Ralph Gunesch kommentiert ab der neuen Saison die Champions League auf DAZN. Als Spieler war der Innenverteidiger unter anderem beim FC St. Pauli und dem FC Ingolstadt aktiv, 2015 beendete er seine Karriere. Im Interview blickt "Felgenralle" zurück auf die schönsten Momente seiner Laufbahn und spricht über seinen Spagat als Trainer und Kommentator und die Causa Mesut Özil.
Außerdem erklärt er, warum er sich im Kampf gegen Rassismus engagiert und wie man als Sportler mit den sozialen Medien umgehen sollte. Und er verrät, warum er gerne einmal die NFL kommentieren würde.
SPOX: Ralph Gunesch, als Sie auf meine Mail geantwortet haben, stand drunter: "Geschickt von meinem Super Nintendo". Wir sind ungefähr gleich alt, mit dem SNES bin ich natürlich auch aufgewachsen. Spielen Sie noch?
Ralph Gunesch: Auf jeden Fall, ich bin immer noch ein begeisterter Gamer. Meine Freundin sagt immer, ich sei ein Teilzeit-Nerd. Oder auch Vollzeit, wie auch immer. (zeigt auf sein T-Shirt, ein Zitat aus Pulp Fiction in Retro-Videospiel-Optik) Ich bin mit Commodore, Nintendo, Super Nintendo aufgewachsen. Ich hatte leider keinen in meiner Kindheit, weil wir nicht das Geld dafür hatten, aber bei Freunden habe ich immer gespielt. In den letzten Jahren habe ich sie mir alle gekauft und zocke immer noch gerne, heute aber meistens auf den aktuellen Konsolen.
SPOX: Ihr Lieblingsspiel auf dem Super Nintendo?
Gunesch: Das kann ja eigentlich nur Mario Kart sein, das spiele ich heute noch. An diesem Spiel sind viele Freundschaften zerbrochen.
DAZNSPOX: Ihr Spitzname, unter dem Sie auch auf Twitter unterwegs sind, ist "Felgenralle" und geht auf Ihre Leidenschaft für Autos zurück. Sie sind gerade mit einem Audi gekommen. Ist das Ihr Standard-Auto oder haben Sie eine ganze Garage voll?
Gunesch: Der Audi, den Sie gerade gesehen haben, ist tatsächlich das erste Auto, dass ich mir von meinem ersten Profivertrag gekauft habe. Es gibt also eine emotionale Bindung. Er ist Baujahr 2003 und jetzt 480.000 km gelaufen. Bis auf das Navigationssystem oder andere Kleinigkeiten habe ich auch nichts verändern lassen. Ich habe zwischendurch auch andere Autos gehabt, jedoch eher so für den Spaß oder fürs Wochenende. Aber diesen Audi werde ich noch so lange behalten, bis der TÜV was dagegen hat.
SPOX: Sie sind in Rumänien geboren, haben aber deutsche Wurzel. Gibt es noch Verbindungen nach Rumänien?
Gunesch: Ich bin in Siebenbürgen geboren und aufgewachsen, bis 1990 haben dort viele Deutschstämmige gelebt. Nach dem Ende der Diktatur ist ein großer Teil nach Deutschland ausgewandert. Als wir nach Deutschland gekommen sind, sind wir in den ersten Sommerurlauben immer runtergefahren. Ich war vor über 20 Jahren das letzte Mal da, aber ich werde es demnächst wieder besuchen und meine Erinnerungen auffrischen, wenn es sich zeitlich anbietet. Ich will auch meiner Freundin zeigen, wo ich herkomme.
SPOX: Waren Sie im Verein ein "Spieler mit Migrationshintergrund"?
Gunesch: Nein, zu meiner aktiven Zeit gab es diese Diskussion auch gar nicht. Wir haben beim FC St. Pauli mal ein Mannschaftsfoto editiert, ohne Spieler mit Migrationshintergrund, um zu zeigen, wie es aussehen würde. Aber ansonsten war das nie groß ein Thema, die anderen waren eher überrascht, wenn sie es irgendwo gelesen haben. Auch bei den Fans war das nie ein Thema.
