Der FC Barcelona hat Bayer Leverkusen im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League die höchste Europacup-Niederlage der Vereinsgeschichte zugefügt. Nach der 1:3-Heimniederlage im Hinspiel sah Bayer im Camp Nou kein Land und verlor sang- und klanglos mit 1:7 (0:2).
Lionel Messi war mit dem ersten Königsklassen-Fünferpack seiner Karriere der Star des Abends (25., 42., 49., 58., 84.) und stellte damit einen CL-Rekord auf. Die weiteren Treffer steuerte der eingewechselte Champions-League-Debütant Cristian Tello bei (55., 62.). Bayer kassierte damit in acht CL-Spielen 18 Gegentore.
Der FC Barcelona blieb damit zuhause zum 50. Mal in Folge unbesiegt und steht wie in den vergangenen vier Spielzeiten im Viertelfinale. Leverkusen ist hingegen seit 2002 in der Königsklasse auswärts weiter sieglos (13 Spiele).
Reaktionen:
Rudi Völler (Sportdirektor, Bayer Leverkusen): "Wenn man fünf Tore in einer Halbzeit kassiert, kann das natürlich nicht gut gewesen sein. Wir haben uns dann einfach zu sehr abschießen lassen. In der ersten Halbzeit haben wir es nicht so schlecht gemacht bis zum 2:0 kurz vor der Halbzeit, aber wenn man 7:1 verliert ist es natürlich bitter. Du kannst hier verlieren, aber sieben Stück ist natürlich ein Tick zu viel."
Robin Dutt (Trainer, Bayer Leverkusen): "Es ist nicht richtig, den deutschen Fußball in Frage zu stellen, wenn Leverkusen hier 7:1 verliert. Valencia war bei uns in der Gruppe und hat 5:1 gegen Barcelona verloren. Andere Spiele werden zuhause 8:0 gegen spanische Konkurrenten gewonnen. Den deutschen Fußball sollten wir nicht anzweifeln wegen einer Niederlage, die sich zwar schlecht anfühlt, aber die außergewöhnliche Qualität Barcelonas sollten wir anerkennen. Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir es mit einem Konzept und einer Philosophie schaffen, dahinzukommen, dass du dermaßen überlegen bist. Wenn jemand gegen Barcelona gewinnen will, muss alles passen an einem Tag und bei Barca nicht."
Simon Rolfes (Bayer Leverkusen): "Wir haben versucht, ein bisschen mutiger als im Hinspiel zu spielen, aber man hat schon in der ersten Halbzeit gesehen, dass das brutal bestraft wird. In der zweiten Halbzeit wurden wir noch mehr bestraft, bevor wir wieder die alte Taktik ausgepackt haben, nur noch hinten dicht zu machen. Es ist natürlich bitter, dass das Ergebnis so hoch ist. Aber nichts desto trotz muss man sagen, dass Barcelona in seiner eigenen Liga spielt und im Normalfall wieder die Champions League gewinnen wird. Es ist schon phänomenal, wie sie spielen."
Pep Guardiola (Trainer, FC Barcelona): "Messi ist der Beste. Ich bin sehr glücklich, diesen Spieler trainieren zu dürfen. Die ganze Mannschaft hat sehr konzentriert gespielt. Diese Spieler haben uns einmal mehr belohnt."
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Barcelona im Vergleich zum 3:1-Ligasieg gegen Gijon leicht verändert. Messi (in der Liga zuletzt gelbgesperrt) und Busquets spielen anstelle von Cuenca und Keita. Puyol, Thiago Alcantara, Abidal und Sanchez (alle verletzt) fehlen ebenso wie die Langzeitpatienten Villa, Afellay und Fontas.
Dutt stellt auf 4-3-2-1 um und verändert sein Team im Vergleich zum 2:0-Sieg gegen den FCB auf zwei Positionen: Rolfes und Derdiyok kommen für Friedrich und Schürrle (erstmals 2012 auf der Bank) ins Team. Schwaab rückt nach innen, Castro spielt rechts hinten. Corluka, da Costa, Sam, Ballack, Barnetta und Adler fehlen verletzt.
25., 1:0, Messi: Xavi lobbt aus der eigenen Hälfte auf Messi, Kadlec hebt das Abseits auf. Messi geht auf Leno zu und lupft ihn mit links rechts rein. 45. CL-Tor.
42., 2:0, Messi: Über Fabregas kommt der Ball halblinks zu Iniesta, von dort rechts zu Messi, der mit Tempo quer in den Strafraum zieht. Der Abschluss mit links aus elf Metern schlägt links unten ein. 50. Tor im 49. Pflichtspiel diese Saison.
