Javi Martinez beim FC Bayern München: Hoffen auf Cheftrainer Uli Hoeneß

Nino Duit
22. Oktober 201911:59
Javi Martinez wartet aktuell noch auf mehr Spielzeit beim FC Bayern.getty
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Javi Martinez spielte bei seinem Startelfdebüt in dieser Saison beim FC Augsburg (2:2) gut - so richtig wichtig wird der 31-Jährigen beim FC Bayern München aber wohl erneut erst dann, wenn es wichtig wird. Präsident Uli Hoeneß sieht das jedoch anders. Am Dienstag ist der FC Bayern in der Champions League bei Olympiakos Piräus zu Gast (21 Uhr im LIVETICKER).

Thomas Müller ist aktuell zweifelsohne der berühmteste und meistdiskutierteste Bank-Spieler des FC Bayern München, aber auf dem bisher berühmtesten und meistdiskutiertesten Bank-Foto ist er nicht zu sehen. Das zeigt nämlich Javi Martinez vor der 1:2-Niederlage gegen die TSG Hoffenheim vor zwei Wochen.

Niedergeschlagen, fast ausdruckslos hockte er da. Manche meinen sogar, Tränen erkannt zu haben - doch das wurde später eifrig dementiert. Irgendwann setzte sich Co-Trainer Hansi Flick neben ihn und tröstete ihn. Dessen Chef Niko Kovac hatte Martinez beim zehnten Pflichtspiel der Saison zum zehnten Mal nicht in die Startelf beordert. Von den bis dahin 810 möglichen Minuten stand Martinez nur 132 auf dem Platz. Das stille Bild auf der Bank war die schreiende Bestätigung seiner Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation.

Wie Müller ist auch Martinez Triple-Held von 2013, auch er langjähriger Stammspieler mit hervorragenden Aussichten auf spätere Auftritte in bordeauxroten Trachtenjankern. Denen, die nur die Vereinslegenden bekommen. Irgendwann mal, aber noch nicht bald. Martinez ist schließlich erst 31 Jahre alt. Wie Müller muss aber auch er sich die Frage stellen: Was passiert bis dahin?

Javi Martinez feierte beim FC Augsburg sein Startelfdebüt

Zwei Wochen nach dem berühmten Bank-Foto stand Martinez jedenfalls erstmals in dieser Saison in der Startelf. Beim FC Augsburg (2:2) macht er seine Sache auch ganz gut, laut Kovac gar "sehr, sehr gut". Im defensiven Mittelfeld sah man wieder seine ausfallenden Beinbewegungen, wohl kein Spieler holt bei Pässen so herrlich energisch aus wie Martinez. Knapp 94 Prozent seiner Zuspiele kamen an, darunter einige sehenswerte Diagonalpässe wie etwa im Vorfeld des zwischenzeitlichen 1:1 von Robert Lewandowski. Auch dem Zweikämpfen, seiner Kerndisziplin, ging er tadellos nach und entschied knapp 67 Prozent seiner Duelle für sich. Darüber hinaus gewann er alle seine Kopfballduelle.

Aber bei diesem Spiel in Augsburg wurde auch deutlich, warum Kovac zuletzt stets auf Martinez verzichtete. Agiert er auf der Sechs, geht im Zentrum zwangsläufig Spielkultur verloren. Die Abstände zu den beiden anderen, hoch aufgerückten Mittelfeldspielern Thiago und Philippe Coutinho waren oft zu groß, die beiden Spielgestalter deshalb weniger involviert als gewohnt - und erforderlich.

So ein Spiel in Augsburg ist aber auch eigentlich gar kein Spiel mehr für Martinez. Da sind Einsätze der offensivorientierteren Joshua Kimmich (meist zu wichtig rechts hinten), Leon Goretzka (zuletzt verletzt) oder Corentin Tolisso (zuletzt fehleranfällig) im Zentrum erfolgsversprechender. Wenn der FC Bayern mit 78 Prozent Ballbesitz den gegnerischen Strafraum belagert, helfen Martinez' Fähigkeiten weniger als bei Spielen gegen gleichwertige Gegner.