SPOX: Sie haben im Laufe Ihrer Karriere für Alemannia Aachen, den FC St. Pauli, Mainz 05 und den FC Ingolstadt gespielt. Wenn Sie zurückdenken: Was war jeweils der beste Moment?
Ralph Gunesch: Stationen als aktiver Fußball-Profi
Saison | Verein | Spiele* | Tore |
2000-2003 | Alemannia Aachen | 55 | |
2003-2006 | FC St. Pauli | 112 | 1 |
2006/07 | 1. FSV Mainz 05 | 12 | 1 |
2007-2012 | FC St. Pauli | 91 | 3 |
2012-2015 | FC Ingolstadt | 40 | 1 |
*inklusive Einsätze in der 2. Mannschaft
Gunesch: Bei Alemannia Aachen das Zweitliga-Debüt als 17-jähriger A-Jugendlicher, das war etwas ganz Besonderes. Beim FC St. Pauli fällt es schwer, den einen Moment zu nennen: der Aufstieg in die 1. Liga, Derby-Sieger, ein Tor gegen Hoffenheim in der 2. Liga, einzelne Spiele gegen Rostock ... wirklich schwierig, da den einen Moment herauszuheben. Es war insgesamt eine tolle Zeit, die mich auch sehr geprägt hat. Bei dem Jahr in Mainz war es natürlich das Debüt in der 1. Bundesliga.
SPOX: Dort war Jürgen Klopp Ihr Trainer.
Gunesch: Ich habe es damals gar nicht wahrgenommen, das ist mir erst mit der Zeit aufgefallen, aber ich habe sehr viel von Jürgen Klopp mitgenommen. Von der Arbeit mit ihm ist viel hängengeblieben.
SPOX: Und Ihre letzte Station, Ingolstadt ...
imagoGunesch: Klar, der Aufstieg in die 1. Liga, auch wenn ich aufgrund meines Kreuzbandrisses erst am letzten Spieltag eingestiegen bin. Aber die Zweitliga-Meisterschaft, die Schale in der Hand zu halten, das ist schon etwas Besonderes. Der Moment der Verletzung ist ebenfalls sehr präsent geblieben, wenn auch nicht im positiven Sinne.
SPOX: Wussten Sie sofort, was passiert war?
Gunesch: Sofort. Alle die es schon erlebt hatten, hatten es genauso beschrieben. Ich wollte es nicht wahrhaben, auf dem Weg ins Krankenhaus in die Röhre hoffst du ja immer, aber insgeheim wusste ich, was los ist. Und auch, was das für meine Karriere bedeutet. Dafür war ich lange genug im Geschäft.
Ralph Gunesch über die Einzigartigkeit des FC St. Pauli
SPOX: St. Pauli ist von außen ein absoluter Kultverein. Ist es wirklich so speziell, so anders als bei anderen Klubs?
Gunesch: Die Frage ist, was du als Spieler daraus machst. Du wirst auch als Spieler bei St. Pauli durchaus glücklich, wenn du es nur als Job ansiehst und das tust, wofür du bezahlt wirst. Aber du merkst ganz schnell, dass es mehr sein kann als 90 Minuten am Freitagabend oder Samstag-/Sonntagmittag. Für Vereinsmitarbeiter, Fans, Umfeld ist es mehr. Wenn du das annimmst - dazu kann man niemanden zwingen -, wird es auch für dich als Spieler mehr. Du bekommst ein Gespür dafür, dass du auch als Spieler eine soziale Verantwortung hast, gerade innerhalb des Stadtteils. Wir, also der Stamm, der über mehrere Jahre zusammen war, haben versucht, das bestmöglich mit Leben zu füllen.
gettySPOX: Gibt es das in anderen Vereinen in ähnlicher Form und man bekommt es nur nicht mit?
