Real Madrid in der Krise: Was Trainer Julen Lopetegui jetzt noch retten kann

Von Kerry Hau
Julen Lopeteguis Zukunft bei Real Madrid hängt vom Ausgang des Duells mit dem FC Barcelona ab.
© getty

"Alarmstufe Rot" bei Real Madrid: Durch die 1:2-Heimpleite gegen UD Levante hat die Krise der Königlichen dramatische Züge angenommen. Während die Nerven innerhalb der Mannschaft sichtlich blank liegen, ist Trainer Julen Lopetegui um Ruhe bemüht. Ausgerechnet der Clasico beim FC Barcelona am Sonntag (16.15 Uhr im LIVETICKER und live auf DAZN) wird zu seinem Schicksalsspiel.

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Sergio Ramos, und das ist mit Sicherheit kein Geheimnis, kennt sich mit Körperkontakt aus. So leicht kann den Kapitän von Real Madrid nichts aus der Fassung bringen. Unter normalen Umständen. Da es bei den Königlichen dieser Tage aber alles andere als normal zugeht, wird auch das Nervenkostüm eines so erfahrenen Sportsmannes wie ihm dünner.

Als Ramos am Montagmittag bei einer Aufwärmübung im Abschlusstraining vor dem Champions-League-Heimspiel gegen Viktoria Pilsen (21 Uhr im LIVETICKER und live auf DAZN) mit Nachwuchskicker Sergio Reguilon zusammenstieß, schnappte er sich kurzerhand einen Ball und drosch ihn wütend in dessen Richtung. Der 21-Jährige konnte gerade noch rechtzeitig ausweichen, um einen Eklat abzuwenden.

Presse über Real Madrid: "Eine Ruine"

Die Kameras von Movistar fingen anschließend noch ein, wie Ramos seinem Kollegen mit erhobenem Zeigefinger deutlich machte, sich fortan lieber von ihm fernzuhalten. Reguilon sparte sich eine Antwort und so beruhigten sich die Gemüter schnell wieder.

Trotzdem war jene Szene mehr als bezeichnend für die momentane Situation des europäischen Champions.

"Dieses Madrid ist eine Ruine", titelte die Sportzeitung Marca nach der blamablen Niederlage gegen UD Levante am Samstag, während das Tagesblatt El Pais die "Alarmstufe Rot" ausrief. Das 1:2 vor heimischer Kulisse war bereits die fünfte sieglose Partie in Folge.

Sogar Alaves und Valladolid stehen vor Real

Real stellte dabei sogar einen klubinternen Negativ-Rekord auf: Nie in seiner ruhmreichen 116-jährigen Geschichte musste der spanische Rekordmeister länger auf ein Tor warten (480 Minuten).

Der Anschlusstreffer des Brasilianers Marcelo (72.) kam zu spät, um die zuvor längste Durststrecke von 465 Minuten aus der Saison 1984/85 zu unterbieten. Viel schlimmer für die erfolgsverwöhnten Madrilenen aber: Sie rutschten in der Tabelle der Primera Division auf Platz sieben (!) ab.

Unter anderem hinter Provinzteam Alaves und Aufsteiger Valladolid. Eine Demütigung, die so gar nicht dem königlichen Selbstverständnis entspricht. Daher verwundert es niemanden, dass vor allem die Kritik an Trainer Julen Lopetegui beinahe minütlich ansteigt.

Real-Stars stellen sich hinter Lopetegui

"Er hat seinen letzten Kredit verspielt", schrieb Marca bereits kurz nach dem Abpfiff. "Madrid entpuppt sich als Albtraum für Lopetegui", kommentierte El Pais. Der 52-jährige Spanier, der erst im Sommer auf den überraschend zurückgetretenen Erfolgstrainer Zinedine Zidane gefolgt war, wollte von einer Entlassung nichts wissen.

Auch am Montag nicht. "Falls ihr erwartet habt, hier einen niedergeschlagenen Trainer anzutreffen - ich bin es nicht", sagte er den zahlreich erschienen Journalisten auf der Pressekonferenz vor dem Duell mit Pilsen. Eine klare Antwort auf die Frage, wie denn seine Zukunft aussehe, hatte er allerdings auch nicht parat.