Javi Martinez dürfte wichtig werden, wenn es wichtig wird

Es schien deshalb fast so, als sei diese Startelfnominierung in Augsburg lediglich eine fürs angekratzte Gemüt gewesen (so eine, die Kovac dem berühmtesten und meistdiskutiertesten Bank-Spieler Müller aktuell konsequent verwehrt). Denn Kovac weiß, dass ein gut gelaunter Martinez noch wichtig werden könnte in dieser Saison - und zwar dann, wenn es wichtig wird. Wie in der vergangenen Saison.

Auch damals war Martinez kein permanenter Stammspieler, stand in den wichtigen Spielen aber stets in der Startelf: bei beiden Bundesliga-Duellen mit Borussia Dortmund, bei beiden Champions-League-Achtelfinals gegen den FC Liverpool, beim DFB-Pokal-Halbfinale bei Werder Bremen sowie beim Finale gegen RB Leipzig. Martinez ist für Kovac mittlerweile offenbar eher einer für sogenannte Schlachten.

Uli Hoeneß erwartet regelmäßige Einsätze von Javi Martinez

Nicht aber für Präsident Uli Hoeneß, denn der würde Martinez gerne permanent spielen sehen. Angesprochen auf die aktuelle Gegentorflut sagte Hoeneß vor dem Abflug zum Champions-League-Auswärtsspiel bei Olympiakos Piräus so, als sei er Cheftrainer: "Die Abwehrproblematik wird sich aus meiner Sicht demnächst erledigen, wenn der Martinez auf der Sechs spielt. Dann kriegen wir sowieso in Zukunft weniger Gegentore."

Die bisherigen zehn Gegentore in der Bundesliga sind nämlich der schlechteste Wert seit der Saison 2007/08 unter Trainer Jürgen Klinsmann. In den vergangenen vier Pflichtspielen kassierte der FC Bayern stets zwei Gegentore - beim letzten in Augsburg übrigens mit Martinez auf der Sechs. "Also kann man nicht sagen, dass wir keine Gegentreffer kassieren, wenn der Javi spielt", entgegnete Cheftrainer Kovac mit einigem Recht in Richtung Hobbycheftrainer Hoeneß. Regelmäßige Martinez-Einsätze wollte er naturgemäß nicht versprechen.

Javi Martinez ist eine Alternative für die Innenverteidigung

Ihre Sicht auf Martinez ist durchaus eine unterschiedliche, dass er aber generell gebraucht wird, da sind sich Hoeneß und Kovac einig. Ein zuletzt spekulierter Abschied des noch bis 2021 gebundenen Martinez in der Winterpause kommt eines Berichts der tz zufolge trotz angeblichem Interesse seines Ex-Klubs Athletic Bilbao jedenfalls nicht in Frage.

Nochmal bestärkt wurde dieser Wechsel-Ausschluss sicherlich durch den Kreuzbandriss von Niklas Süle, der wohl für die restliche Saison ausfallen wird. Obwohl ihn Kovac bisher hauptsächlich im defensiven Mittelfeld einsetzte, könnte Martinez bei weiteren Ausfällen oder Sperren auch eine Option für die Innenverteidigung werden. Bei der Pressekonferenz vor dem Spiel in Piräus zählte Kovac Martinez jedenfalls als mögliche Alternative auf. Wenn auch als vierte nach Benjamin Pavard, Lucas Hernandez und Jerome Boateng.

Ansonsten muss Martinez ganz unabhängig von seinem guten Startelfdebüt in Augsburg wohl warten, bis es wichtig wird, um selbst wichtig zu werden - oder eben bis Hoeneß das Cheftraineramt übernimmt.