Gunesch: In dem extremen Maße gibt es das in Deutschland kaum, wenn wir mal die ersten beiden Ligen nehmen. Babelsberg ist ein Beispiel, aber so toll ich ihre Arbeit auch finde: Das hat nicht diese Strahlkraft, weil der sportliche Erfolg nicht da ist. Es gibt immer wieder einzelne Aktionen von Mannschaften oder Spielern, aber in dieser Regelmäßigkeit gibt es das tatsächlich nur beim FC St. Pauli.
SPOX: Sie sind nicht nur Kommentator bei DAZN, sondern auch Co-Trainer beim FC Ingolstadt. Wie kam es dazu?
Gunesch: Nach meiner aktiven Zeit habe ich bei der U23 mittrainiert. Stefan Leitl war damals dort noch Trainer, ich habe mich fitgehalten und währenddessen immer mal wieder auch in der Trainerarbeit unterstützt. Dann hat Stefan mich gefragt, ob ich ihn nicht auch im Bereich der Videoanalyse unterstützen möchte. Also habe ich Videos vom kommenden Gegner bekommen, analysiert und für ihn zusammengefasst. Dann ist Stefan zu den Profis gewechselt und sein alter Co-Trainer und neuer U23-Trainer, Ersin Demir, und ich haben beschlossen, dass wir das so weitermachen. Ende 2017 hat er mich schließlich gefragt, ob ich ihn nicht als Co-Trainer unterstützen möchte, weil er zu dem Zeitpunkt keinen hatte. Zuerst ein bisschen inoffiziell, zum 1. Januar 2018 wurde ich dann offiziell beim Verein angestellt und war bis Saisonende dann Co bei der U23. Jetzt zur neuen Saison bin ich Co-Trainer der U17 Bundesligamannschaft des FC Ingolstadt. Hin und wieder, wenn jemand im Training beim Abschlussspiel fehlt, kann ich den Jungs noch zeigen, wie das so ist, wenn man doppelt so alt ist wie sie. (lacht)
SPOX: Das klingt insgesamt nach einer eher zufälligen Trainerkarriere.
Gunesch: Nein, ich wollte schon immer in diese Schiene und arbeite auch weiter an meinen Trainerscheinen. Ich habe Anfang des Jahres meine Jugend-Elite-Lizenz gemacht und werde demnächst die A-Lizenz angehen. Sobald ich mich für den Fußballehrer bewerben kann, werde ich das auch tun. Es ist auf jeden Fall mein Ziel, irgendwann Cheftrainer zu werden.
SPOXSPOX: Wie läuft der Spagat zwischen Trainer- und Kommentatorenjob?
Gunesch: Das ist eine Frage der Organisation. Wir spielen meistens um 11 Uhr morgens, samstags oder sonntags, das Training ist abends um 18 Uhr. Das heißt, das 13-Uhr-Spiel der Premier League kann ich nicht kommentieren, aber die übrigen Spiele sind kein Problem.
SPOX: Und jetzt, wo DAZN die Rechte an der Champions League und der Europa League hält?
Gunesch: Sobald ich meine Termine habe, werde ich das mit dem Cheftrainer abklären. Aber darüber haben wir im Vorfeld schon geredet, da habe ich die Unterstützung des Trainerteams. Ich bin ihnen sehr dankbar, dass sie das ein Stück weit mittragen.
Gunesch: "Ich möchte meine Stimme erheben und ein Bewusstsein für Menschlichkeit schaffen"
SPOX: Sie haben sich immer sozial engagiert, zum Beispiel gegen Rassismus und Homophobie, und haben damit auch nie hinter dem Berg gehalten. Wie kam es dazu?
