Xabi Alonso wuchtete seine rechte Hand auf den Boden. Als Zeichen der Verärgerung über sich selbst, weil ihm an diesem Abend in Porto so gar nichts gelingen wollte. Nur mit viel Mühe und im letzten Augenblick hatte der Spanier seinen einfachen Ballverlust gegen Jackson Martinez korrigieren können, indem er den Ball mit der Fußspitze über die Grundlinie drückte.
Dieser Lapsus etwa zehn Minuten nach dem Seitenwechsel war der zweite gravierende von Alonso in einem Spiel, das der FC Bayern durch eine Vielzahl hanebüchener Fehler fahrlässig wegwarf. Porto musste nicht viel investieren für seine drei Tore. "Das habe ich von uns in dieser Saison so noch nicht gesehen", sagte Manuel Neuer im Interview leicht irritiert.
Insgesamt gingen die Bayern aber bemerkenswert milde mit sich ins Gericht. Trainer Pep Guardiola betonte, dass Fehler zum Fußball einfach dazugehören.
"Weil du müde bist"
Auch Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge nahm die Spieler in seiner Bankettrede in Schutz. "Ich bin nicht bereit, die Mannschaft zu kritisieren. Es sind 13, 14 Spieler, die wir im Moment noch gesund haben - und die seit Wochen dreimal die Woche spielen. Die in Dortmund gefightet haben wie die Verrückten. Die in Leverkusen letzten Mittwoch 120 Minuten und Elfmeterschießen gemacht haben. Die am Samstag gegen Frankfurt gespielt haben - und nun ein paar Tage später hier."
Er wisse aus eigener Erfahrung, dass "irgendwann dann der Tag ist, an dem du ein bisschen kaputt bist. Weil du müde bist, weil die Beine schwer sind. Und wo dann auch im Kopf vielleicht die Konzentration ein bisschen fehlt."
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Im Gegensatz zum Auftritt in Porto war der FC Bayern in der Vergangenheit in großen Spielen aber oft in der Lage, Fehler zu korrigieren. 2010 erlebten die Münchner im Champions-League-Viertelfinale bei Manchester United einen ähnlichen Horrorstart und lagen nach 19 Minuten sogar 0:3 zurück. Am Ende stand es 2:3 - die Bayern zogen ins Halbfinale ein.
2012 kassierten sie im Halbfinale in Madrid in den ersten 14 Minuten einen Doppelschlag von Cristiano Ronaldo, setzten sich dann aber im Elfmeterschießen durch und durften ihr Finale dahoam spielen.
Verloren in der Mittelfeld-Schlacht
Nach fürchterlichen ersten 20 Minuten fingen sich die Bayern auch in Porto. Peu a peu bekamen sie Sicherheit in ihr Passspiel und konnten durch den ersten Champions-League-Treffer von Thiago den Schaden vorerst in überschaubaren Grenzen halten.
Das eigentliche Dilemma des Abends aber war die zweite Halbzeit. Die Bayern waren nicht in der Lage, an ihre gute Phase vor der Pause anzuknüpfen. Sie hatten das Kommando übernommen, ließen Porto aber erneut von der Leine.
"Wir hatten uns in der Halbzeit natürlich mehr ausgerechnet. Aber wir haben es nicht geschafft, das Spiel zu beruhigen. Es war eine Schlacht im Mittelfeld, alles sehr unruhig, viele Fouls. Das hat uns nicht gut getan. Und dann kassieren wir noch das 3:1 - das war das schlimmste", sagte Thomas Müller.
Mit Philipp Lahm und Thiago mussten sich im Mittelfeld zwei Spieler, die noch ein Stück entfernt sind vom körperlichen Idealzustand, in vielen intensiven Zweikämpfen zur Wehr setzen. Thiago konnte diesbezüglich Erfahrung aus dem Leverkusen-Spiel ziehen, aber zum Zeitpunkt seiner Einwechslung war die Bayer-Elf da schon 70 Minuten gerannt.
Hoffnung bei Schweinsteiger
Die physische Unterlegenheit der Bayern war aber in allen Mannschaftsteilen auffällig. Rafinha und Juan Bernat konnten auf den Außenbahnen Ricardo Quaresma und Yacine Brahimi kaum aufhalten, vorne bekam Mario Götze keinen Fuß auf den Boden.
Die Ausfälle von Franck Ribery, Arjen Robben, David Alaba und Bastian Schweinsteiger waren diesmal nicht zu kompensieren. Der Rest-Kader stößt in der Champions League an den Rand der Belastbarkeit.
Bei Schweinsteiger besteht die Hoffnung, dass er im Rückspiel am kommenden Dienstag wieder dabei ist. Alaba und Robben werden definitiv fehlen, für Ribery wird die Zeit extrem knapp.
Rummenigge hat großes Vertrauen
In Hoffenheim (Samstag, 15.30 Uhr im LIVE-TICKER) dürfte Guardiola gezwungen sein, dem ein oder anderen müden Leistungsträgern eine Pause einzuräumen. Kräfte sammeln und Gedanken ordnen sind oberste Prämissen der Bayern für das CL-Rückspiel. "Wir dürfen jetzt nicht die Nerven verlieren", sagte Sportvorstand Matthias Sammer. "Es wird schwer, aber wir sind noch nicht ausgeschieden."
Rummenigge bemühte ein deutsches Sprichwort: "Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Auf unsere Situation gemünzt, würde ich sagen: Man soll den Tag nicht vor dem Abend kritisieren. Ich habe großes Vertrauen. Und ich glaube, Sie alle haben großes Vertrauen zu dieser großartigen Mannschaft, zu diesem großartigen Trainer."
Das müssen die Großartigen in fünf Tagen aber auch zurückzahlen.
FC Porto - FC Bayern München: Die Statistik zum Spiel