Der Kollege vom katalanischen Sportfernsehen war so richtig in Fahrt gekommen. Er erzählte und erzählte. Er erzählte in einem unfassbaren Sprechtempo. Ohne Pause. Er erzählte so viel, als dürfte er danach nie wieder etwas sagen. So schnell, als ob er wüsste, dass es gleich für immer vorbei ist.
Der Mann ohne Atempause musste eigentlich nur einen Leerlauf in einer Live-Übertragung füllen. Wie viele andere im Ciutat Esportiva Joan Gamper, dem Trainingsgelände des FC Barcelona. Für 12.30 Uhr kündigte der Klub Lionel Messi an. Es sollte seine erste Pressekonferenz seit Juli 2013 werden. Nur kam er nicht. Um 12.50 Uhr kündigte ein Mitarbeiter des Klubs an, dass die Pressekonferenz auf 12.45 Uhr verschoben wird. Immerhin.
"Pssst!"
Vor dem Pult versammelten sich mittlerweile unzählige Fotografen. Hauptberufliche und welche, die ihr Smartphone bereithielten, um im richtigen Moment abzudrücken, wenn der beste Fußballer der Welt die Bühne betritt. Ein Messi für die Ewigkeit. Kurz vor 13 Uhr kam der Messias tatsächlich. Blitzlichtgewitter, Smartphone-Hysterie, Geschubse, Geschiebe. "Leooo!"
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Nur der Mann ohne Atempause bekam das Ganze nicht mit und beschoss die Live-Sendung immer noch mit seiner Wörter-Artillerie, obwohl er gar nicht mehr den Leerlauf füllen musste. "Psssst", sagte dann endlich einer. Und der Mann durfte endlich frei atmen.
Atemlos waren sie gefühlt alle in der katalanischen Hauptstadt, nachdem der Klub Messi für die Pressekonferenz im Vorfeld des Champions-League-Halbfinals gegen den FC Bayern ankündigte. Der klubeigene TV-Sender ließ in der Dauerschleife eine Bauchbinde laufen, die Zeitungen spendierten Messis Pressekonferenz sehr viel Präsenz, obwohl er noch gar kein Wort gesagt hatte. Eine Hysterie vor der Hysterie.
Das Gegengewicht zu Pep
Für gewöhnlich schickt der FC Barcelona Iniesta, Xavi, Busquets auf diese Pressekonferenzen. Messi spricht ungern und ist daher seit Juli 2013 auf keiner dieser öffentlichen Veranstaltungen gesehen worden. Dass er ausgerechnet jetzt sprechen sollte, war Kalkül des Klubs.
Mit Josep Guardiola landete am Dienstag der Mann in Barcelona, der schon seit der Auslosung alle Schlagzeilen schmückt. Am Mittwoch, dem Spieltag, wäre das Ganze noch einmal eskaliert, wenn Dienstagabend Pep zur Presse spricht und auch mit der nichtigsten Aussage einen Platz auf der Titelseite sicher hat.
Mit Messi, so der Plan Barcelonas, soll nun ein Gegenwicht die Balance herstellen und Barca im Fokus halten. Bei allem Respekt: Iniesta ist ein großartiger Fußballer, ein genialer Mann, der sich dazu noch eloquent äußern kann, aber noch so jede Aussage des Routiniers wäre nichts gegen einen Halbsatz Guardiolas.
Messi gewitzt
Bei Messi ist es anders und die Pressekonferenz am Dienstag zeigt, dass der Plan der Katalanen voll aufgegangen ist: Rund 20 Minuten befeuerten die Journalisten Messi mit Fragen.
Messi ist kein großer Redner, auch wenn er durchaus gewitzt antwortete und das Ganze nicht langweilig runterspulte.
Was er sagte, wird nicht in die Annalen eingehen, doch das interessierte auch keinen. Hauptsache er spricht: Dass Guardiola den FC Barcelona gut kennt und man gemeinsam viele Erfolge feierte, hätte auch ein anderer sagen können. Auch Iniesta oder Xavi hätten gesagt, dass die Schmach von 2013 vergessen ist und 2015 eine neue Situation darstellt. Auch Busquets hätte gesagt, dass man sich an den Fußball Luis Enriques gewöhnt habe und nun gut drauf sei. Wenn es Messi sagt, ist es aber was anderes.
Just in dem Augenblick, als Argentinier die letzte Frage beantwortete und den Raum wieder verließ, feuerte der Kollege vom katalanischen Sportfernsehen wieder los und ratterte auswendig alle Messi-Aussagen runter. Dass hinter ihm längst Luis Enrique zu sprechen begann, interessierte ihn wenig. Der Mann ist nur Trainer des FC Barcelona. Kein Messi.
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