Gunesch: Das habe ich vom FC St. Pauli mitgenommen. Wir sind in einer Phase, da sind Dinge salonfähig geworden, für die man vor einigen Jahren sprichwörtlich noch geteert und gefedert worden wäre. Heute wird im negativen Sinne mehr toleriert, das macht mir große Sorgen. Da wären wir wieder am Punkt der sozialen Verantwortung. Leute, die eine Stimme haben, sollten diesen Tendenzen Einhalt gebieten, tun es aber leider nicht. Auch wenn ich bei weitem nicht die größte Reichweite habe, möchte ich meine Stimme erheben und ein Bewusstsein für Menschlichkeit schaffen. Heutzutage ist das Schlimme: Nur weil du zum Beispiel gegen Rassismus bist, heißt es plötzlich du bist linksradikal. Da ist etwas mit unserem Kompass völlig falsch gelaufen.
SPOX: Wie haben Sie die Diskussion um Mesut Özil erlebt?
Gunesch: Über das Thema Özil wurde sehr breit kompetent und inkompetent diskutiert. Was mich vor allem in der öffentlichen Diskussion gestört hat, und das geht bis ganz nach oben, ist dass unheimlich viele Dinge miteinander vermengt wurden, die nichts miteinander zu tun hatten bzw. die Mesut Özil gar nicht angesprochen hat.
SPOX: Sie sind in den sozialen Medien sehr präsent: Hätten Sie Özil geraten, sein Statement auf diese Art und Weise zu veröffentlichen.
Gunesch: Die Frage in seiner Situation war, welche Möglichkeiten er hat, um seine Message zu verbreiten. Gibst du eine Pressekonferenz? Niemand wird eine solche PK immer vollständig senden. Das heißt, du hast immer einzelne Aussagen, die ein Stück weit aus dem Kontext gerissen werden - nicht einmal böswillig, aber anders funktioniert das Format nicht. Mit seinem Statement hatte er die Möglichkeit, seine Aussage ungefiltert und ungeschnitten für jeden jederzeit abrufbar abzugeben. Ob das wie eine Soap mit verschiedenen Episoden und dergleichen ablaufen muss, das ist eine Frage der Umsetzung. Das darf jeder finden, wie er möchte.
Ralph Gunesch: Mats Hummels bei Twitter ist ein positives Beispiel
SPOX: Haben Spitzensportler die sozialen Medien schon "entziffert"?
Gunesch: Generell eignen sich soziale Netzwerke für Sportler dazu, eigene Statements in eigenen Worten abzugeben. Für mich steckt in vielen Fällen zu viel Agentur dahinter und zu wenig echte Meinung. Aber die Sportler haben entdeckt, dass sie es nutzen können. Das werden wir nicht zurückdrehen können. Im Umgang damit können wir aber noch sehr viel lernen. Es kann sehr viel mehr sein als Monetarisierung der eigenen Reichweite.
SPOX: Inwiefern?
Gunesch: Es muss sich organisch entwickeln, und vor allem muss es von den Spielern selbst kommen. Ein positives Beispiel ist Mats Hummels bei Twitter. Er macht das alles selbst, weil er Lust darauf hat. Vor kurzem etwa mit einer Stunde, in der die Fans Fragen stellen durften. Wenn wir über den großen Teich gehen: Die Sportler dort sind deutlich aktiver, meinungsstärker und kommunizieren das auch. Ich glaube, dass jeder Fußballer hier auch eine Meinung zu verschiedenen Themen hat, nur kommuniziert er es nicht. Aus welchen Gründen auch immer. Das wird sich mit der Zeit ändern, weil immer mehr Spieler nachkommen, die damit aufgewachsen sind. Man kann nicht von einem Miro Klose erwarten, dass er bei Twitter herumhängt. Aber die 15- und 16-Jährigen, die in ein paar Jahren Profi sind, sind damit aufgewachsen und gehen damit ganz anders um.
SPOX: Mussten Sie im Training schon einschreiten, wenn das Smartphone nicht weggelegt wird?
Gunesch: Da braucht es konkrete Regeln. Ich sage immer als Faustregel: Sobald die Fußballschuhe vor dir liegen, legst du das Handy weg. Dann zählt nur das Eine. Eins darf man nicht vergessen: In den allerwenigsten Fällen bekommst du einen Profivertrag, weil du gut bei Twitter oder Instagram bist. Du musst in erster Linie Fußball spielen.
