Bayern verspielt 2:0-Führung in Turin

Die Bayern verspielten in Turin eine 2:0-Führung
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Der FC Bayern München hat im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League bei Juventus Turin eine 2:0-Führung verspielt und sich mit einem 2:2 (1:0)-Unentschieden um die perfekte Ausgangsposition für das Rückspiel gebracht.

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Vor 41.332 Zuschauern im Juventus Stadium schoss Thomas Müller die Bayern kurz vor der Pause in Führung (43.). Damit beendete er Juves Serie von zuletzt neun Pflichtspielen ohne Gegentor.

In der zweiten Halbzeit erhöhte Arjen Robben auf 2:0 (55.), ehe Paulo Dybala für Juve verkürzte (63.). Stefano Sturaro markierte in der 76. Minute den Ausgleich.

Das Rückspiel findet am 16. März in der Allianz Arena statt. FCB-Kapitän Philipp Lahm bestritt sein 100. Champions-League-Spiel und hat in der deutschen Wertung damit nur noch drei Spiele Rückstand auf Rekordhalter Oliver Kahn (103).

Die Reaktionen:

Pep Guardiola (Trainer FC Bayern): "Ich bin mit der Leistung zufrieden. Wir haben nicht nur 60 sondern 90 Minuten wahnsinnig gut gespielt. Aber das ist Fußball, wir müssen das Spiel und nicht nur das Ergebnis analysieren. Natürlich ist es besser zu gewinnen, aber wir dürfen nicht vergessen, dass Juve italienischer Meister ist und im Champions-League-Finale stand. Ich muss meiner Mannschaft ein großes taktisches Kompliment machen. Natürlich wollten wir gewinnen, aber das ist Fußball."

Max Allegri (Trainer Juventus): "Es war ein gutes Spiel. Aber wir müssen die Räume, die wir erhalten besser nutzen, das haben wir erst in der zweiten Hälfte geschafft. Dann waren wir offener und wurden belohnt. Jetzt müssen wir auswärts das schaffen, was wir zu Hause nicht geschafft haben."

Sami Khedira (Juventus): "Wir sind zufrieden mit dem Ergebnis. Nach dem 0:2 war es eine großartige Leistung, gegen so eine Mannschaft wieder zurückzukommen. Die Fans im Rücken haben uns einen weiteren Schub gegeben. Im Rückspiel werden wir gewinnen müssen. Für solche Spiele lebt man, aber es wird unheimlich schwer."

Der Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Im Vergleich zum 0:0 im Ligaspiel beim FC Bologna, in dem Juves Serie von zuvor 15 Siegen riss, wechselt Allegri auf vier Positionen: Sturaro, Pereyra, Morata und Zaza müssen zusehen. In die Anfangsformation rücken dafür Cuadrado, Khedira und Dybala. Auch Mandzukic kehrt nach fast einmonatiger Verletzungspause aufs Spielfeld zurück.

Guardiola dagegen nimmt gegenüber dem 3:1-Erfolg über Darmstadt drei Änderungen vor: Tasci, Rafinha und Coman gehören nicht zur Startelf, dafür sind Lahm, Bernat und Thiago dabei. Alonso sitzt somit wieder auf der Bank.

4.: Costa zieht mit dem Ball 20 Meter vor dem Tor nach innen und will überhastet abspielen. Der geblockte Versuch landet bei Vidal, der nicht zögert und volley draufhaut. Buffon muss sich strecken und kann die Kugel seitlich wegfausten.

13.: Lahm zieht in den Strafraum und bringt den Ball flach ins Zentrum zu Lewandowski. Der kann aus acht Metern locker schießen, spielt aber noch mal ab zu Müller. Buffon ist schon geschlagen, doch anstatt zu schießen, will Müller den Ball noch einmal stoppen. Der verspringt ihm fünf Meter vor dem Kasten, dann grätscht er ins Leere. Juve kann klären. Das hätte das 1:0 sein müssen!

23.: Nach einer schwachen Fußabwehr im Turiner Sechzehner kommt Lahm 20 Meter zentral vor dem Tor an den Ball und leitet direkt auf rechts zu Robben weiter. Der nimmt die Kugel am rechten Strafraumeck an, geht zwei Schritte und setzt den Aufsetzer dann knapp einen halben Meter über die Querlatte.

31.: Die Bayern schieben den Ball vor dem Strafraum hin und her, dann kommt halblinks Bernat in Schussposition. Er zieht ab, Buffon hat mit dem aufspringenden Ball Probleme und kann froh sein, dass kein Bayern-Spieler zum Abstauben da ist. Bonucci klärt.

43., 0:1, Müller: Robben zieht mit Tempo in Richtung Grundlinie und bringt eine etwas zu hohe Flanke. Costa steht aber am langen Pfosten und drückt die Kugel zurück in den Fünfer. Von Bonucci springt der Ball in den Rückraum, da steht Müller, der locker rechts unten einschiebt.

