Pariser Dominanz zu Beginn
Paris spielte gegen den Ball in einem 4-4-2 und versuchte dabei, den Gegner früh unter Druck zu setzen. Dabei wechselten sich die beiden Sechser der Franzosen, entweder Marco Verratti oder Marquinhos, immer wieder mit dem Anlaufen auf Liverpools defensiven Mittelfeldspieler Jordan Henderson ab, sodass die Gäste keine flachen Anspielstationen hatten. Jürgen Klopps Team blieb so bei der Spieleröffnung meist nur der lange Ball.
In Ballbesitz agierte PSG in einem 3-5-2, wobei Marquinhos sich in die letzte Kette fallen lies und Verratti als einzige Sechs agierte. Neymar hatte in der Offensive viele Freiheiten und kam wie gewohnt häufig über die linke Seite oder aus dem linken Halbraum. Auf der anderen Seite positionierte sich Angel Di Maria meist im rechten Halbraum oder wich ebenfalls ganz auf die Seite aus, wo er mit seinem Hintermann, Rechtsverteidiger Thilo Kehrer, mehrfach Überzahlsituationen schuf.
Durch die Dreierkette von Paris hätte sich für Liverpool bei eigenem Ballbesitz die Möglichkeit ergeben, die drei gegnerischen Innenverteidiger Mann gegen Mann zu pressen. Allerdings rückten die PSG-Außenverteidiger immer wieder diszipliniert in die letzte Reihe zurück und unterbanden damit ein mögliches offensives Pressing der Reds. Für diese taktische Variante hätte Klopp seine beiden Außenverteidiger weit nach vorne schieben müssen, wodurch aber zugleich der Raum hinter diesen frei geworden wäre, was wiederrum die Konteranfälligkeit erhöht hätte.
Liverpool stand zu Beginn des Spiels sehr tief in einem 4-5-1 und lauerte auf die Fehler von Paris, um dann speziell über die beiden offensiven Außen Sadio Mane und Mohamed Salah schnell umzuschalten. Aus dem Spiel heraus versuchten die Reds vor allem auf Rechts Überzahl zu schaffen und dadurch Neymar in die ihm ungeliebte Defensivarbeit zu zwingen. Dadurch gelang es Liverpool zwar, die ersten beiden Linien (Angriffs- und Mittelfeldreihe) von Paris zu überspielen. Im letzten Drittel fehlte jedoch die Kreativität und der nötige Zug zum Tor.
Liverpools Probleme mit dem alleinigen Sechser Verratti
Marco Verratti stellte Liverpool vor große Probleme. Da der Italiener bei PSG-Ballbesitz als einziger Sechser agierte, wusste Liverpool meist nicht, welcher Mittelfeldspieler auf ihn rausschieben sollte, wenn dieser den Ball erhielt. Verratti konnte dadurch hinter der ersten Linie des Gegners die Spielzüge initiieren und das Spiel nach vorne ankurbeln. Daraus resultierend nahm PSG in der Mitte des Platzes die Überzahl ein, wodurch sich Lücken ergaben. PSG-Coach Thomas Tuchel ließ seine vorderste Reihe um Neymar, Kylian Mbappe und Di Maria oft auch ins Zentrum rücken, was deren Dominanz dort noch erhöhte.
Speziell Neymar zog immer wieder zwei gegnerische Mittelfeldspieler auf sich und spielte immer wieder eine Steil-Klatsch-Kombination mit Verratti. Aus einer eben solchen Situation entstand letztlich auch das 1:0, als Neymar im Zentrum zu viel Platz hatte und den Ball durch ein einfaches Doppelpassspiel bis in das letzte Drittel bringen konnte, wo er dann Mbappe einsetzte, der letztlich die Führung durch Juan Bernat vorbereitete.