SPOX: Aber es wird doch trotzdem immer wichtiger, oder? Im Zweifelsfall wird lieber der mit einer Million Fans verpflichtet als der ohne Twitter-Account, oder?
Gunesch: Die Frage ist halt: Kann der mit der Million auch kicken? Mir hilft es als Verein nicht, wenn er viele Follower hat, aber nicht kicken kann. Das Geld kann ich auch in die Marketing-Abteilung stecken und mir für den Rest einen guten Fußballer kaufen. Das klingt vielleicht ein bisschen altmodisch, aber ich bin der festen Überzeugung: Am Ende zählt das, was auf dem Platz passiert.
SPOX: Wurden Sie von Mitspielern angesprochen und um Tipps gebeten?
Gunesch: Das kam schon vor, dass Spieler gefragt haben: "Hey, ich habe jetzt auch eine Facebook-Seite, die betreuen mein Berater und ich, kannst du mal gucken?" Dann habe ich ein paar Basics an die Hand gegeben, Tipps für den Anfang. Das Schöne ist: Ich kann selbst entscheiden, was ich kommuniziere. Bei meinen Seiten mache ich alles selbst, ich habe keine Agentur oder einen Ghostwriter. Ich lese auch alle Kommentare.
SPOX: Bei DAZN arbeiten Sie als Experte mit einem Hauptkommentator zusammen. Was sehen Sie als Ihre Hauptaufgabe an?
Gunesch: Der Hauptkommentator hat definitiv die größere Arbeit in der Vorbereitung, weil er das Spiel quasi begleitet und dem Zuschauer die Hintergrundinformationen liefert. Meine Rolle ist eher die Live-Analyse dessen, was auf dem Platz passiert. Oftmals fällt ein Tor nicht nur, weil der Abwehrspieler den Fehler gemacht hat, sondern das entsteht schon in den Situationen davor. Oder auch taktische Umstellungen und dergleichen.
SPOX: Gibt es ein festes Gespann oder wechselt Ihr Partner öfters?
Gunesch: Ich habe zwei, drei Jungs, mit denen ich die meisten Spiele kommentiere: Marco Hagemann, Uli Hebel und Jan Platte. Ein fixes Duo gibt es nicht. Natürlich bist du mit dem einen oder anderen etwas besser eingespielt, aber normalerweise findet man schnell eine gemeinsame Wellenlänge und dann funktioniert das ganz gut.
DAZN zeigt UEFA Champions und UEFA Europa League: Experten
Experten |
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Benjamin Lauth |
Per Mertesacker |
Ralph Gunesch |
SPOX: Hat sich Ihr Blick auf Kommentatoren verändert?
Gunesch: Rein handwerklich war ich nie ein großer Kritiker, weil jeder seinen eigenen Stil hat. Jetzt sehe ich, was dahintersteckt, habe einen anderen Einblick. Mich hat nur die sportliche Einschätzung manchmal geärgert, weil ich mir dachte: Wenn du da mal gestanden hättest, dann wüsstest du ... Aber auch ich mache alles falsch, wenn ich ab und zu die Reaktionen lese. (lacht) Ich glaube, eine meiner großen Stärken ist die Sachlichkeit. Mir wurde auch schon vorgeworfen, dass ich zu sachlich bin. Aber ich habe es als langjähriger St. Paulianer auch schon geschafft, den HSV sachlich zu kommentieren, also alles gut.
SPOX: Haben Sie schon Spieler kommentiert, mit denen Sie zusammengespielt haben?
Gunesch: Das habe ich tatsächlich, das ist immer sehr angenehm. Es ist auch in der Vorbereitung ein großer Vorteil, weil ich sie dann anrufen kann und die Infos aus erster Hand bekomme. (lacht)
SPOX: Gibt es Pläne, irgendwann eine andere Sportart zu kommentieren?
