Wie gut ist das Pferd wirklich?

Richtig zufriedene Gesichter gab es beim FC Bayern trotz des Sieges kaum
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Ein Trikotwurf, persönliche Eitelkeiten und wilde Gesten: Die Stimmung beim FC Bayern war schon mal besser. Nach dem 3:0-Auftaktsieg gegen den RSC Anderlecht verfolgt Trainer Carlo Ancelotti weiter seine Politik der ruhigen Hand, Arjen Robben schlägt dagegen Alarm. In zwei Wochen kommt es in der Champions League zum Härtetest.

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Willy Sagnol hatte genug gesehen. Er musste eingreifen und selbst Hand anlegen, um Schlimmeres zu verhindern. Schließlich hatte die vorherige Auswechslung schon genug Ärger verursacht. Und wenn der vierte Offizielle jetzt statt der gewünschten Elf beispielsweise eine Zehn in seine Tafel getippt hätte, wäre die Stimmung wohl noch weiter abgesackt.

Also riss Sagnol die elektronische Anzeigetafel an sich und gab die entsprechenden Zahlen selbst ein: 29 für 11, Coman für James. Der Kolumbianer James Rodriguez, der sein Startelfdebüt im Trikot des FC Bayern gefeiert hatte, verließ das Feld ohne Anstalten. Handshake mit Carlo Ancelotti, kurze Umarmung, Abklatschen mit den Kollegen auf der Bank. Alles ganz normal also.

Dass dieser Vorgang an diesem Abend schon fast den Rang einer Nachricht erlangte, lag am Vorspiel. So harmonisch ging es nur selten zu, Franck Ribery veranstaltete bei seiner Auswechslung ein ganz anderes Theater. Es brauchte kein Talent im Lippenlesen oder im Deuten von Körpersprache, um zu erkennen, dass der Franzose sauer war. Als er schließlich sein Trikot auszog und auf die Bank pfefferte, sorgte er auch noch für die Bilder zu seiner Laune.

Schlechte Stimmung beim FC Bayern

Sowohl Ancelotti als auch Sportdirektor Hasan Salihamidzic kündigten anschließend ein Gespräch mit Ribery an. Dass die Bayern nach einem 3:0-Auftaktsieg in der Champions League aber über solche Dinge sprechen müssen, zeigt, dass momentan vieles im Argen liegt an der Säbener Straße.

Riberys Auswechslung war nicht der einzige Moment, in dem man Zweifel an der Feststellung von Niklas Süle bekommen durfte, der später behaupten sollte, die Stimmung in der Mannschaft sei überragend.

Angespannt schien nach den Ereignissen der 90 Minuten schon eher das treffende Adjektiv. Es war ja nicht nur Riberys Trikotwurf, es gab auch noch einen latent unzufriedenen Robert Lewandowski und einen verärgerten Robben, der sich nicht nur einmal über die egoistischen Aktionen seines Mittelstürmers wunderte.

Robben schlägt Alarm

Lockerheit, Spielfreude, Begeisterung, all das suchten die Zuschauer am Dienstagabend in der Arena vergeblich. Dafür gab es Krampf, abfällige Gesten und die Zurschaustellung von Eitelkeiten. Robben war der Erste, der das hinterher deutlich ansprach.

"Wir müssen uns hinterfragen. Wir alle - als Mannschaft, aber auch individuell", sagte der Niederländer. "Darüber müssen wir reden und es verbessern. Du spielst hier in der eigenen Arena für dein Publikum. Du spielst gegen zehn Mann, gegen Anderlecht, da musst du eigentlich sowas von Bock haben die abzuschießen. Bei allem Respekt für den Gegner. Das haben wir auf dem Platz nicht gesehen, und das ist einfach schade. Für uns, fürs Publikum, für alle."

Von den Bossen gab es am Dienstag keine Reaktion. Sie hatten sich in den vergangenen Tagen auch genug geäußert. Über Lewandowski, über Ancelotti und über die Spielweise. Aber man konnte sich das alte Zitat von Uli Hoeneß schon ganz passend vorstellen: "Für eure Scheiß-Stimmung seid ihr doch verantwortlich!"

Bayern nur die Summe seiner Einzelspieler

Dass das Binnenklima unter Ancelotti, dem der Ruf des erfahren Animateurs von Superstars vorauseilt, derart gesunken ist, überrascht. Ein zentraler Punkt der ganzen Diskussion ist aber die Art und Weise, wie der FC Bayern aktuell Fußball spielt. Das Team wirkt nur wie die Summe seiner Einzelspieler, von funktionierenden Abläufen ist mit Ausnahme der Standardsituationen nichts zu erkennen.

Das beunruhigt nicht nur Robben, dessen Vertrag am Ende der Saison ausläuft, der vielleicht seine letzte Saison spielt und noch einmal um jeden Titel mitspielen will. Auch Hoeneß hat die Spielweise nach der Niederlage in Hoffenheim als aktuell größtes Problem bezeichnet.

Spurlos gehen die Stildebatten auch am Trainer nicht vorbei. Gegen Anderlecht war Ancelotti emotionaler an der Seitenlinie als sonst, er gestikulierte mehr, wirkte unzufriedener. Eingreifen und seine Mannschaft zu mehr Haltung animieren, konnte er aber nicht.

PSG wird zum Prüfstein für Bayern

Über die Frage, wie er denn den Auftritt seiner Mannschaft gegen zehn Mann bewerte, schien Ancelotti ob des klaren Sieges dagegen ziemlich überrascht. Der Italiener zeigte im Vorfeld der Partie bereits Unverständnis mit dem kritischen Umgang mit ihm und seiner Mannschaft.

Er gab zwar zu, dass das Spiel "nicht perfekt" gewesen sei, im Allgemeinen sei er aber zufrieden mit dem Auftritt. "Wir hatten das Spiel unter Kontrolle. Wir hätten mit mehr Intensität und Tempo spielen können, aber das war nicht nötig", sagte der Italiener.

Eine Aussage frei nach dem Motto: Ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss. Dass es dazu unterschiedliche Ansichten gibt, machten vor allem die Reaktionen von Ribery und Robben deutlich.

Gegen das schnell dezimierte Anderlecht reichte diese Attitüde für einen am Ende deutlichen Sieg. In zwei Wochen wartet aber das mit viel Geld und gewaltiger Offensivpower aufgerüstete Paris St.-Germain. Der erste große Prüfstein für die Bayern in dieser Saison. Im Prinzenpark wird es weitere Hinweise geben, ob die Bayern wirklich so hoch springen, wie es nötig ist, oder ob das Pferd gerade einfach nicht besser ist.

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