Das Umschaltspiel von Paris
Nach dem Tor veränderte sich die Statik des Spiels, Paris zog sich mehr in ein tieferes Mittelfeldpressing zurück und versuchte dann in das Umschaltspiel zu gehen. So hatte zwar Liverpool mehr Ballbesitz, ohne jedoch gefährlich vor das Tor von Paris zu kommen. Paris verteidigte sehr aggressiv und hatte dann immer wieder Ballgewinne in der eigenen Hälfte. Danach schalteten sie meist über ihre hohe individuelle Klasse mit Mbappe, Neymar und Cavani um. Auffällig war dabei, dass sich Mbappe nach Ballgewinn auf die linke Außenbahn fallen ließ, um dann mehr Raum und Zeit zu haben, den Ball gefährlich vor das Tor von Liverpool spielen zu können. Zudem lockte er damit zugleich einen Reds-Innenverteidiger aus dem Zentrum heraus, wodurch einige gute Tormöglichkeiten (wie in der 31. Minute) entstanden. Auch das 2:0 durch Neymar entstand mit einem solchen Spielzug.
Insgesamt spielte Liverpool eine sehr schwache erste Halbzeit. Den sonst so offensivstarken Reds gelang nicht ein einziger echter Torschuss. Dass das Klopp-Team dennoch mit einem 1:2 in die Pause ging, hatte es PSG-Defensivspieler Marquinhos zu verdanken, der mit einem Ballverlust in der Vorwärtsbewegung in der Nachspielzeit die Situation einleitete, die zum von Angel Di Maria verursachten Elfmeter führte.
Liverpools Spiel
Liverpool positionierte seine Außenverteidiger allgemein relativ tief, während deren offensive Außen Salah und Mane vor allem aus dem Halbfeld agierten. Von dort aus initiierten diese immer wieder Tiefenläufe, um in den Rücken der Pariser Außenverteidiger zu kommen. Zudem schafften sie durch ihre Position viel Raum für die Außenverteidiger dahinter. Speziell Andrew Robertson auf der linken Seite wurde in der zweiten Halbzeit zu Beginn aktiver, bespielte diesen Freiraum und kam öfters zum Flanken.
Zudem hatte Liverpool zu Beginn des zweiten Durchgangs einen besseren Zugriff auf die Konterspieler von Paris, konnte bei Ballverlusten das Spielgerät oft schnell zurückerobern und unterband so überfallartige Angriffe von PSG. Torchancen blieben für Liverpool aber dennoch Mangelware, da das von Tuchel angeleitete 4-4-2 weiter stabil stand. Obwohl die Reds numerisch im Zentrum potenziell eine 3:2-Überzahl gehabt hätten, war meist weiter die erste Offensiv-Variante, einen zentralen Mittelfeldspieler auf die Außenbahn zu ziehen, um dort eine Überzahl zu schaffen und aus dieser den Angriff einzuleiten.
Dafür fehlte jedoch ein spielerisch guter Sechser, den Liverpool mit Jordan Henderson, der eher als Abräumer bekannt ist, aber nicht in seinen Reihen hat. Die Offensivbemühungen der Gäste wurden zusätzlich durch Tuchels Hereinnahme von Defensivspieler Dani Alves erschwert, der die durch das nicht gerade intensive Defensivverhalten von Angel Di Maria entstandenen Lücken auf der rechten PSG-Seite wieder schloss.
Fazit
Liverpool konnte in diesem Spitzenspiel sein zweifellos vorhandenes Potenzial zu keiner Zeit auf den Platz bringen. Die geballte Offensivpower um Salah, Mane und Roberto Firmino brachte über 90 Minuten nicht eine klare Torchance zustande. Paris hingegen verdiente sich durch eine sehr gute erste Halbzeit diesen Erfolg. Speziell die Kompaktheit im 4-4-2 war der Schlüssel zum Erfolg.
Tuchel hat es geschafft, seinen offensiven Kreativspielern beizubringen, dass Spiele in der Defensive gewonnen werden. Diese waren sich auch nicht zu schade, weite Wege in die eigene Hälfte zu gehen, um dort Abwehrarbeit zu verrichten. So stand am Ende für Thomas Tuchel nach der 2:3-Hinspielpleite eine erfolgreiche Revanche zu Buche, durch welche PSG nun mit einem Bein im Achtelfinale steht. Liverpool hingegen muss nun vor eigener Kulisse im letzten Gruppenspiel gegen Neapel gewinnen, um in die Runde der letzten 16 einzuziehen.