SPOX: Herr Vizcaino, Ihre Atletico-Videos sind in Spanien ein Hit. Erinnern Sie sich noch, wann Sie die Idee für die kurzen Clips hatten?
Miguel G. Vizcaino: Klar, das vergisst man nicht so schnell. Jedes einzelne Video und jeder einzelne Entstehungsprozess bleibt einem im Gedächtnis. Vor allem, da wir in der Marketingagentur allesamt große Atletico-Fans sind und jeder Clip sich auf einen ganz konkreten Moment in der Geschichte des Klubs bezieht - ganz unabhängig davon, ob es bei uns gerade gut oder schlecht läuft. Die Videos spiegeln deshalb immer gut wider, was wir an diesem Tag gefühlt haben.
SPOX: Was ist das genaue Ziel der Clips?
Vizcaino: Viele denken immer, dass wir damit neue Mitglieder gewinnen wollen. Aber das ist überhaupt nicht der Hintergedanke. Wir wollen der Welt die Marke und das Gefühl Atletico vermitteln. Deshalb richten wir uns nicht nur an Atletico-Fans, sondern auch an Fußball-Liebhaber und eben die breite Öffentlichkeit. Wir haben beispielsweise schon von Leuten Glückwünsche erhalten, die den Fußball nicht mögen, denen unsere Videos aber ans Herzen gegangen sind. Es geht ja in den Clips nicht ausschließlich um den Sport, sondern immer auch um das Leben.
SPOX: Das klingt romantisch. Aber was zieht der Klub für einen Nutzen daraus?
Vizcaino: Ziel ist es, dass Leute Sympathien für Atletico entwickeln. Dadurch bindest du Fans an deinen Klub. Diese Beziehung ist speziell dann wichtig, wenn es mal nicht so gut läuft. Wenn dein Team erfolgreich ist, ist ja sowieso alles gut. Aber den Spirit auch am Leben zu erhalten, wenn die 2. Liga ruft oder die Mannschaft nur Zehnter ist, ist enorm schwierig.
SPOX: Wie kam es zur Partnerschaft mit Atletico?
Vizcaino: Meine Frau und ich haben im Jahr 2000 unsere eigene Firma gegründet und Atletico war der erste Kunde, den wir hatten. Diese Beziehung mit dem Verein seitdem hinweg stets enger geworden und heutzutage einfach nur fantastisch. Wir sind in ständigem Austausch mit Emilio Gutierrez, dem Marketing-Chef des Klubs. Er hat ein unheimlich gutes Gespür für den Moment. Das hilft uns auch bei unseren Videos.
"Papa, warum sind wir eigentlich Atletico-Fans?" - Es ist nicht einfach zu erklären. Denn es ist etwas sehr, sehr Großes.
SPOX: In einem Ihrer Videos fragt ein kleines Kind seinen Vater, warum die ganze Familie eigentlich Atletico-Anhänger sei. Der Vater weiß keine Antwort. Wie erklärt man seinem Sohn, dass man Fan einer unterlegenen Mannschaft ist?
Vizcaino: Ja, das ist alles andere als einfach. Dein Klub gewinnt keine Titel und die anderen stauben einen Pokal nach dem anderen ab. Das verstehen Kinder in jungen Jahren nicht. Wenn die Kids jedoch älter werden, fangen sie an, es zu verstehen. Du bist ganz einfach für den Klub, der deine Wesensart am besten repräsentiert und mit dem du dich am besten identifizieren kannst.
SPOX: Wie entstand der Clip?
Vizcaino: Dieses Video wurde 1999 gedreht. Real Madrid hat zu dieser Zeit gerade mit den Galaktischen die Champions League gewonnen und Atletico ist in die 2. Liga abgestiegen. Keine einfache Zeit für uns. Unser Sohn dankt uns heute noch dafür, dass wir diesen Clip gedreht haben. (lacht)
SPOX: In Spanien sind generell verhältnismäßig viele Fußball-Fans Anhänger von Real und Barca. Haben es kleine Teams schwerer?
Vizcaino: Das ist richtig. Es ist hier nicht wirklich verbreitet, Anhänger einer schwächeren oder unterlegenen Mannschaft zu sein. Das war eigentlich schon immer so. In England ist das anders. Da muss man sich nur mal die Fans von Leeds anschauen. In Spanien gibt es ja beispielsweise auch Fans, die zwei Vereine haben: einen "kleinen" Klub und Barca oder Real.
Atletico macht dich stärker.
SPOX: Wäre es möglich, die Videos zu machen, ohne Atletico-Fan zu sein?
Vizcaino: Niemals! Das Schöne an den Clips ist, dass man in jeder Sekunde die Emotionen spürt. Wir wissen, was der Atletico-Fan denkt und fühlt, wenn er die Videos sieht. Das macht sie so besonders.
SPOX: Angenommen Real Madrid kommt morgen ums Eck und legt Ihrer Firma für ein Video fünfmal so viel Geld auf den Tisch wie Atletico. Würden Sie ins Zweifeln kommen?
Vizcaino: Die Frage höre ich in Spanien auch immer wieder und wir beantworten sie immer gleich: Nein! Vermutlich würde aber Real auch nie auf die Idee kommen, an unserer Türe zu klopfen. Sie würden die Antwort schon kennen.