Bayern München empfängt Real Madrid im Hinspiel des Champions-League-Viertelfinals (20.45 Uhr im LIVETICKER). Die alternde Bayern-Flügelzange erlebt ihren dritten Frühling, während auf der anderen Seite der gefürchtete BBC-Sturm wartet. SPOX wirft gemeinsam mit dem Institut für Fußballmanagement einen Blick auf ausgewählte taktische Aspekte.
Personal und Ausgangslage:
Carlo Ancelotti wird sich treu bleiben und seine beste Elf ins Rennen schicken. Große Rotation wie unter Vorgänger Guardiola gibt es in den wichtigen Spielen beim Italiener nicht. Manuel Neuer ist nach seiner Operation wieder fit und wird im Tor der Münchner stehen. Die Viererkette aus Philipp Lahm, Jerome Boateng, Javi Martinez und David Alaba stellt sich durch die Verletzung von Mats Hummels auch von selbst auf.
Davor agiert der gesetzte Xabi Alonso neben Arturo Vidal. Auf der Zehn wirbelt der seit Wochen überragende Thiago, Thomas Müller dürfte den verletzten Robert Lewandowski ersetzen. Auf den Außen führt kein Weg an den überragenden Arjen Robben und Franck Ribery vorbei.
Auch bei Real Madrid bietet sich wenig Raum für Experimente. Cristiano Ronaldo, Karim Benzema und Gareth Bale bilden eine der gefährlichsten Offensivreihen der Welt. Dahinter sind Luca Modric, Casemiro und Toni Kroos nicht wegzudenken.
Einzig in der Viererkette sieht sich Zinedine Zidane zum Handeln gezwungen. Da sowohl Raphael Varane als auch Pepe verletzt ausfallen, rückt Nacho neben Sergio Ramos in die Innenverteidigung. Die Außenverteidigerpositionen besetzten wie gewohnt Marcelo und Dani Carvajal, das Tor hütet Keylor Navas.
Voraussichtliche Aufstellungen:
Bayern: Neuer - Lahm, Martinez, Boateng, Alaba - Alonso, Vidal - Robben, Thiago, Ribery - Müller
Real: Navas - Carvajal, Ramos, Nacho, Marcelo - Casemiro, Kroos, Modric - Bale, Benzema, Ronaldo
Bayerns Optionen bei Ballbesitz: Schneller Spielaufbau durchs Zentrum
Real Madrid spielt in einer 4-3-3-Grundordnung, was ein hohes und aggressives Pressing nahe am gegnerischen Tor möglich macht. Dieses ist jedoch naturgemäß nicht ohne Risiko. Bei Real konzentrieren sich die Flügelspieler Bale und Ronaldo auf die gegnerischen Außenverteidiger, in diesem Fall Lahm und Alaba, während die Außenverteidiger ballseitig sehr offensiv verteidigen, um Überzahl in Ballnähe zu schaffen.
Schieben die Außenverteidiger des Gegners hoch, muss ein zentraler Spieler der Königlichen den zweiten gegnerischen Innenverteidiger unter Druck setzen. Diese Aufgabe fällt meist Luca Modric zu, der bevorzugt den linken Innenverteidiger des Gegners attackiert. Dabei öffnet der Kroate aber viel Raum in seinem Rücken, der es dem FC Bayern möglich macht, die königliche Pressinglinie schnell zu überspielen. Schlüsselpositionen fallen dabei den beiden Innenverteidigern sowie Thiago und Müller im Zentrum zu.
Institut für FußballmanagementDa der Weg ins Pressing für den zentralen Mittelfeldspieler Modric relativ weit ist, bietet sich für Boateng und Martinez die Möglichkeit, den in die Zwischenräume aufgerückten Thiago mit flachen Bällen durchs Zentrum anzuspielen, die der dann auf die Außenpositionen oder in die Spitze verteilen kann.
Auch Robert Lewandowski lässt sich im Zentrum häufig fallen und kann durch seine körperliche Robustheit die Rolle des Wandspielers perfekt ausfüllen und die Bälle auf Thiago ablegen, der dann mit Blick zum gegnerischen Tor das Spielfeld offen vor sich hat. Sollte Müller für Lewandowski in die Startelf rutschen, wäre das Spiel hier ein anderes, da Müller häufiger den Weg in die Tiefe sucht.