44.: Messi steckt von links durch auf Fabregas. Leno wirft sich entgegen und pariert auch den Nachschuss von Pedro mit dem rechten Fuß.
49., 3:0, Messi: Fabregas in den Lauf von Messi, der zu schnell für Schwaab ist. Messi guckt Leno aus und lupft mit rechts links ins Tor. 10. CL-Saisontor.
55., 4:0, Tello: Nächster Assist von Fabregas, der den eingewechselten Tello links auf die Reise schickt. Der Youngster ist vollkommen allein, zieht in den Strafraum und bezwingt Leno mit rechts ins lange Eck. 1. Eurocup-Tor.
58., 5:0, Messi: Reinartz verlängert einen Pedro-Steilpass auf Messi Richtung Toraus, Leno will den Ball retten, legt ihn aber mit den Fingerspitzen Messi vor, der aus spitzem Winkel einnetzt. 2. CL-Viererpack.
62., 6:0, Tello: Barca spaziert quasi im Minutentakt in den Strafraum. Diesmal bedient Alves Tello. Der wieder mit Ansage von links mit dem rechten Innenrist - Leno rutscht der Ball unter der Hand durch.
84., 7:0, Messi: Der Argentinier hat zentral an der Strafraumgrenze Platz und setzt das Ding mit links links unten ins Eck. Erster Fünferpack seiner Karriere.
89.: Barca kontert, Tello alleine vor Leno. Der Youngster schließt selbst ab, statt quer auf den freien Pedro zu legen.
90., 7:1, Bellarabi: Doppelpass Bellarabi/Rolfes links am Strafraum. Bellarabi zieht direkt ab und trifft rechts oben. 1. CL-Tor.
Fazit: Bis zur 40. Minute verteidigte Leverkusen ordentlich, dann brachen alle Dämme.
Der Star des Spiels: Lionel Messi. Unwiderstehlich, eiskalt, außerirdisch. Messi war Leverkusen alleine schon zu viel, ließ alles einfach und spielerisch aussehen und traf so nach dem Schützenfest gegen Arsenal 2010 (vier Tore) diesmal fünffach in der Königsklasse. Für den Argentinier waren es die CL-Treffer 45 bis 49 im 64. Spiel (12 Saisontreffer) und die Tore 49 bis 53 im 49. Pflichtspiel diese Saison.
Der Flop des Spiels: Gonzalo Castro. Hatte gegen Iniesta schon in der ersten Halbzeit Mühe, stand nach dem Seitenwechsel dann aber vollends auf verlorenem Posten und ließ Angriff auf Angriff über seine rechte Abwehrseite zu. Von Joker Tello sah Castro eigentlich nur die Hacken.
Der Schiedsrichter: Svein Oddvar Moen (Norwegen). Unauffällig bis gnädig. Castro hätte für sein Foul gegen Iniesta Gelb sehen müssen (23.), ansonsten war bis auf zwei, drei falsche Abseitsentscheidungen wenig zu bemängeln.
Analyse: Bayer startete keineswegs devot, hatte zwar nicht oft den Ball, präsentierte dafür im Mittelfeld zunächst eine gute Raumaufteilung und machte den Platz so knapp wie möglich. Mit fortlaufender Uhr und permanent hinterher hechelnd schlichen sich dann aber mehr und mehr Stellungsfehler ein, die Barca mit Zuspielen in die Tiefe eiskalt ausnutzte.
Für Leverkusens risikoreiches Vorschieben (um den Raum zu verknappen) hätte die Viererkette zwingend eine Höhe halten müssen - was sie nicht tat. Stets hinkte einer hinterher. Bei Ballgewinn war Bayer das Bemühen, schnell nach vorne zu spielen, anzumerken - allerdings waren die Zuspiele zu ungenau.
Nach 40 Minuten mit ordentlichen Leverkusenern brachen dann alle Dämme. Entlastung nach vorne gab es nicht mehr, Barca kombinierte weitestgehend unbehelligt. Leverkusen stand weiter hoch, hielt aber die Abstände nicht mehr und zerfiel so - von Xavi und Fabregas seziert - in Einzelteile.
Was Leverkusen zwischen der 42. und 62. Minute zeigte, war alles, aber nicht champions-league-reif. Barcelona ist in der Form natürlich Favorit auf die Titelverteidigung.
Barcelona - Leverkusen: Daten zum Spiel