Beginnen wir mit gnadenlosen Zahlen: 93 Champions-League-Tore. Fünfter Hattrick in der Königsklasse. 16 Treffer in der aktuellen Saison, als erster Spieler mindestens 15 in zwei Spielzeiten. Der dazugehörige Gnadenlose: Cristiano Ronaldo.
Beim Addieren der Spiele von Real Madrid, die der Portugiese im Alleingang gewann, kommt selbst der gewiefteste Statistikfreak nicht hinterher. Doch selbst für CR7 bedeutete der Dienstagabend im Santiago Bernabeu etwas ganz Neues. Niemals zuvor schnürte er in einem K.o.-Spiel der Champions League einen Dreierpack.
Es brauchte schon einen Cristiano Ronaldo in Topform für Reals remontada, die in spanischen Medien heraufbeschworene Aufholjagd gegen das in Madrid wenig geläufige Wolfsburg. Beim ersten Tor steht Ronaldo goldrichtig, das zweite war ein Kopfball in Vollendung und beim dritten hat er das nötige Glück, da sich der in der Freistoßmauer stehende Naldo im entscheidenden Moment wegdreht.
Zidane: "Wir mussten leiden"
"Mit Ronaldo ist nichts unmöglich", titelte as.com, während Marca über den "Geist von Cristiano" philosophierte, der bitter nötig war für den sechsten Halbfinaleinzug von Real in Folge nach dem 0:2-Hinspiel-Desaster.
"Wir mussten leiden", gab Trainer Zinedine Zidane zu. "Aber wir haben ja Cristiano. Er hat den Unterschied ausgemacht." Kapitän Sergio Ramos dankte ihm für eine magische Nacht, die sich "Cristiano redlich verdient hat."
Mannschaft und Trainer liegen ihrem Superstar zu Füßen, alleine Ronaldo haben sie es zu verdanken, dass die Saison nicht schon Mitte April zu Ende ist. Denn an die Meisterschaft glaubt in Madrid trotz des Clasico-Sieges und Barcas plötzlicher Schwächephase so recht immer noch keiner. In der Champions League besteht die letzte Möglichkeit, in dieser Saison einen Titel zu holen.
Nur phasenweise Dominanz
Ronaldo hat geliefert. Mal wieder. Diesmal in einem extrem wichtigen Spiel. Sie sollten ihm in Madrid allmählich ein Denkmal setzen, denn ohne seine Tore stünden die Königlichen nicht im Halbfinale. "Ohne hin hätten wir es nicht geschafft", sagte Linksverteidiger Marcelo.
Natürlich hat Real das Spiel bestimmt, Druck entwickelt und Chancen herausgespielt. War auch alles nicht anders zu erwarten. Doch die Königlichen konnten auch gegen Wolfsburg nicht den Vorwurf entkräften, der sie die ganze Saison begleitet: Dominanz strahlen sie nur phasenweise aus.
Nach dem schnellen 2:0 stellte Real das Pressing ein und überließ bis dato harmlosen, bisweilen ängstlichen Wolfsburg die Initiative. Auch nach der Pause dauerte es zehn Minuten, ehe Real ein, zwei Gänge hochschaltete. Wirklich gefährlich war Real aber größtenteils nur nach Standards.
"Wir haben uns nicht so viele Chancen herausgespielt, das können wir sicherlich besser. Aber wir hatten die nötige Geduld. Ein 0:2 muss man nicht in fünf Minuten aufholen, dafür hat man 90 Minuten Zeit", sagte Ramos.
Ronaldo hängt Messi ab
Wenn man Cristiano Ronaldo im Team hat, geht es auch hin und wieder schneller. Zwischen seinen beiden ersten Toren lagen nur 86 Sekunden. "Es war ein perfekter Abend für mich. Ich habe das gemacht, wofür ich da bin: ich habe Tore geschossen", sagte Ronaldo.
Unzählige Reporter bombardierten den 31-Jährigen lautstark mit Fragen, Ronaldo beantwortete jede einzelne mit Engelsgeduld. Auch die Frage, ob es sein bestes Spiel überhaupt gewesen sei. "Nein, nein. Ich habe schon bessere Spiele gemacht, aber diesmal habe ich drei wichtige Tore geschossen. Aber ich denke, dass ich nie besser war."
In der ewigen Champions-League-Torjägerliste hat Ronaldo seinen ärgsten Rivalen Lionel Messi (83 Treffer) abgehängt. Vielleicht sieht Teamkollege Pepe ihn deshalb auch im Vergleich "um Lichtjahre voraus". Wird schon stimmen, meint auch Ronaldo. "Ich arbeite mit Pepe seit 18 Jahren zusammen. Er kennt mich perfekt", sagte er.
Das letzte Wort an diesem Abend hatte aber Toni Kroos. Auf die Frage, wie er denn Ronaldos Leistung einschätze, sagte der Weltmeister: "Gut."
Real Madrid - VfL Wolfsburg: Daten zum Spiel