BVB, FC Bayern und Schalke 04 in der Champions League: Fünf Thesen zum Achtelfinale

Stefan Petri
18. Dezember 201810:35
Robert Lewandowski trifft mit dem FC Bayern auf den FC Liverpoolgetty
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Während es beim FC Bayern im Achtelfinale der Champions League gegen Liverpool auf Robert Lewandowski ankommt, wird sich beim BVB in den Duellen gegen die Spurs die neue Reife der Schwarz-Gelben bemerkbar machen. Der FC Schalke 04 hat gegen Manchester City eigentlich nicht den Hauch einer Chance. Oder doch? SPOX stellt fünf Thesen zum Achtelfinale in der Königsklasse auf, erklärt, warum Tuchel gegen Mourinho kein Trainerduell ist und warum Juventus das schlimmste Los ist, was Atletico hätte ziehen können.

Warum Lewandowski Bayerns X-Faktor gegen Liverpool ist

"Es wird eine fantastische Schlacht. Auf geht's FC Bayern, wir können es schaffen", kommentierte Lewandowski das Achtelfinal-Los seines Klubs via Twitter. Beide Teams hatten zuvor einen extrem reizvollen Gegner zugelost bekommen - und auch wenn der englische Tabellenführer in den letzten Wochen definitiv eine bessere Form präsentierte, fühlte man sich auf der Insel etwas mulmig. "Horrorlos", kommentierte etwa die Sun.

Das liegt vor allem an Robert Lewandowski. Der präsentiert sich nach einem leichten Durchhänger in den letzten Wochen wieder in überragender Form: Drei Tore in den letzten beiden Ligaspielen, stolze sieben Tore in den vergangenen vier Auftritten in der Königsklasse, darunter drei Doppelpacks in Folge. 22 Tore in 22 Einsätzen diese Saison. Und: Pausen gibt es dabei keine. Nur dreimal spielte Lewy nicht durch, zuletzt im Oktober.

FC Bayern - FC Liverpool: Müllers Sperre ein Problem für Lewy?

Die Abwehr der Bayern wackelt immer noch - ohne eine krasse Leistungssteigerung ist es kaum vorstellbar, dass der deutsche Rekordmeister den Sturm der Reds ausbremsen kann, gerade auswärts. Umso wichtiger ist es, dass Lewandowski an der Anfield Road trifft und die Bayern mit einer einigermaßen aussichtsreichen Ausgangslage ins Rückspiel gehen.

Zumal Abwehr-Kante Virgil van Dijk, seines Zeichens teuerster Verteidiger der Welt, im Hinspiel eine Gelbsperre absitzen muss. Hinter ihm wird es in der Innenverteidigung Liverpools dünn, auch Joe Gomez (Beinbruch) wird bis Februar fehlen.

Negativ für Lewandowski: Thomas Müller wird nach seiner Kung-Fu-Attacke im letzten Gruppenspiel gegen Nicolas Tagliafico von Ajax Amsterdam ebenfalls zuschauen müssen, vielleicht auch im Rückspiel. Damit verliert der Pole seinen Raumdeuter, der im 4-2-3-1 zuletzt stets zentral hinter ihm agierte.

Niko Kovac wird eine Lösung finden müssen, die die Treffsicherheit seines Angreifers nicht schmälert. Rückt Leon Goretzka weiter nach vorn oder Serge Gnabry in die Mitte? Vielleicht schlägt sogar die Stunde von James Rodriguez.

BVB im Achtelfinale gegen Tottenham: Vorteil Schwarz-Gelb!

Der BVB bringt keine sonderlich positiven Erinnerungen ins Duell mit Tottenham Hotspur: In der vergangenen Saison verlor man in der Gruppenphase gleich zweimal, ließ sich beim 1:3 im Wembley-Stadion auskontern und gab im Rückspiel eine Führung noch aus der Hand.

Nun ist es nicht so, als würden die Spurs eine schwache Saison spielen, nur weil Liverpool und City an der Spitze enteilt sind. Im Gegenteil: Mit 39 Zählern aus 17 Spielen steht das Team acht Punkte besser da als zum gleichen Zeitpunkt 2018.

Gleichzeitig tat man sich gegen hochkarätige Konkurrenz allerdings schwer. In der Liga gab es Pleiten gegen Liverpool, City und Arsenal, in der Champions League gegen Barca und in Mailand. Gerade Inter zeigte, wie man mit beschränkten Mitteln dagegenhalten kann.

BVB - Tottenham Hotspur: Kein Angstgegner mehr

Dazu kommt: Dortmund ist bedeutend reifer und cleverer als noch vor einem Jahr. Lucien Favre wird sich hüten, in London ins offene Messer zu rennen. Stattdessen wird der BVB, der ja selbst vor allem auf schnelles Umschaltspiel setzt, den Gegner im Hinspiel kommen lassen.

