Juan Mata hat so ziemlich alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Er ist Welt- und Europameister, holte die Champions League und darf sich Europa-League-Sieger nennen. Dennoch nimmt er bei Manchester United nicht die Rolle ein, die man ihm eigentlich zugedacht hatte.
Als sich der FC Chelsea 2012 im Finale Dahoam zum Champions-League-Sieger krönte, brachte der Abend viele Helden und tragische Figuren hervor. Da war Didier Drogba, weil er den entscheidenden Elfmeter verwandelte. Oder Petr Cech, weil er in der Verlängerung einen Strafstoß von Arjen Robben hielt. Oder eben Bastian Schweinsteiger nach seinem Scheitern vom Punkt; es war Schweinis mit Abstand bitterster Moment seiner Karriere.
Die tragische Figur hätte auch Juan Manuel Mata sein können, wenn am Ende des Abend die Mannen in Rot gejubelt hätten. Doch die Blues gewann die Königsklasse, obwohl der kleine Spanier der einzige war, der auf Seiten der Londoner im Elfmeterschießen an seinen Nerven scheiterte.
So waren es abermals andere, die die Hauptrollen spielten. Natürlich wird Mata nicht unglücklich darüber sein, dass er nicht zum tragischen Helden von München wurde. Doch zieht es sich wie ein roter Faden durch die Laufbahn des Spaniers, dass er trotz zahlreicher Titel nie eine prägende Rolle einnahm. Egal, ob im Verein oder in der Nationalmannschaft.
Wichtig in Valencia, abgeschoben in London
Mata war bislang selten der entscheidende Mann in den entscheidenden Spielen. Auch wenn ihm im EM-Finale 2012 gegen Italien ein Treffer gelang - die Partie war vor seinem 4:0 längst durch.
Natürlich war der 1,70 Meter große Linksfuß alleine schon aufgrund seiner fußballerischen Klasse nie komplett redundant. Das belegen auch die Zahlen. Für den FC Valencia, wo seine Laufbahn nach seinem Abschied von Real Madrid Castilla begann, erzielte er in 174 Spielen 46 Treffer und legte 52 Tore auf. Beim FC Chelsea traf er in 135 Spielen 32 Mal und gab 58 Assists. Rein statistisch war er zu jeder Zeit wertvoll - und doch war er nirgendwo unverzichtbar.
Als Jose Mourinho im Sommer 2013 an die Stamford Bridge zurückkehrte, war die Zeit von Mata in London abgelaufen. Obwohl er von den Fans zwei Jahre in Folge zu Chelseas Player of the Year gewählt wurde, hatte der Portugiese keine Verwendung für Mata und verkaufte ihn im Winter für knapp 45 Millionen Euro an Manchester United. Dort sollte er endlich die wichtige Rolle ausfüllen, die ihm ob seiner Fähigkeiten zustehen würde. Als neuer Fixpunkt im Offensivspiel der Red Devils.
Schwere Zeit in Manchester
Das Problem: United befand sich zum Zeitpunkt seines Wechsels im großen Umbruch. Erstmals seit 27 Jahren saß nicht mehr Sir Alex Ferguson auf der Trainerbank im Old Trafford, sondern David Moyes. Mata, ein nachdenklicher Typ, kam mit der unruhigen Stimmung in Klub und Umfeld nicht zurecht.
So sagte er im Interview mit dem Kicker: "Ich bin ein normaler Junge. Nicht normal ist mein atypisches Leben, dieses Fußballerleben mit allem Wirbel. Anerkennung, Erfolg, Gehalt - da kann man schon die Perspektive verlieren, die Bodenhaftung. Man sollte aber nie die Realität aus den Augen verlieren."
Seine ersten Tore für die Red Devils erzielte er erst Ende März. Am Ende erreichte United nach einer unruhigen Saison einen enttäuschenden siebten Platz und qualifizierte sich nicht einmal für Europa. Moyes musste noch vor der Sommerpause gehen, es kam Louis van Gaal.
Unter dem Niederländer stabilisierte sich United. Mata war nun unumstrittener Stammspieler, den großen Glanz vermochte der Spanier aber auch nicht zu versprühen. 33 Spiele, neun Treffer und vier Assists - eine ordentliche Bilanz, mehr aber auch nicht. Die ihm angedachte Rolle als Anführer in der Offensive der Red Devils konnte er nicht ausfüllen.
Wo ist Mata?
United qualifizierte sich immerhin für die Champions League. Der Startschuss zur Rückkehr zu erfolgreicheren Zeiten nach dem abgeschlossenen Umbruch? Im September äußerte sich Mata gegenüber SPOX optimistisch: "Es ist das zweite Jahr, man kennt sich nun besser und weiß, was der Trainer von einem will. Er hat seine eigene Philosophie vom Fußball und er vertritt diese Philosophie bis zum Ende."
Trotz Investitionen im Sommer in Höhe von 140 Millionen Euro läuft es bei United aktuell aber vor allem in der Offensive überhaupt nicht rund. Mit Bastian Schweinsteiger und Morgan Schneiderlin wurde das Mittelfeldzentrum gestärkt, Matteo Darmian ist ein Upgrade auf der defensiven Außenbahn. Memphis Depay und Anthony Martial sollten das lahmende Offensivspiel gemeinsam mit Mata inspirieren. Das misslingt bisher aber völlig.
20 Tore nach 15 Spielen, das ist für die Ansprüche in Manchester zu wenig. Genau wie Platz vier in der Liga, genau wie ein Endspiel beim VfL Wolfsburg um das Erreichen des Achtelfinals in der Champions League. "Wir als Team brauchen mehr Konstanz in unserem Spiel. Wenn wir um Titel mitspielen wollen, müssen die Ergebnisse regelmäßig passen", weiß auch Mata, der auch mit seiner eigenen Leistung selbstkritisch umgeht: "Ich hoffe aber, dass ich dem Team mit mehr Toren und mehr Assists noch weiterhin helfen kann".
Time is now?
Natürlich ist es nicht alleine die Schuld von Mata, dass die Offensive in Manchester derzeit nicht funktioniert. Die Probleme sind vielmehr taktischer Natur. Das Team hat van Gaals Idee vom Fußball, der prinzipiell offensiv sein sollte, noch immer nicht verinnerlicht.
Das Ballbesitzspiel, das der Niederländer verordnete, führte zwar dazu, dass man weniger Tore kassiert - doch dem Spiel nach vorne gehen Tempo und Dynamik ab. Eigentlich wäre Mata ideal für diese Philosophie, doch der Mann aus Burgos tut sich mit einer prägenderen Rolle immer noch schwer.
Am Dienstag könnte Manchester United in der Königsklasse beim VfL Wolfsburg (20.45 Uhr im LIVETICKER) gar das Aus drohen. Nämlich dann, wenn die Red Devils nicht gewinnen und Eindhoven gegen Moskau siegt. Auch, weil es in Sachen Offensive auch auf internationalem Parkett hapert. Zuletzt hing die ganze Last an Wayne Rooney, der jedoch seit Wochen in einem Loch hängt.
Nicht nur deswegen wäre es höchste Zeit, dass Mata in die Rolle zu schlüpft, die ihm aufgrund seiner Fähigkeiten entspräche.
Juan Mata im Steckbrief