Juventus Turin und Real Madrid treffen in Cardiff zum Finale der Champions League aufeinander (20.45 im LIVETICKER). SPOX wirft gemeinsam mit dem Institut für Fußballmanagement einen Blick auf ausgewählte taktische Aspekte.
Personal und Ausgangslage:
Die Ausgangslage ist relativ klar, immerhin steht das Finale im bedeutendsten Vereinswettbewerb der Welt auf dem Programm. Dementsprechend werden sowohl Zinedine Zidane als auch Massimiliano Allegri ihre bestmögliche Elf aufbieten. Für Real geht es sogar um mehr als einfach nur den Titel in der Champions League: Die Königlichen könnten als erste Mannschaft seit Einführung der Königsklasse zur Saison 1992/93 den Titel verteidigen. Juventus wiederum könnte erstmals in der Vereinsgeschichte das Triple aus Meisterschaft, Pokalsieg und CL-Triumph erringen.
Bei Real stellt sich vor dem Finale eigentlich nur eine Frage: Spielt Gareth Bale oder Isco? Zidane wollte sich auf der Pressekonferenz nicht in die Karten schauen lassen und ließ sogar die Option, dass "beide auch zusammenspielen" können, offen. Sollte der wiedergenese Bale für den zuletzt groß aufspielenden Isco in die Startformation rücken, dürfte Real im 4-3-3 agieren. Spielt dagegen Isco, ändert sich das System auf ein 4-3-1-2 mit dem Spanier als hängende Spitze. Auffällig ist zudem, dass Benzema immer öfter auf den linken Flügel ausweicht und Ronaldo im Zentrum bleibt. Hinter Carvajal steht noch ein kleines Fragezeichen, für ihn könnte auch Danilo starten.
Bei Juventus ist die personelle Aufstellung dabei weniger abhängig von der Formation. Ob im 3-4-3 oder im 4-4-2 dürften die gleichen Spieler auf dem Platz stehen. Wahrscheinlich ist, dass die Alte Dame aufgrund der größeren Flexibilität auf ein 3-4-3 setzen dürfte. Die beiden offensiven Außenverteidger, Dani Alves und Alex Sandro, sind dabei die Schlüsselelemente des Systems. In der Offensive schieben die beiden Brasilianer mit nach vorne, in der Defensive bilden sie gemeinsam mit Barzagli, Chiellini und Bonucci das Bollwerk in der Fünferkette. Eine Option im Mittelfeld wäre Marchisio.
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
Juventus Turin: Buffon - Barzagli, Chiellini, Bonucci - Alves, Pjanic, Khedira, Sandro - Dybala, Higuain, Mandzukic
Real Madrid: Navas - Carvajal, Varane, Ramos, Marcelo - Kroos, Casemiro, Modric - Isco - Benzema, Ronaldo
Reals Optionen in Ballbesitz:
Das Spiel der Königlichen ist von zwei Bestandteilen geprägt: Tempo und Angriffe über die Flügel. Für die Geschwindigkeit sorgen dabei vor allem die beiden Außenverteidiger Marcelo und Carvajal (oder Danilo) sowie Zielspieler Ronaldo. Nicht umsonst zählt Real zu den besten Kontermannschaften der Welt.
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Auch wenn es nicht mit dem Tempogegenstoß klappt, spielen die Madrilenen vorwiegend über die Flügel. Marcelo und Carvajal (oder Danilo) rücken bei nahezu jedem Angriff weit auf und bieten sich als Option an. Dabei sind die Außenverteidiger aber meist nur zweite Option bei der Ballverteilung aus dem Mittelfeld. Die zentralen Spieler Modric, Casemiro und Kroos verlagern dabei das Spiel geschickt auf Außen. Durch Iscos Freiheiten ist der rechte Flügel nicht immer besetzt, weshalb Real vermehrt über links agiert. Dort tummelt sich meist Benzema als Zielspieler und wird vom nachrückenden Marcelo unterstützt, während Ronaldo als kopfballstarker Abschlussspieler im Zentrum lauert.
Institut für FußballmanagementDurch die Doppelbesetzung entsteht Reals große Variabilität. Die Kombination Benzema-Marcelo ist dabei nur schwer auszurechnen, da beide über mehrere Optionen verfügen. So kann Benzema theoretisch in die Mitte ziehen und mit seinem starken rechten Fuß abschließen, in den Strafraum dribbeln und dann selbst abschließen oder auf einen Teamkollegen im Zentrum weiterspielen oder den Ball auf Marcelo weiterleiten. Der Brasilianer hat dann seinerseits mehr als eine Möglichkeit, den Angriff zu gestalten. Die einfachen wären ein Doppelpass mit Benzema oder ein Lauf in Richtung Grundlinie mit anschließender Flanke in die Mitte, wo dann Ronaldo als Reals kopfballstärkster Angreifer wartet. Darüber hinaus geht Marcelo gerne ins Eins-gegen-Eins und versucht so selbst in den Strafraum einzudringen.Auf der rechten Seite wäre Carvajal gegenüber Danilo die deutlich stärkere Option.