Zudem ist man gegen die Angstgegner der letztjährigen Hinrunde besser gerüstet. Harry Kane, der den BVB damals terrorisierte (3 Tore), bekommt es mit gereifteren Innenverteidigern zu tun, und Heung-Min Son (2 Tore) wird mehr in der Defensive zu tun haben als damals.

Zu guter Letzt kommt der Spielplan dem BVB entgegen: In der Liga bekommt es Tottenham vor dem Rückspiel in Dortmund innerhalb von drei Tagen mit Chelsea und Arsenal zu tun - Pochettino wird dabei kaum einen Stammspieler schonen können. Dortmund bestreitet zwischen den Duellen ein Spiel weniger, die Gegner heißen Leverkusen und Augsburg. Vorteil Schwarz-Gelb.

Schalke 04 - Manchester City: Die Minimal-Chance

"Es gibt kaum eine größere Herausforderung in diesem Wettbewerb", musste Schalkes Sportvorstand Christian Heidel nach der Auslosung erst einmal tief durchatmen. "Wir sind Außenseiter", konstatierte Trainer Domenico Tedesco und lehnte sich damit nicht sonderlich weit aus dem Fenster - einen größeren Außenseiter gibt es in den Achtelfinal-Duellen wohl gar nicht.

Kann es trotzdem die von Tedesco angestrebte Überraschung geben? Es wird unheimlich schwer werden, schließlich sind die Citizens locker mehrere Klassen über Schalke einzustufen. Und das in Sachen Einzelspieler, im Kollektiv und in der aktuellen Form. Man muss schon ein besonderes Szenario konstruieren, um Schalke ins Viertelfinale zu hieven.

Es ist zumindest nicht unmöglich. Erster Punkt: Bis zum Hinspiel in zwei Monaten muss Schalke kuschlig nah an die eigene Bestform herankommen. Was das ist, ist in dieser Saison bislang recht schwer zu bestimmen. Aber was es auch ist - Schalke braucht es. Gleichzeitig muss City hier und da ein bisschen abbauen. Angesichts der fehlenden Winterpause zumindest denkbar.

S04 siegt gegen City? Hat schon verrücktere Dinge gegeben

Und dann? Tedesco muss hoffen, dass City ein bisschen schlampig ins Spiel geht, wie schon mehrfach in dieser Saison in der Königsklasse gesehen. Gegen Lyon holten die Skyblues nur einen Punkt, auch Hoffenheim führte zweimal recht früh. "Die TSG hat es gut gemacht und hatte ihre Chancen", sagte Naldo am Dienstag.

Dazu kommt der Titelkampf in der Liga, der diesmal sehr viel enger sein wird als noch im vergangenen Jahr. Geht es im Fernduell mit Liverpool um jeden Punkt, könnte Guardiola versuchen, zumindest im Hinspiel mit einer halben B-Elf ein Remis mitzunehmen, schließlich geht es davor gegen Arsenal und Chelsea. 1:1, dann steigt Naldo kurz vor Schluss bei einer Ecke hoch ... es hat schon verrücktere Dinge gegeben.

Und selbst dann: In den Wochen vor dem Rückspiel wartet in der Liga kein einziger Hochkaräter auf die Citizens. Es bräuchte schon extrem viel Glück für Königsblau, vielleicht Elfmeter und Rot, einen glänzend aufgelegten Fährmann ... "Wir werden alles raushauen", versprach Tedesco. Reichen wird das - Stand jetzt - wohl kaum.

PSG - ManUnited: Tuchel vs. Mourinho? Kein Trainerduell!

Man tut sich etwas schwer, PSG gegen Manchester United als Gigantenduell zu bezeichnen. Höchstens wirtschaftlich. Zu tief sind die Red Devils in letzter Zeit gefallen, dem tut auch der Europa-League-Titel keinen Abbruch. United lebt derzeit nur noch vom Glanz vergangener Tage. Genau wie sein Coach.

Jose Mourinho herauszufordern wäre für Thomas Tuchel vor einigen Jahren vielleicht noch das geforderte Meisterstück gewesen, eine Reifeprüfung auf dem Weg in den Kreis der elitärsten Taktik-Tüffler und Übungsleiter: Kann der Deutsche ein System finden, um den Abwehrriegel des Special One zu knacken? Offensive gegen Defensive, beide Coaches auf ihre Art und Weise brillant.

Mittlerweile ist von diesem Mourinho fast nichts mehr übrig. Hier und da kann United noch für eine Überraschung sorgen, dank teurer Einzelspieler und ein bisschen Glück, wie in der Gruppenphase auswärts in Turin. Aber gefürchtet wird sein Team schon lange nicht mehr.

Mehr noch: Gegen gute Teams scheint sich United immer häufiger kampflos seinem Schicksal zu ergeben. 1:3 bei Manchester City. 1:3 in Liverpool. Ein Mourinho-Team kann nicht einmal mehr erfolgreich den Bus parken.

