Der FC Bayern München empfängt den FC Arsenal im Hinspiel des Champions-League-Achtelfinals (20.45 Uhr im LIVETICKER) und muss vorlegen. Welche Optionen haben die Münchner gegen die Defensive der Gunners? Und wie verhindern sie das für Arsenal so wichtige Auswärtstor? SPOX wirft gemeinsam mit dem Institut für Fußballmanagement einen Blick auf ausgewählte taktische Aspekte.
Personal und Ausgangslage
War es beim FC Bayern unter Pep Guardiola ein ständiges Ratespiel, mit welcher Aufstellung die Münchner spielen werden, gibt es unter Carlo Ancelotti nicht allzu viele Fragezeichen. Vor Torhüter Manuel Neuer werden Philipp Lahm, Javi Martinez, Mats Hummels und David Alaba die Viererkette bilden.
Im Mittelfeld agieren Xabi Alonso und Arturo Vidal hinter der Zehn Thiago. Im Sturm wird Robert Lewandowski auflaufen, flankiert von Arjen Robben rechts. Es bleibt die Frage: Thomas Müller oder Douglas Costa. Da Costa in Ingolstadt von der Bank kam und Müller durchspielte, spricht Vieles für den Brasilianer.
Deutlich weniger vorhersehbar ist die Aufstellung Arsenals. Arsene Wenger wird im Tor auf David Ospina setzen, der in den Pokalwettbewerben den Vorzug vor Petr Cech erhält. In der Abwehr sind Hector Bellerin, Laurent Koscielny und Shkodran Mustafi gesetzt, links hinten dürfte die Wahl auf Nacho Monreal fallen.
Aber dann wird es knifflig. In Abwesenheit der verletzten Santi Cazorla und Aaron Ramsey fehlt Arsenals Mittelfeld die herausragende Klasse. Der Ex-Gladbacher Granit Xhaka ist einsatzbereit, wird wohl aber erstmal zuschauen müssen. Die Doppelsechs Mohamed Elneny und Francis Coquelin gilt als wahrscheinlich.
Im Sturm muss Wenger eine grundsätzliche Entscheidung treffen: der flinke Alexis Sanchez oder der robuste Olivier Giroud? Beide haben ganz unterschiedliche Fähigkeiten und Wenger muss sich festlegen, ob er die Bayern mit Sanchez' Läufen in die Tiefe bedrohen will oder ob er lieber Giroud als Wandspieler einsetzt, der Bälle hält und ablegt, um die schnellen Außen in Szene zu setzen. Die Personalentscheidungen der letzten Wochen lassen auf Variante eins schließen.
Voraussichtliche Aufstellungen:
Bayern: Neuer - Lahm, Martinez, Hummels, Alaba - Alonso, Vidal - Robben, Thiago, Costa - Lewandowski
Arsenal: Ospina - Bellerin, Koscielny, Mustafi, Monreal - Elneny, Coquelin - Walcott, Özil, Iwobi - Sanchez
Bayerns Optionen bei Ballbesitz: Breite schafft Tiefe
Breite ist hier das Zauberwort. "Die Londoner verteidigen sehr kompakt das Zentrum und lassen den Flügel erstmal frei. Deshalb wäre es sinnvoll, wenn die Außenspieler zunächst ihre Position hoch am Flügel halten und im Spielaufbau davon absehen, in den engen Halbraum zu schieben", sagt Dr. Alexander Schmalhofer, Leiter des Fachbereichs Spiel- und Taktikanalyse des Instituts für Fußballmanagement.
Ancelotti ist in den letzten Wochen von seiner ursprünglichen Idee abgerückt, die Außenspieler in Ballbesitz in die Mitte zu ziehen, weil er gemerkt hat, dass sich Robben und Co. an der Linie wohler fühlen. Das wird er auch gegen Arsenal beibehalten.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist für Schmalhofer die Anordnung der Außenverteidiger. Lahm und Alaba könnten dabei zunächst etwas tiefer, aber ebenfalls komplett breit bleiben, um nach einer schnellen Seitenverlagerung das Spiel über den Flügel zu forcieren.