Gunesch: Ich hätte richtig Bock, zum Beispiel mit Marco Hagemann mal die NFL zu kommentieren, als zweite Tonspur, nur zum Spaß auf Fußballer-Art. Da haben wir schon häufiger drüber geflachst. Ich bin seit ein paar Jahren Fan und kenne die Regeln, bin aber ganz weit weg davon, irgendwas davon zu verstehen. Oder Baseball, davon verstehe ich absolut nichts.
Ralph Gunesch über 50+1, den Videobeweis, Pyrotechnik und RB Leipzig
SPOX: Zum Schluss noch eine Schnellfeuerrunde: 50+1?
Gunesch: Bleibt. Ausrufezeichen!
SPOX: Videobeweis?
Gunesch: (lacht) Wie viel Zeit haben Sie? (überlegt) Ich bin großer Fan von technischen Hilfsmitteln bei Schwarz-Weiß-Entscheidungen: Ist der Ball im Tor oder nicht? Ist der Ball im Aus oder nicht? Das doppelte Netz bei diesen Grauzonen halte ich immer noch für extrem schwierig. Natürlich spricht es für den Videobeweis, dass man statt zehn nur noch zwei Fehler macht. Aber die Art und Weise, der Umgang damit sorgt immer wieder dafür, dass es nicht weniger, sondern nur noch mehr und noch hitzigere Diskussionen gibt und es zum Teil schwer nachvollziehbare Entscheidungen gibt.
SPOX: Pyrotechnik?
Gunesch: Es sieht total toll aus, wir loben ja auch immer die südamerikanische Stimmung und so. Aber auch hier ist es für mich kein schwarz-weiß, weil es ja de facto gefährlich ist. Die Dinge sind halt wirklich scheiße heiß. Sobald du dann in einer so großen Masse unterwegs bist, gibt es natürlich Risiken. Dennoch bin ich stark für einen Dialog, um Kompromisse zu finden. In Dänemark haben sie kaltes Pyro erfunden. Vielleicht wäre das eine Lösung.
SPOX: Die Diskussion oder kluge und dumme Fußballer?
Gunesch: Die Kabine ein ganz normaler Querschnitt durch die Gesellschaft. Man könnte auch in die Fußgängerzone gehen und sich 25 Menschen herauspicken. Da hätte man vom Schulabbrecher über den Abiturienten bis zum Kernphysiker alles dabei.
SPOX: Depressionen im Fußball?
Gunesch: Ich habe mit Andreas Biermann zusammengespielt. Wir haben lange Zeit nichts bemerkt, bis zum ersten Suizidversuch. Es ist ein unheimlich wichtiges Thema und ich finde es sehr gut, dass immer mehr mit Sportpsychologen zusammengearbeitet wird. Wir haben im NLZ auch eine Sportpsychologin, die sich um solche Themen kümmert, damit die Jungs sehr früh lernen und mental auf die Profikarriere vorbereitet werden. Das Körperliche ist das Eine, aber je höher du kommst, desto stärker musst du im Kopf sein. Als Co-Trainer ist es schwierig, weil die Spieler denken, sie müssten eine Schwäche zugeben gegenüber demjenigen, der über ihre Aufstellung entscheidet. Wichtig ist, dass es Leute sind, zu denen die Spieler Vertrauen haben und die nicht direkt am Trainerteam angeschlossen sind. Ob sie sich extern jemanden suchen oder der Verein einen Ansprechpartner stellt, ist mir völlig egal. Aber wenn jemand in diese Richtung Unterstützung braucht, sollte er sie auch bekommen.
SPOX: "Plastikklubs" a la RB Leipzig?
Gunesch: Ich hätte einmal zu RB wechseln können, aber ich hatte mir bei St. Pauli etwas aufgebaut, was ich damit umgestoßen hätte. Das wollte ich nicht, es war eine Prinzipiensache. Wie gesagt: 50+1 sollte bleiben.