Vielmehr flüchtete er sich in Durchhalteparolen und betonte, ausschließlich an das Hier und Jetzt zu denken. Etwas anderes blieb ihm auch nicht übrig. Florentino Perez, Reals Präsident, hatte noch nach der Schmach gegen Levante das Vier-Augen-Gespräch mit ihm gesucht. Laut dem Radiosender Cadena Cope zeigte Perez Lopetegui nur deshalb nicht die Tür, weil sich mehrere Spieler hinter ihren angezählten Trainer stellten.

Clasico gegen Barcelona wird zum Schicksalsspiel

"Wir verteidigen ihn bis zum Tod", stellte etwa Marcelo klar. "Ein Trainerwechsel ist nie gut", mahnte Ramos. Und Isco, neben Lopetegui am Montag zu Gast auf der Pressekonferenz, sagte sogar, es wäre "Blödsinn", den Trainer abzusägen. "Wenn sie ihn rauswerfen, müssen sie uns alle rauswerfen."

Klar sollte aber auch den Real-Stars sein: Einen weiteren Ausrutscher dürfen sie sich in ihrer prekären Lage nicht erlauben. Sie brauchen ein sportliches Statement für ihren Trainer. Erst gegen Pilsen. Obwohl alles andere als ein Sieg - selbst in der aktuellen Verfassung - einer Katastrophe gleichen würde.

Vor allem aber am Sonntag, wenn der Clasico beim FC Barcelona (16.15 Uhr im LIVETICKER und live auf DAZN) ansteht. Was den Königlichen neben dem verletzungsbedingten Ausfall von Barcas Superstar Lionel Messi Mut macht: Im Camp Nou sahen sie zuletzt immer gut aus, verloren dort keines der letzten drei Liga-Spiele. Ein Unentschieden wie in der vergangenen Saison würde Lopetegui jedoch möglicherweise nicht reichen.

Mögliche Lopetegui-Nachfolger: Conte, Wenger, Solari

Perez, so berichten mehrere spanische Medien, suche schon nach einem neuen starken Mann für die Seitenlinie. Zahlreiche prominente Namen werden gehandelt. Antonio Conte, zuletzt beim FC Chelsea angestellt, und Arsene Wenger, nach seinem Aus beim FC Arsenal ebenfalls ohne Job, zum Beispiel.

Die besten Karten hat aber offenbar ein Unbekannter im Trainergeschäft: Santiago Solari. Der 42 Jahre alte Argentinier coacht die B-Mannschaft von Real, ist nach neun Saisonspielen in der dritten Liga noch ungeschlagen.

Für ihn spricht, dass er den Klub kennt und einen ähnlichen Werdegang als Trainer wie Zidane vorweisen kann. Der frühere Weltfußballer aus Frankreich war vor seinem Engagement als Cheftrainer ebenfalls für die Castilla verantwortlich gewesen. Daraufhin gewann er mit den Profis dreimal nacheinander die Champions League.

Isco vermisst Cristiano Ronaldo nicht

Damals trug aber auch noch Cristiano Ronaldo das weiße Trikot. Ohne den im Sommer zu Juventus Turin abgewanderten Portugiesen fehlt es insbesondere im letzten Drittel an Durchsetzungsvermögen und Kaltschnäuzigkeit.

Gegen Levante reichten 31 Torschüsse nicht zum Erfolg. Die Mannschaft gibt trotzdem vor, Ronaldo nicht zu vermissen. "Wir trauern keinem hinterher, der nicht mehr hier sein wollte", sagte Isco am Montag gereizt. "Wir sind die ersten, die genervt nach Hause gehen, wenn wir das Tor nicht treffen."

So genervt wie Ramos im Training. Der entschuldigte sich übrigens noch öffentlich bei Reguilon. "Auch wenn es euch anders erscheinen mag: Solche Situationen kommen immer wieder vor. Das ist aber keine Entschuldigung, so hätte ich nicht reagieren dürfen", schrieb der Kapitän später auf Twitter.

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