Wie Effenberg gegenüber "Goal.com" (hier geht's zum Interview) kritisierte, fehlte Bayern im Hinspiel im Bernabeu vor allem die Dynamik. "Der Gegner weiß nämlich genau, was er zu tun hat, um die Bayern auszuschalten. Hinzu kommt, dass Franck Ribery nicht in so bestechender Verfassung ist wie im Vorjahr. Durch seine Krise hakt das Spiel", so der TV-Experte: "In entscheidenden Partien brauchst du Spieler, die den Unterschied ausmachen."
Sind diese Spieler nicht bei 100 Prozent, bekomme man Probleme: "Jeder Trainer hat Angst, das genau so ein Fall eintritt." Daher sei jetzt Pep Guardiola gefordert: "Guardiola muss viel mit ihm reden. Vielleicht ist es bei Ribery eine mentale Blockade. In der vergangenen Woche wurden bestimmt viele Gespräche geführt. Man versucht, den Kopf frei zu kriegen. Der Druck und die Erwartungen sind hoch."
"Real zeigte eine taktische Meisterleistung"
Darüber hinaus sollen die Münchner die richtigen Schlüsse aus der 0:1-Pleite ziehen: "Zu allererst können die Bayern froh sein, dass sie nicht zwei oder drei Stück kassierten. Es war ihre typische Spielweise unter Pep Guardiola. Mit viel Ballbesitz versuchen sie, Gegner zu ermüden. Für mich zeigte Real eine taktische Meisterleistung, ließ sich nicht locken. Es verfügt über eine hohe Qualität im Verteidigen."
Zwar hatte Effenberg selbst die Königlichen offensiver erwartet, lobte aber gleichzeitig die Vorgehensweise von Trainer Carlo Ancelotti: "Man überließ dem FCB mehr Ballbesitz und versuchte, Fehler eiskalt auszunutzen. Mir fehlten gegen Real die Tempowechsel. Man sollte sich nach guten Chancen auch zurückziehen, das Spiel in die eigene Hälfte verlagern und die Kontrolle scheinbar abgeben."
So könne Bayern selbst schnelle Gegenstöße fahren und Räume in Reals Defensive kreieren. Immerhin dürfte Real, wie etwa von Cristiano Ronaldo zuletzt schon angekündigt, taktisch nicht vieles anders machen als im Hinspiel: "Real wird nach Fehlern versuchen, das eine oder andere Tor zu erzielen. Die Spieler wissen, dass sie sich in 90 Minuten, vielleicht 120, keine Fehler erlauben dürfen, sonst endet es bitter."
"In Madrid ist das System an Grenzen gestoßen"
Bayern soll sich außerdem nicht drauf verlassen, wie in der Bundesliga den Gegner mit Ballbesitz und Passspiel zu zermürben: "Teams der Kategorie Manchester United, jetzt Real, oder im Finale womöglich Chelsea, verteidigen fast in Perfektion. Sie sind taktisch so gut geschult, dass sie nicht unnötige Wege laufen, sondern mit zwei, drei Schritten eine Situation komplett zustellen. Zu reagieren, wenn du diese Idee vom Fußball verinnerlicht hast, ist schwer. In Madrid ist das System an Grenzen gestoßen."
Darüber hinaus sieht es Effenberg als Vorteil, dass Real in der Liga noch gefordert ist, während Bayern bereits seit Ende März als Deutscher Meister feststeht: "Bei 20 oder 30 Punkten Vorsprung geht die Spannung verloren, das ist menschlich. Den Schlendrian rauszubekommen und den Knopf zu drücken innerhalb von drei Tagen ist unmöglich."
Trotz der taktisch und psychisch schwierigen Ausgangslage hatte Effenberg noch einen simplen Rat für sein Ex-Team parat: "In der 85. Minute kann ebenfalls etwas passieren. Real muss nicht in Grund und Boden gestampft werden. Bayern darf nicht in Panik verfallen. Wenn du es überspitzt, begehst du Fehler."
Franck Ribery im Steckbrief