55., 0:2, Robben: Die Bayern gewinnen den Ball hinter der Mittellinie und schalten schnell um. Thiago auf Lewandowski, dessen Weiterleitung auf Robben am Strafraum in der Drei-gegen-eins-Situation nicht optimal ist. Robben zieht von rechts wieder ins Zentrum und schlenzt den Ball aus 13 Metern ins linke Eck.

63., 1:2, Dybala: Die Bayern sind hinten einmal nachlässig, Kimmich rutscht der Ball unter dem Fuß durch, sodass Mandzukic vor dem Sechzehner an den Ball kommt. Der steckt durch auf Dybala, der Neuer aus 13 Metern keine Chance lässt.

67.: Wieder laufen die Bayern in einen Konter. Mandzukic treibt den Ball über links und bedient am Strafraum Cuadrado auf der anderen Seite. Dessen Schuss kann Neuer noch zur Ecke fausten.

76., 2:2, Sturaro: Pogba setzt sich im Mittelfeld im Zweikampf mit Müller durch und spielt Mandzukic an, der auf links zu Morata weiterleitet. Dessen Kopfball ins Zentrum grätscht Sturaro, der von Kimmich nicht mehr entscheidend bedrängt wird, ins Tor.

Fazit: Die Bayern brachten sich durch fünfzehn nachlässige Minuten um den Lohn ihrer über weite Strecken überragende Arbeit. Juve bewies Moral und kann für das Rückspiel Hoffnung schöpfen.

Der Star des Spiels: Arturo Vidal. Spielte eine Art moderner Libero und das zuverlässig und mit großer Ruhe. Fing mehrere Juve-Konter schon hinter der Mittellinie ab, dirigierte viel und öffnete das Spiel immer wieder mit punktgenauen Bällen auf die Außen. Führte die meisten Luftzweikämpfe aller Spieler, war bei den Gegentoren machtlos.

Der Flop des Spiels: Sami Khedira. Hatte keinerlei Aktien am Spiel und trug damit aktiv dazu bei, dass sich Juve über weite Strecken so einigelte. Kam bis zu seiner Auswechslung nur auf 18 Ballkontakte - die wenigsten aller Spieler. Viel schlimmer noch: Er mied im Zentrum jegliche Zweikämpfe und ließ Thiago, Lahm und Bernat immer wieder gewähren.

Der Schiedsrichter: Martin Atkinson (England). Ließ sich vom lautstark pfeifenden Publikum nicht aus der Ruhe bringen und blieb seiner Linie treu. Ließ durch die eher kurze Leine keine Hitze aufkommen. Richtig, in der Nachspielzeit der ersten Hälfte nicht auf Elfmeter für Dybala zu entscheiden, genauso bei Vidals Handberührung im Strafraum, die nicht aktiv stattfand.

Das fiel auf:

  • Bayern schob von Beginn an noch offensiver drauf, als man es erwartet hatte. Alaba und Kimmich als zentrale Abwehrspieler rückten selbst beim Verteidigen bis zur Mittellinie auf. Juve hatte fast nur über lange Bälle die Möglichkeit, sich aus der eigenen Hälfte zu befreien.
  • Im Ballbesitz ließ sich Vidal, der den defensiven Part des Mittelfeld-Zentrums spielte, wie gewohnt zwischen das Innenverteidiger-Duo fallen, um das Spiel aufzubauen. Lahm rückte dabei auffällig weit nach innen und gab den Sechser, der mithalf, das Übergewicht in der Zone 20 bis 35 Meter vor dem Juve-Tor aufzubauen.
  • Dadurch, dass Lahm und links auch Bernat bei eigenem Ballbesitz neben Thiago ins Zentrum schoben, konnte Müller nach vorne rücken und die Doppelspitze mit Lewandowski bilden. So ergab sich bei den Bayern gegen den Ball eine 4-4-2-Formation, bei eigenen Angriffen eher ein 3-3-4. Die Bayern zeigten sich aber sehr flexibel. Immer wieder wurden einzelne Positionen zeitweise untereinander gewechselt - ohne Abstimmungsschwierigkeiten.
  • Juve war der Respekt vor Bayern deutlich anzumerken. Die Alte Dame ließ sich vom Anpfiff weg nach hinten drängen, selbst Mandzukic agierte teilweise 15 Meter vor dem eigenen Strafraum. Die Fans versuchten, dem Team mit einer unfassbaren Geräuschkulisse mehr Selbstvertrauen zu geben. Das klappte immer nur phasenweise bis zum nächsten Bayern-Angriff.
  • Erst mit dem 1:2 traute sich Juve merklich mehr zu. Bayern ließ sich tiefer in die eigene Hälfte fallen und ermöglichte der Alten Dame damit mehr Räume, sich zu entfalten. Juve nutzte die sich auftuenden Lücken im Zentrum, um über Pogba und Dybala schnell nach vorne zu spielen.

Juventus Turin - FC Bayern München: Daten zum Spiel