Revolution im Himmel

Pep Guardiola hat beim FC Bayern noch kein Spiel verloren
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Der FC Bayern bricht fast jede Woche einen neuen Rekord und dennoch könnte man aufgrund der Stimmung rund um den Triple-Sieger auf eine Krise schließen. Dabei steckt Trainer Josep Guardiola immer noch in der Findungsphase. Die angekündigten Korrekturen im Bayern-Spiel (Di., 20.30 Uhr im LIVE-TICKER) sind daher keine Überraschung.

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Es ist, wie es immer im Berufsleben ist. Bevor der Neue kommt, eilt ihm dessen Ruf voraus. Sätze wie "Der soll ja..." und "Ich habe gehört, dass..." gehören genauso dazu wie die Profilanalyse des Unbekannten. Bevor Josep Guardiola zum FC Bayern München kam, waren viele Einschätzungen über den weltbekannten Katalanen zu lesen.

Dass er ein Taktik-Experte ist, war klar. Dass er ein akribisch arbeitender Fußball-Versessener ist, auch. Auch dass er kein ausgiebiger Freund der Medien ist, wurde übermittelt.

Einzelinterviews gibt Guardiola grundsätzlich keine - das hat sich auch in Deutschland nicht verändert. Die Pressekonferenzen vor und nach den Spielen in der Bundesliga und in der Champions League sind Pflichtveranstaltungen der Deutschen Fußball-Liga und der UEFA. Diese kann Guardiola nicht einfach ignorieren und er will das auch nicht.

Klare Ansagen

Ganz im Gegenteil: Wenn Guardiola spricht, ist das für den 42-Jährigen zwar auf Deutsch eine Anstrengung, aber keine lästige Zusatzaufgabe. Guardiola nutzt die Zusammenkunft mit den Medien für klare Ansagen.

Angefangen hat es schon bei seiner ersten Pressekonferenz, als er recht deutlich die Ansage machte, er wolle nicht viel verändern, sondern sich seinen Spielern anpassen. Es setzte sich fort im Trainingslager im Trentino, als er aus freien Stücken Thiago Alcantara zum absoluten Wunschspieler erklärte.

Zuletzt sagte der FCB-Trainer im hauseigenen "Bayern-Magazin", dass er absolute Loyalität seiner Spieler einfordere und kein Ausscheren dulde. Nach dem 2:1 bei 1899 Hoffenheim folgte dann die nächste Episode des offenen Peps: "Ich muss mein Konzept korrigieren", sagte er sichtlich unzufrieden über die Darbietung seiner Mannschaft in Sinsheim.

Ändert Pep seine Taktik?

Und was genau wolle er ändern? "Es geht um taktische Dinge." Die Details wollte er erst seinen Spielern sagen, dann vielleicht der Presse. Die Schlagzeile war dennoch geliefert: Überdenkt Pep seinen Fußball gänzlich? Wechselt Guardiola mitten in dieser Saison gar seine Taktik?

Die Antwort heißt: Nein.

"Der Trainer hat ja nicht gesagt, dass er ein neues Konzept entwickelt, sondern lediglich Korrekturen vornehmen will", sagte Philipp Lahm. Da es beim FC Bayern zuletzt spielerisch nicht so lief wie gewünscht, werde der Trainer nun diese "Korrekturen vornehmen", verriet der Kapitän. Fertig.

Gesprochen hat Guardiola - Stand Dienstag - mit der Mannschaft über die geplanten Korrekturen noch nicht. "Vielleicht sagt er es uns noch", meinte Jerome Boateng mit einem Lächeln.

Normal ist nicht genug

Es fühlt sich fast wie eine Krise an, wenn man die Äußerungen der Bayern in den letzten Tagen hört. Auch die äußere Wahrnehmung geht in diese Richtung. Tschechische Journalisten wollten am Dienstag tatsächlich wissen, wieso es bei Bayern in der Bundesliga nicht so gut laufe. Bastian Schweinsteiger, der mit dieser Frage konfrontiert wurde, konnte sein Staunen nicht verbergen.

Beim FC Bayern 2013/2014 ist die Normalität nicht mehr genug. Die Münchener feierten am Samstag die Einstellung des uralten Bundesliga-Rekords von 36 niederlagenlosen Spielen in Folge nicht - sie nahmen ihn maximal zur Kenntnis.

