Eigentlich war es wie immer. Felipe Santana schlappte mit den Schienbeinschonern unter dem Arm ins Innere der Frankfurter Commerzbank Arena - und nahm auf der Bank Platz.
Santana tat dies schon sehr häufig bei Borussia Dortmund und weil ihm das zu viel wurde, wechselte er im Sommer den Arbeitgeber.
"Ich will 2014 für Brasilien zur WM. Ich glaube, das mit dem Wechsel von Dortmund nach Schalke verwirklichen zu können", begründete Santana.
Doch die Zwischenbilanz mutet wie ein Deja vu in blau an, auch beim Erzrivalen des BVB kommt Santana nicht über die Rolle des Reservisten hinaus. Vier Startelfeinsätze in 13 Bundesligapartien sind zu wenig, für die Endrunde in Brasilien erst recht.
Die immer strahlende Reservekraft
Santana ging aber auch nach Gelsenkirchen, um endlich das Image abzustreifen, das sich bei der Borussia Jahr für Jahr immer mehr verfestigte. Und zwar das der stets loyalen Aushilfskraft, die strahlend auf der Reservebank sitzt und niemals Stunk macht.
Der 27-Jährige möchte auf Schalke zeigen, dass er einem Team auf diesem Niveau über eine gesamte Saison helfen kann, seine phasenweisen Einsatzzeiten in Dortmund belegten das auch in der Regel.
Doch bislang ist ihm der Sprung in diese neue Rolle bei den Königsblauen aus unterschiedlichen Gründen noch nicht gelungen.
Es war auch bei S04 nicht so, dass ihm ein fester Platz in der Innenverteidigung garantiert gewesen wäre. Santana stritt sich bereits in der Saisonvorbereitung mit - dem eigentlich gesetzten - Kapitän Benedikt Höwedes und Joel Matip um die beiden Plätze. Sollte Kyriakos Papadopoulos bald wieder fit sein, steht ein nächster ernst zu nehmender Konkurrent bereit.
Die Konkurrenten wirkten angezählt
Santana rackerte im Trainingslager wie gewünscht und brachte Kopfballstärke und seine Schnelligkeit ein, die Mängel in der Spieleröffnung blieben jedoch.
Trainer Jens Keller entschied sich dann zum Auftakt im DFB-Pokal und in der Liga gegen Hamburg, ohne Santana zu spielen.
Die defensiven Lücken, die Schalke in beiden Begegnungen offenbarte, spielten Santana eigentlich in die Karten, besonders Matip wirkte angezählt. So bekam er auch prompt am 2. Spieltag eine Pause, Santana erhielt seine erste Bewährungschance.
Die versemmelte er aber zusammen mit dem gesamten Team dermaßen (0:4), dass ihm Keller seitdem nur noch 339 Minuten Einsatzzeit in der Bundesliga gönnte. Bis heute stand er wettbewerbsübergreifend nur sieben Mal von Anfang an auf dem Platz, bei 21 Möglichkeiten.
Derzeit sieht es nicht danach aus, dass Tele künftig wieder häufiger auflaufen darf. Er muss sich wieder hinten anstellen, auf seine Chance lauern und dann liefern. Wie in Dortmund also.
Parallelen zum BVB
Bisher bewertet der Innenverteidiger seine Situation nicht über und zieht Parallelen zum Start beim BVB: "Am Anfang war es auch beim BVB nicht einfach. Aber am Ende lief es und wir waren ein super Team. So wird's auch auf Schalke kommen, wenn wir uns gefunden haben."
Das mag zwar grundsätzlich stimmen, doch es wird ihm hinsichtlich der WM auf keinen Fall reichen, wenn er erst in der Rückrunde regelmäßig zum Einsatz kommen sollte. Die Zeit drängt, der Start war mies.
"Das ist eine Entscheidung des Trainers. Ich versuche meine beste Leistung zu zeigen, damit ich der Mannschaft helfen kann", sagt Santana und klingt damit schon wieder so wie in Schwarzgelb. Es scheint mit jedem weiteren Bankplatz schwieriger, sein bisheriges Image loszuwerden.
Bemüht man nun die Theorie und schaut die paar Kilometer weiter nach Dortmund, dann ist dort am Samstagabend etwas passiert, worauf Santana fünf Jahre lang vergeblich gewartet hat. Erstmals seit 2009 stand kein Mats Hummels oder Neven Subotic bei der Borussia auf dem Platz, für den Serben ist die Saison bereits jetzt vorbei. Es wäre Santanas beste Gelegenheit gewesen, wäre er noch ein weiteres Jahr beim BVB geblieben - doch das muss hypothetisch bleiben.
"Konnte ja nicht auf die Verletzungen warten"
Santana: "In Dortmund hätte mir keiner eine Verletzung garantieren können - und auf so etwas möchte ich ohnehin nicht warten. Gute Besserung an Neven. Aber ich bin auf Schalke sehr glücklich." Eine Randnotiz ist es dennoch Wert.
So ist die Situation auf Schalke nun wie skizziert, der zweite Platz neben Höwedes ist derzeit fest vergeben und Rückkehrer Papadopoulos muss Santana auch erst einmal knacken. Der Grieche, der seit einem Jahr wegen einer langwierigen Verletzung fehlt, war zuvor an der Seite von Höwedes gesetzt.
Santana muss nun in den wenigen Gelegenheiten, die sich ihm bieten werden, die "Dortmunder" Leistung zeigen. Dort gelang es ihm häufig, auch als Einwechselspieler stabil zu sein und mitzuhelfen, Vorsprünge souverän zu verteidigen. In Blau-Weiß fehlte ihm bislang die Konstanz und Selbstverständlichkeit in seinem Spiel, bis auf die Partie in Basel (1:0) und mit Abstrichen das Heimspiel gegen Leverkusen (2:0) lieferte der Brasilianer wahrlich keine Bewerbungsschreiben für mehr Einsatzzeiten ab.
Alles blau, alles neu
Als Ursache für die verfahrene Lage nennt der Neuzugang die üblichen Anpassungsschwierigkeiten: "Der Schritt zu Schalke war schwer. In Dortmund konnte ich mich blind mit den anderen verständigen. Hier sind neue Mitspieler, es gibt eine andere Spielphilosophie."
Es liegt natürlich auch daran, dass sich in Dortmund die Mechanismen mit den Jahren eingependelt haben, Santana wusste immer, was zu tun ist. Die Schalker Mannschaft sucht als Gesamtes noch nach ihrer Konstanz, das geht nicht nur Einzelnen so.
Doch für Felipe Santana wird es Zeit, die WM rückt immer näher. Er ist jetzt gefordert, wenn er im Sommer nicht zum Urlaub machen in der Heimat aufschlagen möchte.
Felipe Santana im Steckbrief