Juventus' Optionen in Ballbesitz:
Im Gegensatz zu Real bauen die Italiener das eigene Offensivspiel nur selten aus dem Zentrum heraus auf. Da die Alte Dame großen Wert auf defensive Sicherheit legt, wird vermieden, Bälle direkt vor der Dreier- bzw. Fünferkette zu spielen. Dementsprechend sind vor allem die beiden Außenspieler Alves und Sandro zu einem schnellen Umschaltspiel angehalten. Dabei sind sie wie ihre Pendants bei Real aber nicht Empfänger des ersten Passes. Das Mittelfeld wird häufig mit einem langen Ball auf Mandzukic oder Higuain überspielt.
Die beiden robusten Angreifer können dann den Ball festmachen und geben so ihren Mitspielern die Chance aufzurücken. Sobald der Ball weitergespielt ist, orientieren sich Mandzukic und Higuain vorwiegend ins Zentrum und überlassen den Teamkollegen die nächsten Schritte. Dabei überzeugt vor allem Dybala mit seiner Ballsicherheit, zudem lässt sich der Argentinier desöfteren fallen, um den Ball aus der Tiefe zu holen. Mit seiner Übersicht kann er dann Higuain und Mandzukic in Szene setzen oder selbst abschließen.
Von den beiden Außenspielern ist Alves der gefährlichere. Dass der Brasilianer beim 2:0 im Hinspiel gegen Monaco beide Tore vorbereitete und im Rückspiel selbst erfolgreich war, kommt nicht von ungefähr. Alves hat seit jeher einen ausgeprägten Offensivdrang und kann diesen bei Juventus voll ausleben. Dabei nutzt die Alte Dame vor allem sein Tempo und schickt ihn häufig mit langen Bällen in den Rücken der Abwehr.
Die Schlüsselduelle:
Ein Aufeinandertreffen, das über Sieg oder Niederlage entscheiden könnte, dürfte zwischen Marcelo und Alves stattfinden. Die beiden Brasilianer kennen sich aus dem Eff-Eff und wissen genau, worauf sie sich einstellen müssen. Beide schalten sich gerne in die Offensive ein, dürfen aufgrund ihres Gegenparts die Abwehrarbeit aber auch nicht vernachlässigen. Zudem stehen ihnen mit Dybala, Ronaldo oder Benzema weitere Spieler gegenüber, die nicht aus den Augen verloren werden dürfen. Derjenige, der die Balance zwischen Offensive und Defensiver besser hinbekommt, könnte einen entscheidenden Faktor bilden.
Entscheidend wird zudem sein, wie gut das Juventus-Mittelfeld die Spielverlagerungen von Kroos und Modric in den Griff bekommt. Gelingt es Khedira und Pjanic, die Pässe auf Außen zu verhindern, wäre Real einer großen Waffe beraubt und müsste vorwiegend durchs Zentrum den Weg in Richtung des Tores von Buffon suchen. Auf dem Weg dorthin warten dann allerdings noch die drei italienischen Kanten Barzagli, Chiellini und Bonucci.
Die Standards:
Standards können vor allem bei Real eine Waffe sein. Vor allem Kroos und Ramos bilden dabei ein brandgefährliches Duo. Aber auch Ronaldo, Varane und Benzema sind nach einem ruhenden Ball immer für ein Tor gut. Zudem stehen Isco, Modric oder Marcelo für den zweiten Ball an der Strafraumgrenze bereit.
Geht es um Kopfballstärke, gehört Juventus zu den besten Teams im Weltfußball. Mit Bonucci, Barzagli, Chiellini, Mandzukic und Higuain hat die Alte Dame gleich fünf Spieler im Kader, die jederzeit für einen Treffer nach ruhendem Ball gut sind.
Auffällig war zuletzt allerdings, dass sowohl Real als auch Juve bei ruhendem Ball für den Gegner durchaus anfällig waren. So könnten auf beiden Seiten die Duelle nach Standards den jeweiligen Ausschlag geben.
Auch direkt verwandelte Freistöße wären im CL-Finale keine Überraschung. Bei Juventus ist Pjanic ein ausgewiesener Experte und auch Dybala oder Higuain waren schon per Freistoß erfolgreich. Bei Real ist ein ruhender Ball in aussichtsreicher Position natürlich Chefsache und dürfte von Ronaldo eingefordert werden. Allerdings haben auch Isco und Modric ein feines Füßchen.
Juventus Turin - Real Madrid: Die Daten zum Spiel