"Früher zu meiner Zeit hätten wir nach vier ungeschlagenen Spielen schon Champagner getrunken", sagt Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge. Und heute? "Trinken wir Wasser."

Rummenigge: Keine Ratschläge nötig

"Das Niveau des FC Bayern is in the sky", sagt auch Guardiola. Auch er hat einen persönlichen Rekord aufgestellt, indem er einen besseren Start als alle Bayern-Trainer vor ihm hinlegte. Elf Spiele, keine Niederlage. Das hat noch keiner geschafft. Hinzu kommen drei Siege in der Champions League, zwei im Pokal und der Supercup-Erfolg gegen Chelsea.

Doch auch das reicht auf diesem Level noch lange nicht, um zufrieden zu sein: Pep hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Fußball des FC Bayern zu revolutionieren. Zum einen, um den Klub-, aber auch um seinen persönlichen Erfolg zu bewerkstelligen.

Die Revolutionsarbeit ist bisher ein Wechselbad der Gefühle: Zunächst kündigte er an, nicht viel zu verändern, um dann schon im ersten Freundschaftsspiel gegen eine Fan-Auswahl das 4-1-4-1 zu testen. Der FC Bayern werde Monate brauchen, bis seine Vorstellungen auf dem Platz erfolgreich umgesetzt werden, kündigte der Heynckes-Nachfolger an.

Als es dann plötzlich gut lief, war Guardiola überrascht von der Eile seiner Schützlinge. Inzwischen aber muss er wieder einen Schritt zurück machen.

Einst gegen die Deutschen

"Das ist ein großer Test für mich als Trainer", sagt Pep. Dass er in der Bundesliga so viele "Probleme" bekommt, hätte der Katalane vor seinem Einstand nicht erwartet. "Ich bin überrascht von diesem Niveau. Es ist etwas ganz anderes, als wenn man im Europapokal gegen deutsche Klubs spielt."

Da gab es mal ein 7:1 gegen Bayer Leverkusen, ein 4:0 gegen den VfB Stuttgart, ein 4:0 gegen den FC Bayern. In der Bundesliga dagegen geriet seine Mannschaft in den letzten drei Spielen gegen Mainz, Hertha und Hoffenheim jeweils mit 0:1 in Rückstand und musste sich zurückkämpfen.

"Ich brauche das nicht. Und ich glaube, die Mannschaft braucht das auch nicht", sagt Rummenigge. Und Guardiola auch nicht. Die Korrekturen, die Guardiola am Samstag wenige Minuten nach Schlusspfiff ankündigte, werden maximal übliche Kniffe und Griffe jedes Trainers sein.

Pep korrigiert immer wieder

"Es gibt immer etwas zu verbessern, ganz egal, ob man gewinnt oder verliert", sagte der Bayern-Trainer mit etwas Abstand. Da sei er als Trainer eines so großen Klubs in der Verantwortung. Stillstand ist Rückstand - auch bei Pep und bei Bayern.

Korrekturen hat er ständig vorgenommen. Mal größere, mal kleinere. Gegen Mainz stellte er zur zweiten Hälfte auf ein 4-2-3-1 um, gegen Hertha ebenso. In Hoffenheim war es kurz gar eine Dreierkette, die aber Marcus Gisdols Truppe für gefährliche Konter nutzte. Guardiola beorderte dann sofort wieder David Alaba zurück, um auf ein 4-1-4-1 umzustellen.

Guardiola korrigiert gerne. Im Training redet er viel mit seinen Spielern. Am Sonntag nahm er sich Bastian Schweinsteiger über zehn Minuten zur Brust, um seinen Mittelfeldchef noch einmal feinzujustieren. In vielen Spielen steht der Übungsleiter der Münchener oft schon 20 Sekunden nach Anpfiff an der Seitenlinie, um lautstark seine Mannen zu instruieren.

"Wir werden uns verbessern, um die Bundesliga zu gewinnen", sagte Guardiola auch am Samstag. Titel sind das große Ziel. Und es ist auch aus Spanien überliefert, dass der Neue sie gerne holt.

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