Hermann Gerland ist die gute Seele des FC Bayern. Der Co-Trainer von Pep Guardiola hat alle Eigengewächse, die im Moment im Kader der Profis stehen, in der zweiten Mannschaft geformt.
Mit seiner lockeren Art ist der 61-Jährige der gute Kumpel der Spieler, der ihnen mit einem flapsigen Spruch aber im richtigen Moment auch mal verbal in den Hintern treten kann.
Am Mittwoch war Gerland im Vicente Calderon aber nicht als Tiger gefragt, sondern entgegen seinem Spitznamen als einfühlsames Kätzchen. Während das Aufwärmprogramm lief, stand Gerland mehrere Minuten an der Seitenlinie zusammen mit Thomas Müller.
Diesmal hat's Müller erwischt
Müller konnte sich die Zeit nehmen, weil er nicht zu ersten Elf zählte an diesem Abend. Dass er von dieser Maßnahme nicht begeistert war, steht außer Frage. Jeder will in einem Champions-League-Halbfinale spielen. Aber mit Müller hatte man eigentlich sicher in der Startelf gerechnet.
Müller hatte bis Mittwoch alle großen Spiele in dieser Saison von Beginn an gespielt. Zweimal gegen Borussia Dortmund in der Liga, zweimal gegen Arsenal in der Champions League, zweimal im Achtelfinale gegen Juventus und zweimal gegen Benfica.
Dieses Mal erwischte es den deutschen Nationalspieler, so wie es Robert Lewandowski gegen Benfica erwischte. Guardiola wollte mit Thiago einen zusätzlichen Mittelfeldspieler und mit Douglas Costa und Kingsley Coman zwei schnelle Außenspieler mit Stärken im Eins-gegen-eins.
"Ich war nicht glücklich darüber"
Der Plan ging nicht wirklich auf, weil Thiago erstaunlich uninspiriert spielte und weder Costa noch Coman ihre Stärken dauerhaft ausspielen konnten.
Intensiv diskutieren über die Entscheidung des Trainers wollte Müller hinterher nicht. "Ich war nicht glücklich darüber, aber für Enttäuschung ist wenig Platz, wenn man als Team erfolgreich sein will", sagte der deutsche Rekordtorschütze in der Champions League.
Müller ist eben ein Superstar ohne Allüren, der sein persönliches Wohl auch mal zu Gunsten des Teams zurückstellen kann. "Wir sollten schon schauen, dass wir unsere Emotionen im Griff haben. Es können immer nur elf Mann spielen und wenn alle sieben mit einem langen Gesicht auf der Bank sitzen, dann hilft das keinem weiter", sagte Müller.
Vorteil: Rasen in München
Ob er im Rückspiel auflaufen wird, kann man bei Guardiola nicht vorhersagen. Aber Müller weiß zumindest, wie es am Dienstag in München klappen soll: "Wir sollten wenige Tore kassieren, sonst wird's schwierig. Wir müssen zielstrebig nach vorne spielen, aber nicht blind nach vorne rennen wie kleine Kinder."
Wie seine Kollegen sieht auch Müller die Beschaffenheit des Rasens in der Arena als großes Pfund, weil "wir den Ball schneller bewegen können und die langen Bälle von Atletico hinter die Abwehr auch mal Richtung Manu weggehen."
Dass es im dritten Anlauf in Spanien erneut nicht zu einem Treffer gereicht hat, macht die Aufgabe in München umso schwerer: "Ich bin schon ein bisschen verärgert, dass wir kein Tor erzielt haben. Aber wir werden die Emotionen gut umwandeln und am Dienstag einen raushauen. Dann schauen wir, wofür's reicht."
Atletico Madrid - FC Bayern München: Daten zum Spiel