Wichtig ist, dass Bayerns offensive Außenspieler ihre Positionen auf dem Flügel halten, um die gegnerische Viererkette zu binden und den Raum im Zentrum für Thiago und Müller schaffen.
Bayerns Optionen in Ballbesitz: Der (rechte) Flügel
Real Madrid hat mit dem mehrmaligen Weltfußballer Cristiano Ronaldo und Gareth Bale fraglos zwei der besten Offensivspieler der Welt in seinen Reihen, wobei aber vor allem Ronaldo keine Preise in Sachen Defensivarbeit mehr gewinnen wird.
Dies gilt es für die Bayern zu nutzen. Ist der Spielaufbau durchs Zentrum nicht möglich, kommen Bayerns Außenspieler Ribery und Robben ins Spiel.
Weil der Franzose seine angestammte Position auf dem linken Flügel mehr und mehr aufweicht, bietet er eine weitere Anspielstation im Rücken Modrics, die Nacho oder Ramos zum Herausrücken aus der Viererkette und in Eins-gegen-Eins-Situationen mit Ribery zwingen würde.
Arjen Robben dagegen personifiziert immer noch den klassischen Außenstürmer. Vor allem das in langen Jahren perfektionierte Zusammenspiel mit dem immer wieder aufrückenden Philipp Lahm kann dabei zur Waffe im Rücken Ronaldos werden.
Zieht Robben mit dem Ball am Fuß in die Mitte, öffnet er dem hinterlaufenden Lahm häufig den Weg zur Grundlinie. Durch die aufgerückten Außenspieler sowie Thiago und Lewandowski haben die Münchner dann vier potenzielle Abnehmer für Flanken in Reals Strafraum.
Hier können auch hohe Zuspiele zum Mittel werden, da die Innenverteidigung der Königlichen, in der voraussichtlich Nacho neben Ramos verteidigen wird, nicht eingespielt ist.
Wichtig hierbei ist, dass Vidal und Alonso im defensiven Mittelfeld die Situationen erkennen und die aufgerückten Mitspieler absichern, damit mögliche Konter schnell unterbunden werden können.
Bayerns Option gegen den Ball: Das Spiel auf Reals linke Seite lenken
Abgesehen vom schnellen Gegenpressing hat der FC Bayern noch eine Möglichkeit, das übliche Spiel der Madrilenen zu unterbinden. Gewährt man den Königlichen Raum zum geordneten Spielaufbau, ist es für gegnerische Teams sehr schwierig, in gute Pressingsituationen zu kommen, da Modric und Kroos im Zentrum extrem pressingresistent und ballsicher sind.
Ein beliebter Spielzug Reals ist die Verlagerung auf die rechte bzw. halbrechte Seite, von der dann ein hoher, diagonaler Flugball auf den weit in den offenen Raum vorgerückten Marcelo gespielt wird. Der versucht dann, den schnellen Ronaldo in die Tiefe hinter der gegnerischen Abwehr zu schicken, die gezwungen ist, extrem schnell zu verschieben, wodurch die Ordnung nicht immer gegeben ist.
Schafft es Bayern, Reals Aufbauspiel auf die linke Seite zu lenken, muss Marcelo gezwungenermaßen tiefer stehen, um eine Anspielstation zu bilden.
Dani Carvajal auf der anderen Außenverteidigerposition steht naturgemäß nicht so offensiv wie sein brasilianisches Pendant, womit das Mittel der schnellen Spielverlagerung durch diagonale Flugbälle unterbunden werden kann.
Die zentrale Rolle dabei dürfte wohl Thomas Müller zukommen, der den Spielaufbau der Königlichen durch richtiges Anlaufen der Innenverteidiger auf die gewünschte Seite lenken muss.
Ebenfalls wichtig: Bayerns Zentrum muss möglichst verhindern, dass Luca Modric und Toni Kroos in den Spielaufbau eingebunden werden. Das wird zweifellos nicht immer möglich sein, die Zeit, platzierte Flugbälle zu spielen, dürfen die Madrilenen allerdings nicht haben.
Bayern München - Real Madrid: Die Daten zum Spiel