Ein Ausscheiden von PSG wäre deshalb eine große Überraschung - erst recht dann, wenn es Mourinho gelingen sollte, Tuchel taktisch eins auszuwischen. Wahrscheinlicher ist da ein relativ klares Weiterkommen der Pariser, gefolgt von einem mürrischen, unwirschen Mourinho, dem alles egal zu sein scheint, weil er, aus welchem Grund auch immer, unkündbar scheint.

Mourinho und Tuchel im Trainer-Vergleich

Champions-League-StatistikJose MourinhoThomas Tuchel
Spiele819343
Siege528178
Unentschieden16472
Niederlagen12793
Tore1629:706651:421
Punkte pro Spiel2,131,77

Atletico gegen Juventus mit CR7: Vom Traum zum Trauma

Den 1. Juni haben sich all jene, die zu Atletico Madrid stehen, freigehalten. Der Tag ist reserviert, rot im Kalender angestrichen, ja fast schon omnipräsent im rot-weißen Teil der Stadt. Auch innerhalb der Mannschaft liegt der Fokus auf diesem einen besonderen Tag im kommenden Jahr. Denn dort soll den Colchoneros Historisches gelingen.

"Das ist das Ziel und der Traum aller bei Atletico", sagt Antoine Griezmann mit leuchtenden Augen immer dann, wenn er über das Champions-League-Finale 2019 im heimischen Wanda Metropolitano spricht. Der Glaube daran ist stark, doch gleichzeitig weiß jeder Spieler, Fan und Funktionär, dass der Weg dorthin lang und schwierig wird.

Für Griezmann sind beispielsweise Manchester City oder der FC Barcelona Favorit. Natürlich wegen Pep Guardiola und Lionel Messi. Das gibt Griezmann offen zu. Doch da gab es noch einen dritten Verein, dem der französische Nationalspieler eigentlich lieber spät als früh im Wettbewerb begegnen wollte. "Juventus Turin, weil dort Cristiano Ronaldo spielt", erklärte Griezmann.

Und dazu hatte er allen Grund: Atletico ist für Ronaldo der Lieblingsgegner schlechthin. In 29 Spielen gegen die Rojiblancos war CR7 an 30 Toren beteiligt (22 Tore, 8 Vorlagen). Gegen keinen anderen Klub war der Portugiese so häufig an den entscheidenden Momenten eines Spiels beteiligt.

Cristiano Ronaldo als fleischgewordenes Atletico-Trauma

"Er hat den Fans der Colchoneros im Laufe der Jahre viel Schmerz bereitet", bilanzierte die Marca folgerichtig, als feststand, dass eben nicht wie von Trainer Diego Simeone gewünscht der FC Porto, sondern das fleischgewordene Atletico-Trauma Ronaldo und Juve bereits im Achtelfinale auf dem Weg zum spanischen "Finale dahoam" warten.

Atletico wird als Außenseiter in dieses Duell gehen. Zu dominant präsentierte sich Juve zuletzt in der Liga (15 Siege, 1 Remis, keine Niederlage) und auch in großen Teilen der Champions-League-Gruppenphase. Als "derzeit einer der härtesten zu knabbernden Knochen Europas" bezeichnete die spanische AS den italienischen Rekordmeister, dem mit der Verpflichtung von Ronaldo "ein Sprung von unbestreitbarer Qualität gelungen" sei.

An dieser Behauptung ist - Stand jetzt - nichts Falsches zu erkennen. Denn Ronaldo macht dort weiter, wo er bei Real aufgehört hat: In 21 Spielen verzeichnet er 20 Torbeteiligungen. Zwar läuft es in der Königsklasse noch nicht so rund (1 Tor), aber gegen den Lieblingsgegner wird es schon irgendwie laufen. Außerdem ist Juve nicht nur Ronaldo, sondern hat von der Sehnsucht nach dem ersten Henkelpott seit 23 Jahren getrieben, einen der besten, breitesten und teuersten Kader Europas beisammen.

Zwar ist Atletico unter Simeone mit der eisernen Defensiv-Disziplin, der harten Gangart, der Leidenschaft und der Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Tor nach wie vor einer der ekligsten Gegner, auf die man in der Königsklasse treffen kann. Das erfuhr Juve schon vor vier Jahren am eigenen Leib, als die Alte Dame in der Gruppenphase auf Atletico traf und nicht einmal ein Tor schoss.

Eine Wiederholung der Ereignisse von damals ist heute jedoch unwahrscheinlich. Denn wie Atletico, ist auch Juve auf einer Mission. Und zur Erfüllung dieser Mission haben sie Ronaldo geholt. Den Atletico-Schreck schlechthin, der die Rojiblancos aus allen Finalträumen reißen wird.