft eine Fußball-Epoche prägen?
Martinez: Wir denken nicht in dieser Größenordnung. Wir denken nur daran, die maximale Anzahl an Titel zu holen und wir sind auf dem besten Weg dahin. Wir sind Meister geworden, stehen im Pokalfinale und im Halbfinale der Champions League. Darüber hinaus machen wir uns erst einmal keine Gedanken und bleiben bodenständig.
Frage: Wie schätzen Sie Jupp Heynckes' Arbeit ein?
Martinez: Man kann nicht über unseren Erfolg sprechen und den wichtigsten Bestandteil außer Acht lassen. Denn das ist der Trainer! Die Erfolge, die wir derzeit haben, gehen auf Jupp Heynckes zurück. Sie tragen seine Handschrift. Er hat für jeden Spieler ein offenes Ohr, hilft jedem Einzelnen. Selbst nach einem nicht ganz so guten Spiel baut er einen auf. Wir wollen ihm einen gebührenden Abschied bereiten, indem wir das Maximale herausholen.
Frage: Sie persönlich haben auch von ihm profitiert.
Martinez: Ja, er hat mir sehr früh das Vertrauen geschenkt, insofern weiß ich, was ich ihm zu verdanken habe und schätze seinen Beitrag sehr.
Frage: Sie hätten dieses Halbfinale genauso gut mit dem Trikot des FC Barcelona bestreiten können. Jetzt tragen Sie das andere Trikot. Ist der FC Bayern mit Ihnen der Favorit?
Martinez: Ich bin stolz und glücklich beim FC Bayern zu sein. Das Interesse Barcelonas liegt lange zurück und war auch nur eine Mediengeschichte und für mich nicht von Bedeutung. Ob wir Favorit sind, weiß ich nicht. Auch Barcelona ist gut drauf und ich denke, wir dürfen uns auf zwei schöne Spiele freuen.
Frage: Ist das Halbfinale gegen Barcelona Ihr bisheriges Karriere-Highlight?
Martinez: Man darf das WM-Finale nicht unterschätzen, ich denke das ist auch ein wichtiges Spiel gewesen. Ich bin ein Typ, der jedes Spiel wichtig nimmt und bin damit bisher gut gefahren.
Frage: Erhoffen Sie sich durch diese Spiele die Rückkehr zur Nationalmannschaft?
Martinez: Klar ist, dass ich zurückkehren möchte. Spiele wie gegen Barcelona sind da sicher hilfreich. Ich möchte der Mannschaft helfen, aber auch für mich etwas Gutes tun.
Frage: Was war für Sie in Deutschland eigentlich die größte Umstellung? Das Wetter? Die Trainingszeiten?
Martinez: Ich kann bisher ein positives Fazit ziehen. Es war in der Tat eine große Umstellung: Neues Land, neue Kultur, neue Sprache und neue Teamgefährten. Es hat ein bisschen seine Zeit gebraucht, aber da ist normal. Gott sei Dank bin ich hier gut aufgenommen worden. Nicht nur von meinem Kollegen, sondern von jedem im Verein. Klimatisch vermisse ich Spanien, aber man gewöhnt sich dran. Und man darf nicht vergessen: Ich komme aus Navarra, da schneit es ja auch immer.
Bayern vs. Barcelona: Die Bilanz