Institut für Fußballmanagement"Erst wenn einer der Außenspieler angespielt wurde, schaltet sich der ballnahe Außenverteidiger mit ins Angriffsspiel ein, indem er zum Beispiel hinter- oder vorderläuft. Das sieht man vor allem bei Lahm häufig. Das Angriffsspiel bleibt somit breit und bietet als Anschlussaktion die Möglichkeit, sich auf dem Flügel durchzuspielen oder den Pass in die Tiefe zu suchen", sagt Schmalhofer.
Ein weiterer Aspekt der breiten Außenspieler ist die Rolle des Zehners im 4-2-3-1 der Bayern. Thiago bzw. Müller und der Stürmer Lewandowski ließen sich zuletzt sehr weit nach hinten in den Zwischenraum fallen, um dort das tiefe Anspiel zu fordern. Denn: "Durch die Bewegung von Lewandowski und Müller oder Thiago ergibt sich nicht nur die Option des vertikalen Passes durchs Zentrum, sondern die beiden Zentralen binden auch die Gegenspieler im Zentrum."
Bayerns Anfälligkeit bei Ballverlust: Außen absichern
Der FC Bayern ist auch unter Ancelotti noch immer eine Ballbesitzmannschaft, auch wenn die Abläufe nicht mehr so perfekt sitzen wie in den vergangenen Jahren. Arsenal wird den Münchnern die meiste Zeit mit einem Mittelfeldpressing entgegentreten und auf ihre Chancen im Konter lauern.
Dabei können die Gunners den Bayern mit ihren schnellen Außenbahnspieler und dem guten Passspieler Özil durchaus gefährlich werden. "Das zuletzt problembehaftete defensive Umschaltspiel der Bayern könnte auch gegen Arsenal Schwierigkeiten ergeben", sagt Schmalhofer.
"Arsenals schnelle Außenverteidiger sind extrem offensiv ausgerichtet, sodass die Münchner diese bereits bei eigenem Ballbesitz absichern müssen. Bei Ballverlust müssen die ballnahen Spieler im Gegenpressing wesentlich konsequenter in den Zweikampf kommen als zuletzt. Aber auch die ballentfernten Spieler müssen gegen Arsenal sehr schnell Passwege und Anspielstationen schließen", so Schmalhofer weiter.
In diesen Momenten wird besonders deutlich werden, ob die Bayern grundsätzliche Probleme haben, oder doch die in manchen Spielen bemängelte Einstellung der Grund ist, warum die Münchner in der einen oder anderen gewöhnlichen Bundesligapartie anfällig wirken. Denn vor allem im Gegenpressing und beim Schließen von Räumen spielt der Wille und die Wachheit eine entscheidende Rolle.
Mit der angesprochenen Positionierung der Außenverteidiger in Ballbesitz könnten sich die Bayern auch gut gegen Arsenals Umschaltspiel schützen. "Dadurch, dass die Außenverteidiger erstmal etwas tiefer bleiben, können sie nach Ballverlust auch noch in die Restverteidigung eingreifen", sagt Schmalhofer.
Bayerns Optionen im Umschaltspiel: Schwachpunkt Koscielny
Vertikaler, geradliniger, schneller nach vorne: Mit diesen Schlagwörtern hat Ancelotti seinen Fußball angepriesen. Bisher ist das Umschaltspiel aber noch zu keiner großen Waffe der Bayern geworden. Zum einen bieten sich in den Ligaspielen oft wenige Gelegenheiten, zum anderen fehlten den Münchnern in vielen Fällen die Hochgeschwindigkeitsspieler.
Gegen die Gunners, die von Wenger in über 20 Jahren auch zu einer Ballbesitzmannschaft erzogen wurden, könnten sich aber auch einige Kontermomente ergeben.
"Arsenal zeigte sich zuletzt immer mal wieder fahrlässig in der eigenen Spieleröffnung", sagt Schmalhofer. "Das könnte Bayern ausnutzen, in dem sie das Anspiel auf Rechtsfuß Koscielny lenken, der links verteidigt und somit gut nach außen gedrängt werden kann. Eine kontrollierte Spieleröffnung unter Druck mit seinem schwächeren linken Fuß fällt ihm dann oftmals schwer."
Hier müssen die Münchner da sein, auf die Situation lauern und sich dann schnell in die freien Räume bewegen. "Wichtig dabei ist aber auch, dass Bayerns Zehner den Passweg ins Mittelfeld auf den gegnerischen Sechser zustellt, damit sich Arsenal nicht aus dem Pressing lösen kann."